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Brüder der Drachen

Brüder der Drachen

Titel: Brüder der Drachen
Autoren: Bernhard Weissbecker
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zurückgegeben und war gegangen. Und das ausgerechnet jetzt, wo der König seine Zustimmung zu der Erkundungsreise ins Drachenland gegeben hatte. Tan-Thalion hatte Loridan und Herubald als Teilnehmer dieser Unternehmung fest eingeplant. Der Meister der Drachengilde würde gewiss eine andere Schwertbruderschaft von Drachentötern zur Verfügung stellen, aber Tan-Thalion hatte besondere Gründe, weshalb er Loridan als Begleiter wünschte. In ihm hatte er eine geistige Kraft gespürt, die ihn von allen anderen Drachentötern unterschied. Tatsächlich war es Loridan, den der Zaubermeister als unentbehrliches Mitglied seiner Reisegruppe sah und nicht Herubald, den erfahrenen Ritter, der nun schon gegen mehr als zwanzig Drachen gekämpft hatte. Loridan besaß das Talent zur Magie, dies hatte Tan-Thalion schnell gespürt, nachdem er den jungen Mann kennengelernt hatte, doch zu diesem Zeitpunkt war er bereits in die Gilde der Drachentöter berufen worden. Der Zauberer hatte sich gewünscht, Loridan hätte einen anderen Weg gewählt – den Weg der Magie und nicht den Weg des Schwertes.
    Nun hatte Loridan nicht nur die Gilde verlassen, sondern auch die Stadt. Trotzdem war in Tan-Thalion wieder die Hoffnung erwacht, den jungen Mann als Lehrling gewinnen zu können. Es war an der Zeit, dass er sein Wissen an einen Jüngeren weitergab – und er brauchte Unterstützung bei der Aufgabe, die er sich selbst gestellt hatte.
    Immerhin, durch die Verzögerung hatte er nun mehr Zeit, sich auf die Reise vorzubereiten, es sei denn, König Gweregon würde den sofortigen Start der Mission befehlen. Tan-Thalion richtete seinen Blick wieder auf das Buch, das vor ihm lag. Wann auch immer seine Reise beginnen würde, es war wichtig, dass er alles herausfand, was es über die Magie des Feuers zu wissen gab. Denn nicht nur sein eigenes Leben mochte davon abhängen, sondern auch das von allen anderen, die dieses Wagnis mit ihm eingingen.
    *
    Die tief stehende Sonne schien durch das Fenster des Hauses und blendete Deryn, sodass er die Person, die ihn bedrohte, nicht erkennen konnte. Zumindest war offenkundig, dass es eine kleine Gestalt war, und die Stimme, die zu ihm sprach, schien die Stimme eines Kindes zu sein.
    »Wer bist du – und was willst du hier?«
    »Mein Name ist Deryn, und ich bin auf der Suche nach jemandem.« Er kam sich töricht vor, sich von einem Halbwüchsigen ausfragen zu lassen. Wenn schon die Kinder in dieser Stadt sich derartig verhielten, wie mochten dann erst die Erwachsenen sein? Vorsichtig bewegte Deryn seine Hand an den Schwertgriff, er wagte es jedoch nicht, die Waffe zu ziehen.
    »Dieses Haus ist unbewohnt«, sagte die Stimme. »Hier wirst du niemanden finden.«
    »Nun, dann werde ich wohl woanders weitersuchen müssen. Wenn du die Waffe von meinem Hals wegnimmst, werde ich dich nicht länger stören.«
    Erleichtert sah Deryn, dass die Klinge sich tatsächlich eine Handbreit von seinem Hals wegbewegte. Er trat einen Schritt zurück, um aus der Reichweite des unsichtbaren Gegners zu kommen, als die Stimme erneut zu ihm sprach.
    »Wer ist es, den du suchst?«
    »Ein Freund. Er muss vor wenigen Tagen hier angekommen sein.« Deryn bewegte sich vorsichtig weiter auf den Ausgang des Hauses zu, behielt den Blick aber auf die dunkle Zimmerecke gerichtet. Noch immer konnte er nicht erkennen, mit wem er es zu tun hatte.
    »Die Stadt ist groß«, sagte die Stimme. »Willst du jedes einzelne Haus durchsuchen?«
    »Wenn es sein muss, werde ich das tun. Es sei denn, ich finde jemanden, der mir hilft.«
    »Es ist nicht leicht, in dieser Stadt jemanden zu finden. Die meisten Leute, die hierherkommen, wollen nicht gefunden werden.« Endlich trat die Gestalt aus der dunklen Zimmerecke in den Strahl des roten Abendlichts, der durch die Tür in das Haus hineindrang. Deryn wunderte sich, als er sah, dass es ein Mädchen war, vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahre alt. Ihr dunkles, zerzaustes Haar umrahmte ein schmales Gesicht mit ausdrucksstarken Augen. In ihrer Hand hielt sie ein Schwert, dessen schlanke Klinge golden in der Abendsonne schimmerte. Der gleichmäßige Glanz ließ auf einen hochwertigen Stahl und hervorragende Schmiedearbeit schließen – offenbar eine kostbare Waffe, auch wenn keine auffälligen Verzierungen oder Gravuren zu erkennen waren.
    »Der Mann, den ich suche, hat keinen Grund, sich zu verstecken, und er ist ein Freund von mir – ein Ritter aus Car-Tiatha, groß, schlank, mit kurzen dunklen Haaren. Er trägt
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