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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein
Autoren: Linda Barnes
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Schrift angepriesen, die ich nicht lesen kann,
ebenso das Kao-Palace-Fischgeschäft und -restaurant, das übrigens die besten
Krabben hat.
    Soweit ich sehen konnte, war
der Shamrock, das irische Kleeblatt, immer noch der beliebteste Aufkleber an
den zerbeulten Chevys und rostigen Fords auf dem dem Rebellion zugehörigen Parkplatz im Taschenformat. Auch zwei G&W-Taxen hatten sich
hineingezwängt, was Gloria einen Schlaganfall eingetragen hätte. Sie will, daß
die Taxen jede Sekunde auf der Straße sind.
    Ich bog um die Ecke und ließ meinen
Toyota gut verschlossen in einer Lieferzone stehen. Was ich seit meiner Zeit
als Boston-Cop am meisten vermisse, ist der kleine Aufkleber an der
Windschutzscheibe, der verhindert, daß man jede Stunde neu einen Strafzettel
wegen Falschparkens bekommt. Außerdem hat er eine ernüchternde Wirkung auf
potentielle Autodiebe, sofern sie lesen können.
    Es war kurz vor Mitternacht.
Ich war froh, daß es Mittwoch war, denn Mittwochnacht ist keine
«Mach-sie-an-und-nimm-sie-mit-nach-Hause-Nacht».
    Ich gehe gut als Irin durch.
Ich habe die entsprechenden Farben — rotes Haar, grüne Augen. Ich habe einen
Teil irisches Blut in den Adern, nur damit Sie es wissen. Ferner einen Teil
schottisches und zur Hälfte russisch-jüdisches. Irgendwann in grauer
Vergangenheit soll ich eine Urgroßmutter mütterlicherseits gehabt haben, die
gut 1,80 Meter maß und mir wohl meine erstaunliche Länge vererbt hat. Meine
Eltern waren beide klein, Mam eine leidenschaftliche Gewerkschafterin, Paps ein
schottisch-irischer katholischer Bulle und mit sich selbst uneins, wenn er
nicht gerade mit Mam stritt.
    Da es nicht St.-Patricks-Tag
war, trug ich kein Grün. Ich war vielmehr der Arbeiterklasse entgegengekommen:
enge schwarze Jeans und ein blau-schwarz kariertes Lumberjack-Hemd mit Gürtel.
Schuhe sagen alles; hätte ich schwarze Stöckelschuhe mit 10 Zentimeter hohen
Absätzen dazu angehabt, hätte ich wie ein anschaffendes Mädchen ausgesehen. In
Turnschuhen war ich okay — so okay, wie eine Frau nur sein kann, die allein in
eine Kneipe geht.
    Eines schönen Tages werden
Frauen auch ohne Begleitung Kneipen aufsuchen können, ohne gleich von jedem
Kerl, der noch eben über sein Bier wegschauen kann, einladende Blicke
zugeworfen zu bekommen. Aber dieser glorreiche Tag läßt noch auf sich warten.
Ich rege mich nicht groß darüber auf, ich bin nicht erbittert, wohlverstanden.
Nur hasse ich es, begutachtet zu werden, als hätte ich ein Preisschild auf dem
Arsch. Dagegen ist absolut nichts zu machen. Keine Aussicht auf einen Sieg oder
wenigstens ein Unentschieden. Einmal habe ich einen ganzen Sommer damit
zugebracht, Bauarbeitern bewundernd hinterherzupfeifen und ziemlich schale
Triumphe gefeiert, wenn ich endlich so einen armen Trottel zum Erröten gebracht
hatte.
    Die Geschäftsführung des Rebellion erleichterte mir das Betreten der Kneipe durch gedämpftes rötliches Licht, das
in mir den Verdacht weckte, sic wollten zu genaue Blicke auf ihre Speisen
verhindern. Ein Baseballspiel, die Red Sox gegen die Oriols, flimmerte auf
einem großen Fernsehschirm über einer zerkratzten dunklen Holztheke. Die Luft
war rauchgeschwängert, und das ganze Etablissement roch, als würden die
Aschenbecher, ob nötig oder nicht, aufjeden Fall alle Ostern geleert.
    Eine Trennwand aus Holz
schirmte ein halbes Dutzend Tische vom Tresen ab. Die meisten waren eckig und
groß genug, daß vier Personen daran Karten spielen konnten. Ein Podium hinten
im Raum bot einem Mikrofon und einem Klappstuhl Platz. «Am Wochenende
Unterhaltung», versprach ein handgeschriebenes Schild. «Original irische
Musik.» In einer rückwärtigen Ecke waren zwei Tische zusammengeschoben, so daß
die Fläche jetzt für acht Personen passabel war. Um den Acht-Personen-Tisch
hatte man zwölf Stühle gequetscht.
    Meine drei Taxifahrer machten
es sich an dem großen Tisch bequem, und nach dem Händeschütteln und Lächeln
rundum zu urteilen, hatten sie hier eine Menge Bekannte. Ihr Tisch war am
weitesten vom Tresen entfernt, wie man sich denken kann, in einem Winkel in der
Nähe der Toiletten.
    Da saß nun mein Dreigespann,
ein seltsam zusammengewürfeltes Trio. Als erster fiel mir Sean Boyle ins Auge,
der alte Kauz, dem ich Montag nacht bis nach Hause gefolgt war. Er hatte einen
weißen Haarschopf und ein rundes, schwammiges Gesicht. Rote Äderchen traten auf
seiner teigigen Nase hervor, so daß er aussah wie eine Kreuzung aus Nikolaus
und
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