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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta
Autoren: Donna Leon
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Willen nicht als in irgendeiner Weise notwendig bezeichnet werden konnte. Daher die Einschaltung von Brunetti, die Sperrung der Zahlungen und der Erlaß eines Haftbefehls gegen den Bauunternehmer, dessen Firma den Löwenanteil der Straßenbauarbeiten ausgeführt hatte, sowie gegen die drei Stadtratsmitglieder, die sich am lautesten für die Vergabe des Auftrags an diese Firma eingesetzt hatten.
    Ein weiterer Commissario war mit dem Kasino beschäftigt, dessen Croupiers wieder einmal einen Weg gefunden hatten, das System zu überlisten und einen Prozentsatz für sich abzuzweigen. Der dritte ermittelte immer noch in Mestre gegen einige von der Mafia kontrollierte Geschäfte, ein Fall, der offenbar nirgendwo an eine Grenze stieß und leider auch kein Ende nahm.
    So war es keine Überraschung für Brunetti, als er bei seiner Ankunft in der Questura von den Wachen am Eingang mit den Worten begrüßt wurde: »Er will Sie sprechen.« Wenn Vice-Questore Patta ihn so früh schon sprechen wollte, war er letzte Nacht womöglich selbst gerufen worden, nicht einer der Commissari. Und wenn Patta den Mord so interessant fand, daß er um diese Morgenstunde schon anwesend war, dann mußte Trevisan wichtiger oder einflußreicher gewesen sein, als Brunetti sich klargemacht hatte.
    Er ging in sein Büro, hängte seinen Mantel auf und sah sich seinen Schreibtisch an. Dort lag nichts, was nicht schon dagelegen hatte, als er gestern abend wegging, woraus er schloß, daß alle eventuell schon vorhandenen Unterlagen sich in Pattas Büro befanden. Er nahm die Hintertreppe nach unten und trat in Pattas Vorzimmer. Hinter ihrem Schreibtisch saß, als warte sie hier nur auf die Fotografen von Vogue, Signorina Elettra Zorzi, heute, wie die Lilien auf dem Felde, in einem weißen Crepe-de-Chine-Kleid, das in schrägen, aber ausgesprochen provokativen Falten über ihren Busen fiel.
    »Buon giorno, commissario«, sagte sie und blickte lächelnd von der Zeitschrift hoch, die aufgeschlagen auf ihrem Schreibtisch lag.
    »Trevisan?« fragte Brunetti.
    Sie nickte. »Er telefoniert schon seit zehn Minuten. Mit dem Bürgermeister.«
    »Wer hat wen angerufen?«
    »Der Bürgermeister ihn«, antwortete Signorina Elettra. »Warum? Ist das wichtig?«
    »Ja. Es bedeutet wahrscheinlich, daß wir nichts in der Hand haben.«
    »Wieso?«
    »Wenn er den Bürgermeister angerufen hätte, dann hieße das, er fühlt sich in irgendeinem Punkt sicher genug, um ihm mitzuteilen, daß wir schon einen Verdächtigen haben oder bald mit einem Geständnis rechnen können. Wenn der Bürgermeister ihn angerufen hat, kann das nur heißen, daß Trevisan ein bedeutender Mann war und sie die Sache schnell erledigt sehen wollen.«
    Signorina Elettra klappte ihre Zeitschrift zu und legte sie beiseite. Brunetti erinnerte sich noch, daß sie zu Beginn ihrer Tätigkeit für Patta die Hefte immer in der Schublade verschwinden ließ, wenn sie nicht darin las; jetzt machte sie sich nicht einmal mehr die Mühe, sie mit der Schrift nach unten hinzulegen.
    »Wann ist er gekommen?« erkundigte sich Brunetti.
    »Um halb neun.« Und bevor er noch weiterfragen konnte, sagte sie: »Ich war schon hier und habe ihm erklärt, daß Sie bereits im Haus waren, aber wieder weggegangen sind, um mit Leonardis Dienstmädchen zu sprechen.« Er hatte sich gestern nachmittag im Zuge seiner Ermittlungen gegen die Baufirma mit dieser Frau unterhalten und nichts erfahren.
    »Grazie«, sagte er. Brunetti hatte es schon mehr als einmal merkwürdig gefunden, daß Signorina Elettra mit ihrem angeborenen Hang zum Flunkern sich ausgerechnet eine Arbeit bei der Polizei gesucht hatte.
    Sie warf einen Blick auf ihren Schreibtisch, wo ein rotes Lämpchen an ihrem Telefon zu blinken aufgehört hatte. »Er ist fertig«, sagte sie.
    Brunetti nickte und klopfte an Pattas Tür, wartete auf das »Avanti« von drinnen und ging hinein.
    Obwohl der Vice-Questore so früh gekommen war, hatte er offenbar genügend Zeit für seine Toilette gehabt: Der Duft eines durchdringenden After-shave hing in der Luft, und Pattas gutgeschnittenes Gesicht glänzte frisch. Die Krawatte aus Wolle, der Anzug Seide: kein Sklave der Tradition, der Vice-Questore. »Wo waren Sie?« fragte Patta zur Begrüßung.
    »Bei den Leonardis. Ich dachte, ich könnte mal mit ihrem Dienstmädchen reden.«
    »Und?«
    »Sie weiß nichts.«
    »Das ist jetzt egal«, sagte Patta, dann deutete er auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Setzen Sie sich, Brunetti.« Als der
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