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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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einen dunklen Umhang. Hast du ihn vielleicht gesehen?«
    »Vielleicht habe ich das.« Ein Lächeln spielte um die Lippen des Mädchens. »Was bekomme ich, wenn ich dir helfe?«
    Mit einem Stirnrunzeln beobachtete Deryn, wie das Mädchen das Schwert in eine schlichte braune Lederscheide schob. Das Gefühl, offenbar nicht als Bedrohung wahrgenommen zu werden, enttäuschte ihn ein wenig.
    »Was wünschst du dir denn?«, fragte er.
    Zu seiner Überraschung sah Deryn, dass das Mädchen ernsthaft über die Frage nachzudenken schien, ein wehmütiger Ausdruck trat dabei auf ihr Gesicht.
    »Nichts, das du mir geben könntest, schätze ich«, sagte sie schließlich.
    Die plötzliche Traurigkeit des Mädchens berührte Deryn, und doch ahnte er, dass er tatsächlich kaum in der Lage sein würde, die Probleme der Bewohner dieser Stadt zu lösen. Trotzdem wollte er die Sache nicht auf sich beruhen lassen.
    »Wenn es etwas gibt, das ich für dich tun kann …«, begann er.
    »Kannst du die Drachen vertreiben? Oder mich an einen Ort bringen, wo es keine Drachen gibt?« Sie schüttelte den Kopf. »Der Mann den du suchst – ich glaube, ich habe ihn gesehen. Er stand in der Ruine des Palastes, im Zentrum der Stadt, vielleicht findest du ihn dort. Viel Glück.«
    Deryn wusste nicht, was er sagen sollte. Man hatte ihn vor Geistern und Gesetzlosen gewarnt, aber er hatte nie daran gedacht, dass es hier auch Kinder geben würde. Dieses Mädchen würde in ein paar Jahren eine schöne junge Frau sein. Sie sollte nicht an einem Ort wie diesem aufwachsen.
    »Heh!«, rief Deryn, als das Mädchen sich von ihm abwandte und geschickt durch die leere Fensteröffnung kletterte. »Willst du wirklich weg von hier? Hast du keine Familie?«
    »Meine Mutter ist schon lange tot. Und mein Vater starb hier, ein Drache hat ihn verbrannt.«
    »Das tut mir leid«, sagte Deryn. Er zögerte, dann sah er dem Mädchen in die Augen, in denen Tränen zu sehen waren.
    »Lass uns ein Abkommen schließen. Du hilfst mir, solange ich in dieser Stadt bin, und dann kannst du mich nach Car-Tiatha begleiten.« Deryn wunderte sich über seine eigenen Worte, kaum dass er sie ausgesprochen hatte. Was in aller Welt sollte er mit diesem Mädchen in der Stadt des Königs anfangen?
    »Wirklich? Versprichst du es?«
    »Ja, ich verspreche es.« Deryn bemühte sich, seine Stimme fest klingen zu lassen, obwohl er innerlich einen tiefen Seufzer ausstieß.
    »Du musst sagen: Wenn ich lüge, soll mich ein Drache fressen . Es ist der höchste Schwur, den es in dieser Stadt gibt.«
    Das Mädchen wischte sich die Tränen aus den Augen und sah Deryn erwartungsvoll an – offenbar war die Aufforderung ernst gemeint, so lächerlich sie auch klingen mochte.
    »Wenn ich lüge, soll mich ein Drache fressen«, hörte Deryn sich selbst sagen. »Bist du nun zufrieden?«
    »Ja, lass uns gehen.« Sie blickte Deryn auffordernd an, bis er sich anschickte, ihr durch das Fenster zu folgen.
    »Wie heißt du eigentlich?«, fragte er.
    »Mein Name ist Danira.« Sie lächelte, und Deryn schüttelte still seinen Kopf. Erneut fragte er sich, wie er darauf kommen konnte, dieses verwilderte Mädchen zu einer gemeinsamen Reise einzuladen. Und doch, trotz ihres zerzausten Äußeren, war etwas Besonderes an ihr – eine Ausstrahlung, die Deryn nicht einordnen konnte, die ihn aber auf merkwürdige Weise berührte.
    »Freut mich«, sagte er, und fast gegen seinen Willen erwiderte er das Lächeln des Mädchens. »Mein Craith steht dort in der Seitenstraße.«
    »Ich weiß«, erwiderte Danira. »Ich habe dich kommen sehen. Wir sollten zu Tarics Haus gehen, dort kannst du die Echse unterstellen. Und vielleicht weiß Taric etwas über deinen Freund.«
    Sie erreichten den Craith, und Deryn half dem Mädchen auf den Rücken des Tieres, dann stieg er selbst auf.
    »Wer ist Taric?«, fragte er, als die Echse sich in Bewegung setzte.
    »Ein Freund; wir kannten ihn schon, als wir noch in Lornmund lebten, mein Vater und ich. Da waren zwei Soldaten des Fürsten, sie waren betrunken und haben Tarics Frau getötet. Und dann hat Taric die Soldaten getötet und wurde in den Kerker geworfen. Mein Vater war der Schreiber des Fürsten, und er hat ein Begnadigungsschreiben gefälscht. Dann mussten wir fliehen, und gemeinsam sind wir nach Car-Elnath gelangt. Das ist jetzt sechs Jahre her. Meine Mutter war damals schon tot, und vor einem halben Jahr ist mein Vater …«
    Sie schwieg für eine Weile, und Deryn sah, wie sie sich mit der Hand
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