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Caroline und der Bandit

Caroline und der Bandit

Titel: Caroline und der Bandit
Autoren: Linda Lael Miller
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ungeteilte Aufmerksamkeit galt der
Dirne, die lachend auf seinem Schoß hockte.
    Ein leises
Grinsen breitete sich auf seinen Zügen aus, als er sich anhörte, was immer das
Barmädchen zu sagen haben mochte, dann nickte er zustimmend. In diesem
Augenblick vergaß Caroline jegliche Sorge um ihren guten Ruf und marschierte
entschlossen über den Bürgersteig auf die Schwingtüren zu.
    Ohne
nachzudenken – hätte sie es getan, wäre ihr Mut sofort verflogen – betrat
Caroline das Lokal und ging entschieden auf Mr. Hayes' Tisch zu.
    Das
Pianogeklimper brach so unvermittelt ab wie das Klirren der Gläser und das
Summen der Unterhaltung.
    Alle
drehten sich zu Caroline um, als sie mit verschränkten Armen neben Mr. Hayes'
Tisch stehenblieb.
    Tob
winselte und legte eine Pfote über seine Schnauze. Mr. Hayes schaute zu
Caroline auf und grinste, und das Barmädchen, noch immer seinen Hut auf dem
Kopf, sah Caroline aus seinen kohlschwarzen umrandeten Augen mit einer Mischung
aus Trotz und Verachtung an.
    Der Impuls,
der Caroline dazu getrieben hatte, den Saloon zu betreten, war verflogen, der
Mut hatte sie verlassen. Was sollte sie auch tun – sie konnte ihr Anliegen
schließlich nicht vor all diesen Gästen vorbringen; ihr ganzer Plan beruhte auf
äußerster Diskretion.
    »Mr.
Hayes«, sagte sie verlegen, »ich möchte mit Ihnen sprechen. Unter vier Augen
bitte.«
    Er zog eine
Augenbraue hoch und legte seinen Arm um die Taille des Barmädchens, das
entzückt zu kichern begann und ihm seinen Hut wieder aufsetzte. »Oh,
tatsächlich? Worum geht es denn?«
    Caroline
spürte, wie ihr Blut in die Wangen schoß. »Sie wissen sehr gut, worum es geht,
Mr. Hayes. Sie machen es mir nur unnötig schwer.«
    Viel zu
sanft für Carolines Geschmack schob er das Mädchen von seinem Schoß und erhob
sich. »Ich glaube, ich habe mich vorhin klar genug ausgedrückt, Miss Chalmers«,
sagte er gelassen.
    Caroline
erschrak. Falls er ihre Bitte jetzt vor all diesen Leuten wiederholte, war
alles verloren. Vielleicht kam sie dann sogar selbst ins Gefängnis.
    Doch er
zeigte nur fast freundlich auf die Tür und forderte sie mit dieser stummen
Geste auf zu gehen. Caroline wandte sich auf dem Absatz um, raffte ihre Röcke
und stürmte mit hochroten Wangen aus dem Saloon.
    Sie blieb
nicht eher stehen, als bis sie, drei Straßen weiter, das Schulhaus erreicht
hatte. Da sie ihre Schüler heimgeschickt hatte, bevor sie den Saloon aufsuchte,
war das Gebäude jetzt verlassen, und sie konnte sich dort ganz in Ruhe
ausweinen.
    Als sie an
einer der schmalen Bänke saß und ihren Tränen freien Lauf ließ, wurde ihr
bewußt, daß sie heute zum ersten Mal wieder die gleiche Hoffnungslosigkeit
empfand wie damals in Nebraska, as sie gezwungen worden war, ihre Schwestern
Lily und Emma im Waisenkinderzug zurückzulassen.
    Mit Seaton
Flynn, einem gutaussehenden jungen Anwalt, der vor zwei
Jahren mit der Postkutsche in der Stadt erschienen war, hatte sie gehofft, eine
Familie zu gründen und Kinder zu haben, sich ein eigenes kleines Heim
aufzubauen. Er hatte sie mit seinem Charme und seinen lachenden braunen Augen
mühelos für sich eingenommen.
    Da er, ganz
im Gegensatz zu Mr. Guthrie Hayes, ein gesundes Gefühl für Anstand und sein
äußeres Erscheinungsbild hatte, war es ihm schon bald gelungen, sich eine
angesehene Praxis aufzubauen. Obwohl Caroline auch schon Spuren eines kalten,
aufbrausenden Charakters bei Seaton entdeckt hatte, war sie doch der Meinung,
daß seine guten Eigenschaften diese vorübergehenden Temperamentsausbrüche
aufwogen.
    Und dann
war er beschuldigt worden, eine Postkutsche beraubt und einen Menschen
erschossen zu haben! Seaton wurde nach Laramie gebracht, wo ihm der Prozeß
gemacht und er verurteilt wurde, aber Caroline war überzeugt, daß es sich um
einen kolossalen Justizirrtum handelte. Sie liebte Seaton Flynn, und das wäre
nicht der Fall gewesen, wenn es sich bei ihm um einen Mörder und Dieb gehandelt
hätte. Das hätte sie gespürt.
    Als die Tür
sich leise krächzend hinter ihr öffnete, glaubte Caroline zunächst, einer ihrer
Schüler sei zurückgekehrt, um ein vergessenes Buch zu holen. Rasch wischte sie
ihre Tränen ab und setzte ein schwaches Lächeln auf. Aber als sie sich dann
umdrehte, sah sie, daß es Guthrie Hayes war, der hinter ihr stand.
    Sofort
wurde es ihr zu heiß im Raum. Caroline sprang auf und ging zur Wand, um einen
langen Zeigestock vom Haken zu nehmen. Ihr Herz klopfte übertrieben schnell,
und sie ging von
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