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Caras Schatten

Caras Schatten

Titel: Caras Schatten
Autoren: Elizabeth Woods
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Mutter, so prompt zu verschwinden. Cara reihte sich in die lange Schlange der Autos ein, die vor dem Terminalgebäude hielten.
    Die Entladezone wimmelte nur so von Flughafenmitarbeitern mit riesigen Gepäckwagen, Fluggästen, die hektisch ihre Koffer aus den Autos hievten, und kleinen Kindern mit Rucksäcken, die begeistert durch die automatischen Türen rannten. Cara hielt an und öffnete den Kofferraum. Dann stieg sie aus, um ihrer Mutter zu helfen, die Tasche aus dem Auto zu hieven.
    »Cara.« Sie nahm das Gesicht ihrer Tochter in beide Hände. »Liebling, ist wirklich alles in Ordnung? Du kommst mir so vor … als wärst du nicht ganz du selbst.«
    Cara wandte den Blick ab. Die Sorge in Moms kornblumenfarbenen Augen war einfach unerträglich. Für einen kurzen Moment verspürte Cara das seltsame Bedürfnis, ihren Kopf auf Moms Schulter zu legen – etwas, das sie seit der fünften Klasse nicht mehr getan hatte. Doch sie verdrängte den Gedanken. Jede Verzögerung würde sie nur unnötig von ihrem Date mit Ethan fernhalten.
    »Mir geht’s gut«, erwiderte sie schroff. Ihre Mutter ließ die Hände sinken.
    »Das hoffe ich«, sagte sie leise, als würde sie mit sich selbst reden. Dann packte sie den Griff ihres Rollkoffers. »Ich hab dich sehr lieb, Cara.«
    »Ich weiß. Ich hab dich auch lieb.« Cara hatte das Gefühl, die Anspannung keine Sekunde länger ertragen zu können. Endlich, endlich , ging Mom mit ihrem Trolley durch die breiten Glastüren. Cara blieb so lange winkend an der Bordsteinkante stehen, bis ihre Mutter verschwunden war. Die Last, die mit einem Mal von ihr abfiel, war gewaltig, so als hätte jemand ihre Fesseln durchtrennt. Sie sprang in den Wagen und startete den Motor.
    Ethan erwartete sie.
    Blindlings raste Cara nach Hause. Ihr Verstand plante bereits voraus: erst duschen, dann Haare glätten, dann anziehen. Sie dachte an das grüne Oberteil, das sie bei Sarit getragen hatte. Perfekt. Der Verkehr rauschte an ihr vorbei, doch ihr Blick war einzig und allein auf Ethans Bild gerichtet, das verführerisch vor ihren Augen tanzte.
    Doch plötzlich trat ihr ein anderes Bild vor Augen. Zoe, die sich zu Hause auf ihrem Bett rekelte und Samson streichelte. »Du hast doch nicht etwa vor, mich schon wieder im Stich zu lassen, Cara?«, säuselte sie. Cara trat hart auf die Bremse. Sie war geradewegs an ihrer Einfahrt vorbeigefahren.
    Cara blinzelte und setzte ein Stück zurück, dann parkte sie den Volvo vor dem Haus. Als sie den Motor abstellte, durchflutete die friedvolle Stille des kleinen Vororts ihren Verstand und beruhigte ihre rasenden Gedanken. Wie hatte sie nur Zoe vergessen können? Sie verspürte ein flaues Gefühl bei dem Gedanken, Zoe erklären zu müssen, dass sie sofort wieder verschwinden würde.
    Cara stieg aus dem Wagen und ließ die Autotür zufallen – ein Geräusch, das ihr unnatürlich laut vorkam. Sie blieb einen Moment vor dem Haus stehen, die Haustürschlüssel in der Hand. Überall längs der Straße erstreckten sich die grünen Quadrate der frisch gemähten Rasenflächen vor den Häusern. Kein einziges Auto fuhr vorbei. Auf einer der Telefonleitungen saß eine Spottdrossel, die einen einzigen Ruf von sich gab und dann verstummte. Caras Haus lag geduldig vor ihr, so als würde es auf etwas warten.
    Cara öffnete die Haustür, und auf der Stelle schlug ihr ein beißender Gestank entgegen, so jäh, als hätte ihr jemand eine Ohrfeige verpasst. Sie taumelte einen Schritt zurück, doch dann hielt sie sich den Stoff ihres Ärmels unter die Nase und ging hinein. Es war, als würde sie eine Gruft betreten. Sie warf einen Blick in das finstere Erdgeschoss des Hauses. Alles war noch genau so, wie sie es verlassen hatte.
    Der Gestank nahm zu, als sie die Treppe hinaufstieg. Die Tür zu ihrem Zimmer stand offen, weit offen. Mit einem Gefühl zwischen Traum und Grauen ging Cara an ihrem Zimmer vorbei und folgte dem Geruch zum Schlafzimmer ihrer Eltern am Ende des Flurs. Es überraschte sie nicht, Zoe am Schminktisch ihrer Mutter sitzen zu sehen. Sie hatte Cara den Rücken zugekehrt. Moms schwarzer Satinmorgenmantel umhüllte Zoes skeletthafte Gestalt, und eine graue Pelzstola hing ihr über die Schultern.
    Als Zoe ihre Schritte hörte, schwenkte sie auf dem kleinen Drehhocker herum. Cara taumelte einen Schritt zurück und hielt sich eine Faust vor den Mund, um den brodelnden Schrei in ihrer Kehle zu ersticken. Zoes Gesicht glich einer Maske aus einem Horrorfilm. Grob verschmierter
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