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BY703 - Der Boß schickt den Curare-Killer

BY703 - Der Boß schickt den Curare-Killer

Titel: BY703 - Der Boß schickt den Curare-Killer
Autoren: Horst Friedrichs
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lagen noch auf dem Weg, bevor er um Mitternacht abgelöst werden würde.
    Gemächlich schritt der Patrolman die schmale Straße entlang, die von den Docks nahe der Manhattan Bridge in Richtung Brooklyn Queens Expressway führt. Rechts lag eine fast endlose Reihe von Bürogebäuden, altertümlichen Wohnhäusern und einigen Hafenlokalen. Links wuchsen die riesigen Schatten der Lagerhäuser aus dem Erdboden. Aus den offenen Eingängen der Kneipen drang der einzige Lärm, der zu dieser Stunde noch die Nachtruhe am East River störte.
    Der Mann kam aus einem schmalen Gang zwischen zwei Lagerhallen. Nur drei Schritte von Cobb entfernt. Sekundenlang blickten sich beide erstaunt an. Dann drehte sich der andere abrupt um und überquerte mit schnellen Schritten die Fahrbahn. Der Beamte stand für einen Moment wie angewurzelt.
    Er dachte nicht daran, das Foto aus seiner Brusttasche zu holen. Er brauchte nicht zu vergleichen. Dieses rohe, breite Gesicht konnte man nicht verwechseln. Cobb reagierte blitzschnell, fast instinktiv. »Halt, stehenbleiben!« rief er unnötigerweise. Der untersetzte Mann in Seemannskleidung hatte die Reaktion des Patrolman längst erkannt. Er rannte mit erstaunlicher Leichtfüßigkeit plötzlich in die entgegengesetzte Richtung.
    Mit weit ausgreifenden, federnden Schritten kam Cobb dem anderen immer näher. Der Flüchtende blickte sich hastig um, schlug urplötzlich einen Haken nach links und strebte über die Fahrbahn den Schatten der Lagerhallen zu. Noch etwa zehn Yards trennten Cobb von dem Mann, als dieser in einen der Durchgänge zwischen den Gebäuden huschte.
    Völlige Finsternis herrschte in dem schmalen Gang. Cobb folgte dem Geräusch der Schritte, die überlaut, wie in einem Hohlweg, auf das Kopfsteinpflaster knallten. Er zog im Laufen seine Dienstpistole aus der Halfter.
    »Bleiben Sie stehen, oder ich schieße! Geben Sie’s auf, Mann!« brüllte Howard Cobb.
    Plötzlich vernahm er ein dumpfes Poltern. Dann war alles still. Cobb verringerte seine Geschwindigkeit und bewegte sich vorsichtig auf das Ende der Lagerhallen zu. Vor dem nächtlichen Himmel zeichnete sich die Silhouette eines Güterwaggons ab. Schwach war das Glucksen des Wassers an der Kaimauer zu hören.
    Howard Cobb war jetzt bei den Gebäudeecken angelangt, die den finsteren Gang beendeten. Er erkannte, daß zwischen dem Waggon und den Hallen nur ein Zwischenraum von etwa einem Yard war. Offenbar stand hier ein kompletter Güterzug an den Rampen.
    Der Patrolman blieb stehen. Kein fremder Laut störte die nächtliche Geräuschkulisse am Kai. Cobb zögerte nicht lange. Mit einem gewaltigen Satz sprang er nach vorn und warf sich blitzschnell unter den Waggon. Nichts geschah.
    Jetzt kamen dem jungen Polizisten die ersten Bedenken. Tatsächlich stand hier eine ganze Reihe von Waggons. Das war von dem unbequemen Platz zwischen den Schienen einwandfrei zu erkennen. Der Kerl konnte sich an jeder möglichen Ecke versteckt haben.
    Aber er müßte noch ganz in der Nähe sein, überlegte Cobb, dazu war ich ihm zu dicht auf den Fersen. Er zog sein kleines Sprechfunkgerät aus der Tasche. Aber unter der Metallmasse der Güterwaggons war es unmöglich, Verbindung mit den Kollegen zu bekommen.
    Howard Cobb bezwang seine Unruhe. Vorsichtig kroch er an der zum Kai liegenden Seite unter dem Waggon hervor. Geräuschlos richtete er sich auf und entsicherte seinen 38er. Das Knacken dabei erschien ihm wie ein Donnerschlag.
    Wenige Inch fehlten, dann hätte der baumlange Patrolman über die Seitenwände der offenen Güterwaggons sehen können. So entging ihm die Bewegung über seinem Kopf. Das letzte, was Cobb hörte, war ein gefährliches Zischen. Aber es war zu spät. Er verspürte einen mörderischen Schlag. Neben den öligen Gleisanlagen blieb er regungslos liegen.
    Pedantisch wischte Bernard Myers mit dem Taschentuch den schweren Knauf seiner P 38 ab. Er verstaute die Pistole wieder unter dem derben Stoff der Seemannsjacke. Mit einem Satz schwang er sich über die Kante des Waggons und landete federnd auf dem Erdboden. Im nächsten Augenblick verschluckte ihn das Dunkel zwischen den Lagerhallen.
    ***
    Aus dem Kellereingang drang ein Höllenlärm. Das Dröhnen der Musikbox vermischte sich mit schrillem Frauengelächter und dem Gegröle tiefer Männerstimmen. Myers steuerte auf die Bar zu. Dahinter bedienten zwei üppige Blondinen, die wie Zwillinge wirkten, eine Meute von angetrunkenen Seeleuten.
    Die Bargäste beachteten den Neuankömmling nicht.
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