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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
Autoren: Henry Winterfeld
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durchschneiden zu können, falls sie verunglückten.
    Mehrere Gefängniswächter waren mit ihm eingetreten. Sie blieben bei der Tür stehen und staunten gebannt den vergötterten Nationalhelden an, den sie sonst immer nur von weitem bewundern durften. Sie hielten brennende Fackeln hoch in den Händen. Die lodernden Flammen warfen verzerrt schwankende Schatten an die Kerkermauern.
    Caius hängte sich an Ben Gor, wie ein Ertrinkender an einen Baumstamm. »Ben«, schluchzte er. »Ben, die Götter haben dich gesandt.«
    Ben Gor lachte kurz auf. »Nur ein Gott, Caius, und zwar dein Lehrer Xanthos.«
    »Xantippus?« riefen die Jungen verblüfft.
    Ben Gor nickte ihnen freundlich zu. »Ja. Er kam zu mir in die Ställe gerannt, triefend vor Nässe und völlig abgehetzt, der brave alte Herr, und brachte mir die Schreckensnachricht von eurer Verhaftung. Er hat mir alles erzählt.«
    »Wie ist er nur an den Torwächtern vorbeigekommen?« »Ganz einfach, er hat ihnen die Parole gesagt.« Die Jungen waren baff. »Die Parole? Woher wußte er sie?« riefen Julius und Rufus. »Das müßt ihr ihn selber fragen«, erwiderte Ben Gor. »Ich bin auf jeden Fall sofort zum Palast hinaufgelaufen, obwohl mein Rennen gegen diesen aufgeblasenen Spanier Ikarus bald anfängt, und habe mit meinem Freund, dem großen Cäsar, gesprochen.«

    »Was hat er gesagt?« fragte Caius, ängstlich zu ihm aufschauend.
    Auch seine Freunde hielten den Atem an.
    Ben Gor hüstelte verlegen, und seine Miene verdüsterte sich. »Ich bin nicht zu erfolgreich gewesen, Caius«, sagte er zögernd und legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Kopf hoch! Noch ist nicht alles verloren. Der Mann ist leider verrückt, total verrückt.
    Ich habe geschworen, daß ich dich wegen der Eintrittskarten geschickt hatte und die Sache mit dem Dolch aufgeklärt. Ich habe ihm auch gesagt, daß dein Vater dich, dem Befehl gehorchend, hingerichtet hat und du nur durch die Gnade eurer Götter lebst, weil du unter einem glücklichen Sternenbild geboren bist. Das verstand er gut. Er tut ja selber keinen Schritt ohne den Rat seiner Astrologen. Aber er kann es nicht verzeihen, daß du über die Mauer geklettert bist und daß deine Freunde dich nicht sofort bei der Polizei angezeigt haben.«
    Die Jungen waren entsetzt.
    »Ich versuchte vergebens, ihn umzustimmen«, fuhr Ben Gor fort. »Er schlägt mir selten einen Wunsch ab, aber diesmal hatte ich kein Glück. Er kam mir nur auf halbem Weg entgegen. Er versprach mir, euch die Freiheit zu schenken, wenn ich das Rennen gewinne.«
    Die Jungen blickten nicht mehr ganz so hoffnungslos in die Zukunft. Für sie war Ben Gor der beste Fahrer der Welt. »Warum macht er die Begnadigung von deinem Rennen abhängig, Ben?« fragte Caius.
    »Weil er nicht nur verrückt ist, sondern auch gerissen wie ein phönizischer Teppichhändler«, sagte Ben Gor zornig. »Er hat nämlich zehntausend Goldstücke auf meinen Sieg gewettet. Wenn er die verliert, kann er betteln gehen. Deswegen hat er auch befohlen, daß ihr in den Zirkus gebracht werdet und so sitzt, daß ich euch sehen kann. Er hofft, daß es mich zum Äußersten anspornt.«
    »Du wirst doch gewinnen, Ben, nicht wahr?« stotterte Caius mit zitternder Stimme. »Dieser Kerl Ikarus ist ein gefährlicher Gegner«, sagte Ben Gor. »Aber verliert nicht den Mut. Ich werde diesmal kämpfen wie noch nie.
    Ich weiß, worum es geht. Dein Vater hat mich damals aus dem Kerker geholt und mir das Leben gerettet; jetzt kann ich ihm meine Dankbarkeit bezeugen.«
    Er nickte ihnen noch einmal zu, dann lief er zur Tür hin, die Wächter wichen ehrfürchtig beiseite, und er verschwand.
    Die Jungen starrten mit bangen Herzen hinter ihm her.
21. Kapitel
Das Rennen um Leben und Tod
    Der Zirkus Maximus war bis zum Bersten voll. Das fünfte Rennen war vorbei, und jetzt warteten mehr als zweihunderttausend Menschen fieberhaft erregt auf das sechste, den Zweikampf zwischen Ben Gor und dem berühmten Spanier Ikarus, dem ein fast sagenhafter Ruf vorausging. Der ununterbrochene Lärm der Menge erfüllte die Luft wie das Rauschen eines sturmbewegten Meeres.
    Die Anhänger Ben Gors, die diesmal die Minderheit bildeten, waren mit grünen Bändern geschmückt, während die Bänder der vielen Leute, die auf den Spanier gewartet hatten, gold-gelb leuchteten. Die Bänder flatterten in einer leichten Brise, die auch den Sand in der Arena nach dem Platzregen rasch getrocknet hatte. Die Sonne schien, und die bunten Tuchstreifen, gemischt
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