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Candy

Candy

Titel: Candy
Autoren: Kevin Brooks
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irgendjemand kam auf
Kate’s Bored
. Ist ziemlich albern, ich weiß, aber was Besseres ist uns nicht eingefallen.«
    »Und dann habt ihr es abgekürzt zu
The Katies

    »Nicht wirklich, so haben uns nur die anderen mit der Zeit angefangen zu nennen.«
    »Wer?«
    Ich zuckte die Schultern. »Die Kids, die kommen, um uns zu sehen.«
    »Ihr habt Fans?«
    »Keine echten   … nur so ’ne Gruppe von Freunden, die uns überallhin folgen.«
    »Das ist doch super. Muss toll sein.«
    »Ja, es macht ziemlich viel Spaß. Ich meine, wir kriegen nicht viel bezahlt oder so   … noch nicht jedenfalls. Aber demnächst haben wir diesen großen Auftritt   …«
    An dem Punkt hörte ich auf zu sprechen. Candy hörte mir nicht mehr zu. Sie saß plötzlich kerzengerade und starrte mit weit aufgerissenen Augen über meine Schulter.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich sie. »Was ist los?«
    Sie schien mich nicht zu hören. Ihre Augen waren erstarrt und ihr Gesicht völlig weiß.
    »Scheiße«, sagte sie leise.
    »Was? Was meinst du?«
    »Schau dich nicht um«, flüsterte sie und steckte sich hastig eine neue Zigarette an. »Sag nichts. Tu einfach so, als ob du wüsstest, wovon ich rede – okay?«
    »Was? Was willst du   –«
    |33|
»Bitte«
, zischte sie und schaute wieder über meine Schulter. Sie lächelte jetzt, aber es war nicht das Lächeln, an das ich mich gewöhnt hatte. Es war ein Lächeln der Angst.
    Ihre Hände flatterten.
    Ihre Lippen zitterten. Dann fiel ein Schatten über den Tisch und die Luft wurde kalt.

|34| 2.   Kapitel
    D er massige schwarze Typ, der sich zwischen uns setzte, besaß die leersten Augen, die ich je gesehen hatte – ohne Gefühl, ohne Herz, ohne irgendwas außer sich selbst. Er war groß, an die zwei Meter, hatte einen gewaltigen Kopf, kurz rasierte Haare und einen wie versengt wirkenden Stoppelbart. Sein Gesicht war eine Totenmaske.
    Er ignorierte mich vollkommen, setzte sich einfach hin und starrte Candy scharf an. Sein Blick ging glatt durch sie hindurch. Sie war nicht mehr da. Sie war ein Geist. Flatternde Augen, zuckende Lippen   …
    »Hey, Iggy   –«, fing sie an.
    »Was treibst du?«, sagte er zu ihr.
    Seine Stimme klang schwarz und hart.
    »Nichts«, sagte sie lächelnd. »Ich wollte gerade   –«
    »Hör auf mit
nichts

    »Nein, ich hab ja nicht gemeint   –«
    »Wer’s der Junge?«
    Candy warf mir einen Blick zu, dann schaute sie sofort wieder Iggy an. Sie schien Angst vor ihm zu haben, wirkte wie verhext, ihr Gesicht ein Widerstreit aus Hass, Angst und Bewunderung. Iggy |35| saß einfach da, ungerührt. Er nahm keine Notiz von mir. Es war, als ob ich gar nicht existierte. Ich war nichts für ihn – nur ein Möbelstück oder ein Fleck auf dem Tisch. Was mir ja erst mal recht gewesen wäre   … für ein oder zwei Sekunden. Auf die Dauer jagte es mir tödliche Angst ein.
    »Wer’s der Junge?«, wiederholte er.
    »Ich   … ich hab ihn eben erst kennen gelernt«, stotterte Candy. »Am Bahnhof   …«
    »Kunde?«
    Sie zögerte einen Moment, leckte nervös die Lippen, dann sagte sie: »Ja   … ja, natürlich.«
    »Aha?«, sagte Iggy und seine Augen funkelten weiß. »Was machst du dann hier?«
    »Wir wollten gerade gehen«, antwortete Candy und versuchte lässig zu klingen.
    »Verarsch mich nicht, Mädchen.«
    »Tu ich nicht   … ehrlich, Iggy. Er wollte nur einfach vorher was essen. Und danach   –«
    »Hat er schon bezahlt?«
    »Ja   …«
    »Wie viel?«
    »Das Übliche.«
    »Zeig’s mir.«
    Candy drückte ihre Zigarette aus und fing an, in ihrem Portemonnaie herumzufummeln. Iggy starrte sie weiter an. Ich wusste nicht, wo ich hinschauen sollte. Ich wusste nicht, was da ablief. Ich wusste nur, dass ich kein gutes Gefühl dabei hatte. Mein Herz pochte, mein Mund war trocken, mein Magen schien sich umzudrehen und schmerzte. Ich blickte nervös durch das Lokal. Alles |36| schien normal – Menschen, die aßen, Menschen, die in der Schlange standen, niemand beachtete uns. Die Straßen draußen waren jetzt etwas weniger belebt, der Himmel ein bisschen dunkler. Der Nachmittag war vorüber. Die Menschen des Tages waren fort; das abendliche Leben machte sich breit.
    »Hier«, sagte Candy und zeigte Iggy eine Hand voll Scheine. »Siehst du. Ich würd dich nie anlügen, Iggy, das weißt du, ich würde nicht   …«
    Er sah das Geld nicht an, blinzelte nicht mal, sondern starrte einfach weiter – still und dunkel – und stieß sie in ein zusammengekauertes Schweigen.
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