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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein
Autoren: Linda Barnes
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Weinsäufer.
    Wenn ich sein Taxi angewinkt
hätte, hätte ich erst von ihm verlangt, mich anzuhauchen, ehe ich eingestiegen
wäre. Andererseits hätte ich mich vielleicht lieber nicht von ihm anhauchen
lassen.
    Zur Rechten von Boyle saß ein
Mann, der noch zu muskulös war, um fett zu sein. Um die fünfzig, schätzte ich,
mit schmutziggrauem Haar, und er sah aus wie ein ehemaliger Hell’s Angel, aber
das lag wahrscheinlich nur an seiner schwarzen Lederjacke. Er hatte eine spitze
dünne Nase und einen schmallippigen Mund. Gemeine Augen. Ich dachte mir, daß er
Costello sein könnte, ein Typ, der die Schicht tagsüber fuhr, als ich noch bei
G&W arbeitete. Er erinnerte sich bestimmt nicht mehr an mich.
    Der dritte war Joe Fergus, ein
gütig wirkender kleiner Mann, wie man ihn gerne hat. Er war geschrumpft, seit
ich ihn zuletzt gesehen hatte, und dabei konnte er damals schon kaum größer als
1,55 Meter gewesen sein. Er war drahtig und verrunzelt und besaß ein
unwahrscheinliches Temperament. Ich habe ihn nie in höchster Wut erlebt, aber
so einiges gehört. Fahrer, die ihn bei einem Fahrbahnwechsel abdrängten,
pflegten hinterher sehr mitgenommen auszusehen.
    Von den elf Männern am Tisch
kamen mir etwa sechs bekannt vor. G&W-Fahrer, kein Zweifel, aber ich konnte
mich nicht mehr an ihre Namen erinnern. Sie waren schätzungsweise $0 bis 60,
bis auf einen. Er wirkte jünger als die übrigen, obgleich ich mir nicht sicher
war, weil er mir den Rücken zudrehte. Er fuchtelte beim Reden viel mit den
Händen. Die Alten lächelten und nickten ihm zu, offenbar einverstanden mit dem,
was er sagte.
    Alles, was ich hören konnte,
waren die Tore der Red Sox, zu schade.
    Vier Krüge mit Bier standen
unangetastet auf der Berührungslinie der zwei Tische. Die Tischordnung hatte
etwas so Förmliches, daß es einen seltsam berührte angesichts des rötlichen
Lichts, des Rauches und des Fernsehgeflimmers. Nach einem feierlichen
Händeschütteln wurde das Bier ausgeschenkt, und die Männer murmelten etwas beim
Zusammenstoßen der Gläser. Es klang wie ein Trinkspruch. Hätte es in
unmittelbarer Nähe einen offenen Kamin gegeben, hätten sie die Gläser
wahrscheinlich hineingeworfen. Ich konnte kein Wort verstehen, weil der
Sportreporter immer aufgeregter redete.
    Ich hatte als Bulle nie in
diesem Stadtviertel gearbeitet. Ich hatte in der Innenstadt Dienst getan und
den Nahkampf-Bezirk nach süchtigen Nutten abgekämmt und ihre Zuhälter zu
schnappen versucht. Aber ich brauchte nur zwei Minuten, um zu merken, daß die
Bullen hier waren. Keine uniformierten Bullen, Detektive in Straßenkleidung.
    Ah, welch eine
Wahrnehmungsgabe, sagen Sie jetzt sicher. Einen Bullen gleich zu riechen, an
dem unverkennbaren Geruch der Autorität zu erkennen. Ich möchte ihnen ja nicht
alle Illusionen rauben, aber ich kannte die Typen. Oder zumindest einen.
Mooney.
    Mit Mooney ein Schwätzchen zu
halten war eines der wenigen Vergnügen meiner Copzeit. Moon und ich kamen so
gut miteinander aus, daß ich nicht im Traum daran gedacht hätte, mit ihm
anzubandeln, obwohl er nicht schlecht aussieht. Viele Typen sind gut im Bett,
aber sich unterhalten zu können, das ist eine andere Kunst. Als ich durch den
verrauchten Raum zu ihm hinüberstarrte, wie er die Augenbrauen zusammenzog und
mit lebhaftem Mienenspiel redete und zuhörte, fragte ich mich, ob ich es mir
nicht doch noch einmal überlegen sollte.
    Er war an einem Tisch in der
Nähe der provisorischen Bühne in ein Gespräch mit zwei Herren vertieft. Noch
hatte er mich nicht gesehen, und ich war mir auch nicht sicher, ob es überhaupt
von Vorteil für mich wäre, wenn er mich entdeckte. Wollte ich mit Bullen
zusammen gesehen werden? Würden Bullen gern mit mir gesehen werden? Waren sie
im Dienst? Oder soffen sie nur? Würde Mooney wissen wollen, ob ich dienstlich
unterwegs war? Margaret Devens hatte mir eingeschärft, keine Vermißtenmeldung
aufzugeben und den geheiligten Namen ihres Bruders mit keiner Silbe vor Bullen
zu erwähnen.
    Von meiner Warte auf einem
hohen lederbezogenen Barhocker aus konnte ich keine Größen des organisierten
Verbrechens sehen, aber ich sagte mir, daß ich trotzdem Mooney den Anfang
machen lassen sollte. Es sei fern von mir, jemanden auffliegen zu lassen.
    Ich habe das Rauchen schon vor
Jahren aufgegeben, aber wenn ich in einer Kneipe bin, packt mich das Verlangen
doch wieder. Es ist so natürlich. Steig auf deinen Barhocker, zünde dir eine
an, Frühling. Der Krebs wartet bis zum
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