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Bruno Chef de police

Bruno Chef de police

Titel: Bruno Chef de police
Autoren: Martin Walker
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betrauern, schlage ich vor, dass Sie heute Mittag im Rahmen der Feierlichkeiten ein kurzes Gebet der Versöhnung sprechen. Das lässt sich wohl vertreten, und ich glaube kaum, dass die Republik dadurch in ihren Grundfesten erschüttert wird. Ein kurzes Gebet und Ihr Segen. Nicht mehr als eine Minute. Wir vergeben unseren Feinden und erbitten den Frieden des Herrn. Wären Sie dazu bereit? Aber ich warne Sie, wenn Sie überziehen, unterbreche ich Sie, und zwar sofort.«
    »Mein lieber Bürgermeister, es wird mir eine Freude sein. Eine Minute also, um unseren Feinden zu vergeben.«
    »Selbstverständlich sehen wir uns anschließend zum Mittagessen«, fügte der Bürgermeister hinzu. »Wenn ich mich nicht irre, wird es wieder Lammfleisch geben.«
    »Großartig«, frohlockte der
père
und verabschiedete sich unter vielen Verbeugungen, sichtlich beglückt darüber, dass das Wort des Herrn endlich auch im profanen Tempel der Republik Nachhall gefunden hatte.
    Bruno kam gleich zur Sache. »Der Fall ist vorerst auf Eis gelegt. Tavernier will die Reaktionen aus Paris abwarten«, sagte er, als der Pater die Tür hinter sich zugezogen hatte. »Davon abgesehen, würde ich dafür plädieren, die anstehenden Ermittlungen nicht auf Biegen und Brechen zum Ergebnis zu führen.«
    »Gut«, entgegnete der Bürgermeister. »Ein Gerichtsverfahren gegen die beiden alten Schurken wäre das Letzte, was unsere Stadt jetzt gebrauchen kann.«
    »Haben Sie mit ihnen gesprochen?«, fragte Bruno.
    Der Bürgermeister zuckte mit den Achseln. »Ich wüsste nicht, was ich ihnen sagen sollte. Sie vielleicht? Es sind alte Männer. Pater Sentout könnte guten Gewissens behaupten, dass die beiden ohnehin bald vor einem viel höheren Richter stehen werden als vor unserer irdischen Gerichtsbarkeit.«
    »Zwei unglückliche alte Männer«, sagte Bruno. »Sie haben auf derselben Seite gekämpft, leben und arbeiten seit sechzig Jahren in unmittelbarer Nachbarschaft, sprechen aber wegen eines alten politischen Streits kein Wort miteinander und vergiften ihre Ehe mit der Unterstellung, dass sie von der eigenen Frau mit dem Erzfeind betrogen werden. Man könnte meinen, dass der Herrgott sie zu Lebzeiten schon genug bestraft hat.«
    »Nicht schlecht, Bruno. Vielleicht sollten wir ihnen genau das sagen. Aber da sind noch Momu und seine Familie. Was haben Sie ihnen gesagt?«
    »Ich habe mit beiden gesprochen, Momu und Karim, und ihnen gesagt, dass es aufgrund der Beweislage keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass Richard und Jacqueline Hamid ermordet haben. Die Polizei würde darum jetzt der Theorie nachgehen, dass das Hakenkreuz eine bewusst gelegte, falsche Fährte war. Was letztlich dazu führen würde, dass wir in Richtung Islamisten ermitteln, für die Hamid ein Verräter war.«
    »Und wie haben die beiden reagiert?«
    »Momu hat anfangs kein Wort gesagt, aber Karim meinte, Hamid sei nach einem langen, erfüllten Leben und voller Stolz auf seine Familie gestorben, nicht zuletzt auch in dem Wissen, dass ein Urenkel unterwegs sei. Karim scheint sich mit dem Tod seines Großvaters abgefunden zu haben. Und Momu meinte noch, dass er oft über die
rafale
von 196 1 habe nachdenken müssen und darüber, wie viel sich seitdem verändert hat. Es hat ihn, wie er sagte, sehr gerührt, dass sich so viele von uns für Karim eingesetzt haben, als er von den Gendarmen festgenommen wurde. Momu hätte kaum für möglich gehalten, dass sein Sohn in der Stadt einmal als Held gefeiert würde. Als ich gegangen bin, ist Momu mir nach draußen gefolgt und sagte noch, ihm sei als Mathematiker immer schon bewusst gewesen, dass es zwar Probleme gibt, die unseren Verstand übersteigen, aber keines, dem die Nächstenliebe nicht gewachsen wäre.«
    Der Bürgermeister schüttelte den Kopf. Er wirkte zerknirscht und versuchte zu lächeln. »Zurzeit der
rafales
war ich Student in Paris. Wir haben von den Unruhen gehört. Wissen Sie, wer damals als Polizeipräfekt Verantwortung trug? Es war derselbe, der unter dem Vichy-Regime als Generalsekretär der Präfektur in Bordeaux vorstand. In dieser Funktion kommandierte er die Truppen der
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und ließ Hunderte von Juden für den Abtransport in deutsche Konzentrationslager zusammentreiben. Später, während des Algerienkriegs, war er Präfekt in Algerien. Sein Name: Maurice Papon. Ich bin ihm einmal begegnet, als ich für Chirac gearbeitet habe. Er war der perfekte Staatsbeamte, einer, der jede Dienstanordnung, egal welche, mit äußerster
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