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Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Etwa dein Onkel Pillerault, der uns zärtlich liebt und alle Sonntage unser Tischgast ist? Oder etwa der biedere alte Ragon, von dem wir unser Geschäft übernommen haben, der seit vierzig Jahren als Muster der Rechtlichkeit gilt, mit dem wir unsern Doppelkopf spielen? Oder gar Roguin, der seine siebenundfünfzig Jahre alt und seit fünfundzwanzig Jahren Notar ist? Im Notfalle würden mir diese meine Kompagnons helfen. Wo soll denn da was faul sein, mein Herz ? Ich muß dir überhaupt mal die Leviten lesen. Du bist von jeher schrecklich mißtrauisch. Und wenn auch nur ein Dreier in der Kasse lag, hast du immer gedacht, er würde uns von unsern Kunden gemaust. Man muß dich erst himmelhoch bitten, wenn man dich reich machen will. Du hast so gar nicht den Ehrgeiz der Pariserin. Ohne dein ewiges Gejammere wäre ich der glücklichste Mensch auf der Welt! Hätte ich auf dich gehört, so hätte ich nie die Sultaninnen-Creme und nie das Venus-Wasser erfunden. Unser Geschäft hatte uns bis dahin den Lebensunterhalt verschafft, aber erst durch diese beiden Erfindungen und durch unsere Seifen haben wir die hundertsechzigtausend Francs verdient, die wir alles in allem besitzen. Ohne mein Genie – und ich bin ein Parfümeurgenie! – wären wir Kleinkrämer geblieben, würden mit knapper Not unser Dasein fristen, und ich wäre alles andere denn ein angesehener Kaufmann, den man zum Handelsrichter und Stadtverordneten wählt. Weißt du, was ich dann wäre ? Ein Spießer und Budikenbesitzer, wie es, ohne ihn beleidigen zu wollen, der alte Ragon war. Alle Achtung vor den kleinen Kaufleuten! Wir sind selber welche gewesen und wären beinahe welche geblieben! Dann hätten wir vierzig Jahre lang Parfüm verkauft und hätten. – ganz wie Ragon – dreitausend Francs Rente zusammengeschuftet, mit der wir notdürftig auskämen. Hätte ich dir gefolgt, dir und deiner Zaghaftigkeit, dir, die du dich ewig fragst, ob du auch morgen noch hast, was du heute besitzest – dann hätte ich heute kein Ansehen, keinen Orden und wäre nicht dabei, eine politische Größe zu werden. Jawohl, schüttle nur den Kopf! Wenn unsere Sache reüssiert, kann ich noch Abgeordneter werden. Ich heiße nicht umsonst Cäsar. Mir glückt alles! Es ist unglaublich.: außer dem Hause gelte ich bei jedermann für einen gescheiten und schlauen Kerl, hier aber hält mich gerade die, der zuliebe ich mich totschinde und die ich glücklich machen will, für ein Kamel!«
    »Ach was, Cäsar, wenn du mich liebst, so laß mich doch nach meiner Fasson glücklich werden! Wir haben beide keine besondere Erziehung genossen. Wir können weder große Worte noch Bücklinge machen. Wie sollen wir da im öffentlichen Leben glücklich werden? Ich für meinen Teil würde es viel lieber in Schatzhausen. Ich habe immer die Tiere im Hause und im Freien geliebt. Ich würde für mein Leben gern Landwirtin. Wir wollen unser Geschäft verkaufen und Cäsarine verheiraten! Folge deiner treuen Gattin! Wir verbringen die Winter bei unserm Schwiegersohn in Paris. Wir werden glücklich sein, und weder Politik noch Handel werden unser friedliches Leben stören. Wozu andere ruinieren? Genügt uns unser jetziger Besitz nicht? Kannst du vielleicht als Millionär zweimal zu Mittag essen? Oder zwei Frauen brauchen ? Nimm dir Onkel Pillerault zum Muster! Er hat sich klugerweise mit kleiner Habe begnügt und führt ein kreuzfideles Dasein. Wozu braucht man schöne Möbel? Ich bin überzeugt, du hast mir eine neue Einrichtung bestellt. Ich habe Braschon im Hause gesehen und er war sicher nicht da, um Parfüm zu kaufen.«
    »Ganz recht, meine Liebe. Die Möbel sind bestellt. Der Umbau beginnt morgen und wird von einem Künstler geleitet, den man mir empfohlen hat.«
    »Ach du meine Güte!«
    »Du bist wohl nicht recht gescheit, Herz! Willst du wirklich im Alter von siebenunddreißig Jahren – frisch und hübsch wie du bist – auf dem Lande versauern ? Ich bin ja auch erst neununddreißig! Der Zufall eröffnet mir eine sichere Laufbahn. Ich betrete sie. Mach ich meine Sache gut, dann kann ich eine angesehene Rolle unter den Pariser Bürgern spielen. Ich wäre nicht der erste, dem das glückte. Ich kann das Haus Birotteau gründen, genau so gut wie die Keller, die Nucingen, die Roguin, die Lebas, die Popinot, die Matifat in ihren Stadtvierteln berühmt geworden sind. Also los! Unser Unternehmen ist todsicher.«
    »Todsicher?«
    »Todsicher! Aber freilich! Schon seit acht Wochen rechne ich mir die Geschichte
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