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Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Titel: Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)
Autoren: Leander Haußmann
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über den Schlafanzug in »Blaubarts achte Frau« und über Lubitschs frühe Stummfilme, während sich im Wartezimmer die Patienten stapelten. Ich bekam fast immer mindestens drei Wochen Krankheit.
    Wenn ich mir heute die Liste in meinem Sozialversicherungsausweis anschaue, bin ich erstaunt über die bizarren Krankheiten, die mich seit meiner Druckerlehre heimgesucht haben. Dass ich überhaupt noch lebe, ist laut SV -Ausweis ein Wunder. Meine Theorie ist, dass die privat praktizierenden Ärzte mit großer Leidenschaft das ihnen feindlich gesinnte System sabotierten, indem sie dem Staat die Arbeitskräfte wegattestierten.
    Minetti glaubte meinem Attest nicht und schickte Fritz in die Spur. Fritz, das Stechinsekt.
     
    Fritz kommt nach Hause. Er hat eine Neubauwohnung. Und einen dicken Hals. Und zwar soo einen dicken Hals. Er wird dies alles in seinem Bericht kompensieren. Dieser Haußmann, den er hasst wie die Pest. Er setzt sich an die Schreibmaschine:
    »Meine Meinung zum Studenten Haußmann: Er benutzt sein schwer einschätzbares Bildungspotenzial (sowie seine bisher mäßigen Leistungen), das von der Art einer ausgeprägten Kantinenbegabung ist, um nicht vorhandene Leistungsparameter und Interessendefizite zu kaschieren oder zu rechtfertigen.
    Er hat das Gehabe eines labilen Gewohnheitslügners, der ehrliche Auseinandersetzungen mit realen Beiträgen scheut und ständig im Interesse der Verteidigung vorhandener Charakterschwächen zu den Mitteln der Lüge, Taktik und sophistischen Selbstrechtfertigung greift.
    Obwohl nicht im Marx-Programm beschäftigt, war er der Initiator und lautstarke Provokateur während des Mai-Meetings der Hochschule im Verein mit Uwe Dag Berlin gegen das Marx-Programm. Nicht nur, dass er während der Vorstellung im Foyer der Schule störend war, er qualifizierte das Programm und die Leistung seiner Mitstudenten als ›Scheiße‹ ab.«
    »Hallo Theo Lingen«, hatte ich Fritz begrüßt, der auf mich zu gefedert kam. Er hatte eine Schmidtchen-Schleicher-Art – er rollte die Sohlen seiner weißen Stoffturnschuhe genauso sanft und regelmäßig ab und wirkte dabei genauso elastisch wie in dem Lied. Und er trug einen Trenchcoat und eine helle Schiebermütze, mit der er sich einen Schuss Verwegenheit gönnte. Seine Nase war so groß wie die von Theo Lingen und er war mindestens so alt wie dieser auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Man konnte deutlich sehen, wie Fritz schluckte, als ich mir während unseres kurzen Austauschs die Nase zuhielt, um in seiner Theo-Lingen-Tonlage zu sprechen.
    »Sag mal, Leander«, näselte er, »das Marx-Programm war Scheiße, oder?«
    »Totale Scheiße«, näselte ich zurück.
    »Meinst du jetzt inhaltlich oder mehr im Detail?«
    »Sowohl als auch.«
    »Auch im Detail?« Das Gesicht von Fritz zeigte eine Spur Verletzlichkeit. Da bröckelte die Fassade und gab etwas frei.
    »Fritz, was verstehst du an ›sowohl als auch‹ nicht?«, fragte ich ihn – ich hatte meine Nase inzwischen losgelassen und sprach wieder normal, während seine Nase plötzlich, möglicherweise aufgrund eines Allergieschubs, zu tröpfeln begann.
    Ich weiß nicht, warum ich so auf diesem Theo-Lingen-Gag herumritt.
    »In dieser Art versucht der Student Haußmann in charakterloser Weise einen geheimen erpresserischen Führungsanspruch im Studienjahr zu gewinnen, den er anfangs (bei dem Einstiegsprogramm des Studienjahres!) durch großsprecherischen Leistungsanspruch zu gewinnen glaubte, der aber durch reale Anforderungen in keiner Weise gerechtfertigt wurde. In Versammlungen (auch der FDJ ) verhält er sich äußerlich taktisch klug, zeigt aber keinerlei Aktivitäten bei gesellschaftlichen Einsätzen. Die Taktik des verbalen Überholens von links ist ihm nicht fremd.«

7 SCHEITERN AUF DER WOLFGANG HEINZ
SCHEITERN AUF DER WOLFGANG HEINZ
    7 DIE SCHAUSPIELSCHULE hatte Probebühnen, die alle die Namen berühmter Schauspieler mit Vorbildfunktion trugen. Die größte und wichtigste war die Probebühne »Wolfgang Heinz«, für viele ein Ort des Schreckens. Denn am Ende des vierten Studienjahres kamen die Schauspielstudenten dort auf den Sklavenmarkt. Die Intendanten reisten aus dem ganzen Land an, um den Nachwuchs für ein mögliches Engagement zu besichtigen. Was mir damals schon auffiel: umso kleiner die Stadt, umso dicker der Intendant. Nach unserem Vorsprechen schlug Uwe und mir nicht der erwartete Applaus entgegen, sondern gar keiner, um nicht zu sagen, eisiges Schweigen. Oder genauer:
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