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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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Tarnung"?« Seine feuchte Zunge fuhr rasch in
die Winkel des kleinen Mündchens, dann verschwand sie wie eine Schlange
zwischen den Wülsten. So beging Smiley die Torheit, sich durch das Versprechen
loszukaufen, daß sie noch am gleichen Abend gemeinsam am Manchester Square in
einem Club essen würden, dem sie beide angehörten, den Smiley jedoch mied wie
die Pest, nicht zuletzt, weil Martindale dort Mitglied war. Am Abend war er
noch immer knüppelsatt vom Lunch im White Tower, denn sein
Anwalt, ein alter Genießer, hatte entschieden, daß nur eine gewaltige Mahlzeit
George von seinen Depressionen heilen könne. Martindale war, wenn auch auf
einem anderen Weg, zur gleichen Entscheidung gelangt, und vier endlose Stunden
lang hatten sie sich, bei Speisen, die Smiley anwiderten, Namen zugeworfen, als
wären sie vergessene Fußballer: Jebedee, Smileys einstiger Tutor: »Ein schwerer Verlust
für uns, weiß der Teufel«, murmelte Martindale, der, soviel Smiley wußte,
Jebedee noch nicht einmal vom Sehen gekannt hatte. »Und so begabt für das
Spiel, was? Einer der wirklich Großen, sag' ich immer.« Dann Fielding, der
Altfranzose in Cambridge: »Ach, dieser köstliche Sinn für
Humor. Scharfer Denker, ganz scharf!« Dann Sparke, der Orientalist, und
schließlich Steed-Asprey, der eben diesen Club gegründet hatte, um Nervensägen
wie Roddy Martindale zu entkommen. »Ich kannte seinen armen Bruder, wissen Sie,
halb soviel im Kopf und das Doppelte an Muskeln. Alles Hirn ging an den ändern,
weiß Gott.« Und Smiley hatte sich durch den Alkoholdunst diesen Unsinn
angehört, »ja« und »nein« gesagt und »ein Jammer«, und »nein, er wurde nie
gefunden«, und einmal zu seiner lebenslänglichen Beschämung, »na, na, Sie
schmeicheln mir«, bis Martindale mit fataler Unabwendbarkeit auf aktuellere
Ereignisse zu sprechen kam, auf den Machtwechsel und Smileys Ausscheiden aus
dem Amt.
    Wie
vorherzusehen war, begann er mit Controls letzten Tagen: »Ihr alter Boß,
George, Teufel noch mal, der einzige, der je seinen Namen geheimgehalten hat.
Natürlich nicht vor Ihnen: vor Ihnen hatte er nie Geheimnisse,
George, nicht wahr? Ein Herz und eine Seele, Smiley und Control, heißt es, bis
ans Ende.«
    »Zuviel
der Ehre.«
    »Zieren
Sie sich nicht, George, ich bin ein alter Hase, vergessen Sie das nicht. Sie
und Control waren so miteinander.« Die plumpen Finger
deuteten kurz zwei verschlungene Ringe an. »Deshalb sind Sie auch geflogen,
machen Sie mir nichts vor, und deshalb hat Bill Haydon Ihren Job gekriegt.
Deshalb ist er Percy Allelines Mundschenk, und nicht Sie.«
    »Wenn
Sie's sagen, Roddy.«
    »Das tue
ich. Ich sage noch mehr. Vielmehr.« Als
Martindale sich näher zu ihm beugte, erhaschte Smiley den Hauch einer der
kultiviertesten Trumperschen Duft-Kreationen. »Ich sage noch folgendes: Ich
sage, Control ist überhaupt nicht gestorben. Er wurde unlängst gesehen.« Mit
einer flatternden Handbewegung erstickte er Smileys Proteste. »Lassen Sie mich
ausreden. Willy Andrewartha hat ihn im Flughafengebäude von Johannesburg, in
der Wartehalle, aus nächster Nähe gesehen. Keinen Geist. Fleisch und Blut.
Willy kauft sich an der Bar ein Sodawasser gegen die Hitze, Sie haben Willy
lang nicht mehr gesehen, er ist ein Faß. Er dreht sich um, und da steht
Control direkt neben ihm, in so einem gräßlichen Burenkostüm. Sowie er Willy
sieht, wird er schneeweiß und stürzt davon. Wie finden Sie das? Jetzt wissen
wir also Bescheid, wie? Control ist überhaupt nicht gestorben. Er wurde von
Percy Alleline und seiner Drei-Mann-Kapelle verjagt und hat sich nach
Südafrika abgesetzt, Teufel noch mal. Na ja, man kann's ihm nicht verübeln,
wie? Man kann's einem Menschen nicht verübeln, daß er an seinem Lebensabend
noch ein bißchen Frieden möchte. Ich jedenfalls nicht.« Die Ungeheuerlichkeit
dieses Gerüchts, das durch einen immer dicker werdenden Wall geistiger
Erschöpfung zu ihm drang, verschlug Smiley einen Augenblick die Rede.
    »Das ist
doch lächerlich! Das ist die idiotischste Geschichte, die ich je gehört habe!
Control ist tot. Er starb nach langer Krankheit an Herzversagen. Außerdem haßte
er Südafrika. Er haßte jeden Ort mit Ausnahme von Surrey, dem Circus und Lords
Cricket Ground. Wirklich, Roddy, Sie dürfen solche Gerüchte nicht verbreiten.«
    Er hätte
hinzufügen können, ich hab' ihn selbst eingescharrt, in einem lausigen
Krematorium im East End, am letzten Heiligen Abend, allein. Der Pfarrer hatte
einen Sprachfehler.
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