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Bucheckern

Bucheckern

Titel: Bucheckern
Autoren: B Leix
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Stoffe zu stecken, dass wir an die Grenzen unserer Möglichkeiten gestoßen sind.“
    „Wann kommen die Ergebnisse dann endlich auf den Tisch?“ Lindt wurde direkt etwas ungehalten.
    „Am besten fährst du mal selbst vorbei, du weißt doch, da, kurz vor Neureut“ antwortete ihm Willms, „vielleicht kann ein leitender Ermittler des Dezernats für Tötungsdelikte die Analyse etwas beschleunigen. Aber die Untersuchung der anderen Spuren haben wir abgeschlossen – mit Überstunden bis um neun gestern Abend.“ Willms legte eine ungefähr zwanzigseitige Akte auf den Tisch.
    Paul Wellmann blätterte darin, solange Ludwig Willms die Einzelheiten erläuterte und Lindt sich eine Pfeife stopfte. „Wenn man von dem Beutel mit Erde einmal absieht, fanden sich im Rucksack selbst keine außergewöhnlichen Spuren. Aus dem Zustand der Schulhefte schließen wir, dass alles mindestens seit Mitte Mai schon voll der Witterung ausgesetzt war. Geregnet hat es in diesem Sommer ja genug.“
    „Was meinst du“, fragte der Kommissar, „ist der Rucksack tatsächlich aus dem Dachfenster geworfen worden?“
    „Ja, den Weg von dort oben konnten wir recht genau nachvollziehen. Ihr hattet ja die abgebrochenen Zweige in der Baumkrone auch schon bemerkt und aufgrund dieser Spuren war der Weg der Schultasche gut zu rekonstruieren. Wir nehmen auch mit ziemlicher Gewissheit an, dass er absichtlich geworfen wurde. Wäre er nur vom Fenstersims gerutscht, hätte er viel dichter am Haus entlang herunterfallen müssen und wäre dann auf dem Gehsteig gelandet.“
    „Wie groß war denn“, fragte Jan Sternberg, der mitt-lerweile hereingekommen und schon eine Weile zugehört hatte, „die Entfernung zwischen Fenster und Fundort im Baum, waagerecht gemessen?“
    „Genau“, ergänzte Paul Wellmann, „diese Angaben habe ich bis jetzt in dem Bericht noch nicht gefunden. Wir müssen uns natürlich fragen, ob ein zwölfjähriger Junge seine Schultasche überhaupt so weit hätte schleudern können – immerhin aus dem Raum heraus durch das geöffnete Fenster bis in den Baum. Vielleicht war das auch nur einem Erwachsenen möglich.“
    „Keine Sorge“, lächelte Ludwig Willms und nahm sich die Akte, um darin zu blättern, „die KTU macht ihre Sache schon sorgfältig. Es steht eher weiter hinten, Moment, ich hab’s gleich. Ja genau, drei Meter fünfundneunzig, horizontal gemessen. Bei einem Gewicht von gut sieben Kilo – wir haben die Schultasche natürlich auch gewogen – meine ich, dass ein normal kräftiger Zwölfjähriger diesen Wurf gerade noch hätte schaffen können. Allerdings, das ging mir auch durch den Kopf, hätte er schon direkt am Fenster stehen müssen.“
    Oskar Lindt blies dichte Rauchwolken in den Raum, worauf Willms das bisher nur gekippte Fenster weit aufriss. „Wie könnt ihr das nur aushalten mit so einer Dampflok hier“, fragte er Sternberg und Wellmann.
    „Geht schon“, versetzte Sternberg, „am besten schaffen wir es mit einem Gegenfeuer“ und steckte sich eine Camel an.
    „Die Pfeife bringt unserem Chef die Inspiration“, kommentierte Paul Wellmann und spielte damit auf Lindts Methode an, gedanklich tief in den jeweiligen Fall abzutauchen, um zu erkennen, was unter der Oberfläche steckt.
    Mit dieser Arbeitsweise war es ihm schon häufig gelungen, entscheidende Lösungsansätze zu entwickeln. „Auf einmal“, hatte Lindt vor einigen Wochen nach der Aufklärung eines Raubmordes erzählt, „habe ich den Fall völlig klar vor mir gesehen. Mein Unterbewusstsein muss da wohl kräftig mitgearbeitet haben.“
    Der Polizeipräsident hatte ihn damals öffentlich als ›kreativen Querdenker‹ bezeichnet, wobei Lindt aber vermutete, es hätte eigentlich Querkopf heißen sollen, denn leicht hatten es seine Vorgesetzten meist nicht mit ihm.
    „Nun gut“, brummte Lindt vor sich hin, „ vielleicht war es der Junge, vielleicht hat auch eine andere Person den Rucksack geworfen. Also weiter – was hat die Spurensicherung noch ergeben?“
    „Die anderen Spuren auf dem Dachboden“, fuhr Willms fort, „beweisen ziemlich sicher, dass der Junge dort den Schlag auf den Kopf erhalten hat. Das Blut stammt zweifelsfrei von ihm und dieses Metallrohr, ein Teil der abgebauten Antenne, sehen wir als die Tatwaffe an. Die Zinkpartikel, die wir damals in der Kopfwunde gefunden haben, stammen von der Oberfläche des Rohrs. Auch die runde Einkerbung in der Kante des Balkens passt – hier muss der Täter wohl daneben geschlagen haben, als er
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