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Café Wichtig - Herzblatt-Casting und mehr. Satirische Texte über Liebe und Freundschaft.

Café Wichtig - Herzblatt-Casting und mehr. Satirische Texte über Liebe und Freundschaft.

Titel: Café Wichtig - Herzblatt-Casting und mehr. Satirische Texte über Liebe und Freundschaft.
Autoren: Astrid Korten
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Folgen, besonders in der Nacht. Manchmal reagiert er auf einen Rat mit Einsicht, weil es ungeheure Kraft kostet, die Wahrheit mit ihren vielen Gesichtern zu verbergen. Doch welche Wahrheit?
    Zu oft hat unsere Freundin in der Vergangenheit schützend die Hand vor die Augen gelegt, eine Geste, die indirekt vor unrealistischen Erwartungen warnt und Hoffnungen und die Augen vor den Tatsachen verschließt.
    Die Wahrheit ist für den Alzheimer-Angehörigen oft eine Lüge, die Lüge eine unergründliche Wahrheit.
    Du und ich, wir kennen viele Einzelheiten und geben sie keinem voyeuristischen Ohr preis.
    Wenigstens hast du durch deine unmittelbare Nähe die Möglichkeit, unsere Freundin aus der Isolation herauszuholen. Ich bin mir bewusst, dass auch dich das Kraft kostet, weil es dir auch nicht immer gut geht. Doch ich überhöre die leisen Töne der Erschöpfung in deiner Stimme. Ich konzentriere mich auf das andere Mädchen. Ihr gilt meine Sorge.
    Verzeihst du mir?
     

I mpressionen aus O berstaufen
     

    Die Qual der Wahl
     
    Zwei Damen lugen auf der Terrasse des Hotels „Zum röhrenden Hirschen“ bedeutungsvoll über den Rand ihrer Designer-Sonnenbrillen. Sie wenden sich nur zum Schein den ersten Sonnenstrahlen des Frühlings zu.
    Sie könnten ihr Dasein als angenehm bezeichnen, ihre Verdauung ist in Ordnung, wäre da nicht dieses ständige Frieren. Ein wärmender Ehemann fehlt, er glänzt durch Abwesenheit. Der Fremdenverkehr macht die Betten leer bei den Landeskindern, hat schon Eugen Roth gesagt. Die Wechseljahre machen den Damen zu schaffen, der Hormonspiegel schwankt. Das Altern ist auch schwerer geworden. Der Einsamkeit zu entfliehen, gelingt ihnen nicht immer, jedoch immer in Oberstaufen.
    Sie haben sich auf den dortigen Aufenthalt vorbildlich vorbereitet. Ihre Lippen gleichen mächtigen Schlauchbooten, die Augen wurden von einem Streichholzoperateur auseinandergerissen. Doch ihre Möpse erst: Die hadern mit der Schwerkraft. Die Damen sind zufrieden mit ihrem Aussehen, schließlich haben sie vorher auch nicht besser ausgesehen. Für den Frühschoppen in der „Enzianhütte“ reicht es allemal. Denn die Luxus-Fahrzeuge, die dort jeden Sonntag mit heulendem Motor und Aufmerksamkeit heischenden Kaiserhupen vorbeifahren, sind auch nur beim ortsansässigen Autohändler für einige Baggerstündchen ausgeliehen. Jetzt gilt: Tanzen in der „Enzianhütte“ mit aufgeschwemmten Plauzen.
    Cartier schubst Dior an. Zwei brauchbare Kandidaten kommen auf sie zu, den Maserati-Schlüssel am Zeigefinger kreisend.
    Wenig später werden sie umgarnt von zwei der Schrothkur nicht abgeneigten Herren, mit dem ach so lasziven Blick kurenden Ehemännern und ihren noch schlüpfrigeren Gedanken, nach dem Motto: Was soll’s?
    Gewaltig baggernd flüstern die Herren den Damen heiße Worte ins Ohr, wohl wissend, dass diese danach lechzen. Ihre Designerbrillen halten ihrem lauten Lachen nicht stand. Während sie mit ihren mit zwei und drei Karat geschmückten Händen Cartier und Dior wieder in die richtige Position bringen, prägen ihre verknitterten, enttäuschten Gesichter einen Frühlingstag, der ihnen mal wieder die Illusion von Respekt nehmen wird.
    Denn innerlich hüten sie sich vor jenen, die ihnen weismachen wollen, ein erfüllter Sonntag sei nur eine Frage von Körperkontakt in der Hotelsuite.
    Sie sträuben sich – noch …
    Die Herren, konfrontiert mit einer ihnen bekannten Problematik, mustern verstohlen die soeben eingetroffenen Damen vom Typ „Willnochmehr“, während sie den beiden neben sich am Ohr knabbern und forschend abwärts zu Leibe rücken.
    Vielleicht bringt der kommende Frühlingstag Hoffnung auf das wahre Glück.
     

D er G emüsegarten

     
    Herr Habgenug
     
    Ich schließe meine Augen und sehe die Liebe.
    Bis jemand kommt und
    mir sacht eine Hand auf die Schulter legt.
    „Komm, es ist Zeit, ins Bett zu gehen.“
    Ein Wimpernschlag, ich sehe nirgendwo Liebe.
    Sie existiert in meiner Vergangenheit
    Und ist nicht Gegenwart.
    frei nach Haruki Murakami
     
    An der Eingangstür von neurologischen Stationen für Alzheimer-Patienten finden Sie häufiger ein Schild mit folgender Aufschrift:
     
    Die ihr hier eintretet, lasst alle Vernunft fahren.
    Nur dann seid ihr die Quelle des Trostes.
     
    Alzheimer im fortgeschrittenen Stadium, arthrosklerotische Senilität – eine Gruppe von Demenzen – oder einfacher gesagt, die nicht diagnostizierte Verwesung der Seele, wird hinter diesen Türen behandelt. Die Neurologen
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