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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition)
Autoren: Jacques Berndorf
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China-International Besuch von der Group-Miami, einem Konsortium, das in Hongkong mit einem Ableger vertreten ist. Meine Anfrage lautete in etwa: Liebe Mädchen und Jungens, ich habe ein Problem. Ich müsste bei euch in das Haben der Nordkoreaner rein, um runde sechshunderttausend für ein Paar Abwasserpumpen aus Deutschland zu kassieren. Da ich aber weiß, dass diese Leute grundsätzlich keine Mücken haben, frage ich freundlich an, ob die Abbuchung denn überhaupt möglich ist. Der Kollege in Peking, der heißt übrigens Hua Weng, muss am Platz gewesen sein, denn er antwortete sofort und schrieb: Kein Problem, mein Freund, die Nordkoreaner haben einen reichen Onkel aufgetrieben, denn hier stehen im Haben vierhundertzwanzig Millionen Euro. Wollen Sie, dass ich das ausdrucke?« Er sah Krause fragend an.
    »Wie bitte?«, fragte der, weil er nicht gleich begriffen hatte, dass der letzte Satz ihm galt. »Ach so, natürlich hätte ich das gern ausgedruckt. Haben Sie denn auch sehen können, woher das Geld stammte und von wem?«
    »Noch nicht, aber ich denke, dass ich das auch noch knacken kann – mit etwas Glück.« Seine Finger glitten mit geradezu wahnwitziger Geschwindigkeit über eine Tastatur. Dann meldete sich ein Drucker, der hinter Krauses Kopf auf einem Regal stand. »Ich mache es immer langsam und vorsichtig«, erklärte er nachsichtig, »damit ich niemanden aufschrecke.«
    »Kommt es häufig vor, dass Sie mit Bankleuten zu tun haben?«
    »Eigentlich schon. Es tut von Zeit zu Zeit gut, ein wenig privat mit ihnen zu verkehren – rein elektronisch versteht sich. Wenn sie merken, dass wir den gleichen stressigen Alltag wie sie selbst haben, sind sie handzahm, nett und umgänglich. Ich hatte mal einen mir persönlich nicht bekannten Kumpel im Pentagon, der mir die Leidensgeschichte mit seiner Frau berichtet hat. Ich musste sehr privat sein und sehr zartfühlend. Aber es lohnte sich, er schickte mir Daten über den Irak rüber.« Dann drehte er den Kopf zu Krause: »Sie können die Blätter dort mitnehmen.«
    »Ja, ja, das ist nett«, sagte Krause und machte den Eindruck, als sei er schon kilometerweit entfernt.
    »Es ist nämlich so«, erklärte Goldhändchen mit penetranter Arroganz. »Seit der Ostblock zusammenbrach, haben die Nordkoreaner überall in den sogenannten Bruderländern eine Menge Schulden gemacht. Denn die Bruderländer waren plötzlich nicht mehr kommunistisch und wollten für ihre Lieferungen bezahlt werden. Es ist passiert, dass Gelder, die eigentlich Nordkorea erreichen sollten, auf den Konten ehemaliger Ostblockbanken schlicht verloren gingen. Sozusagen eine perfide Methode, Schulden einzutreiben.«
    »Ja«, nickte Krause wie ein gelehriger Schüler, »das leuchtet mir ein. Unter diesem Aspekt habe ich das noch nie betrachtet.« Dann räusperte er sich. »Heißt das jetzt, dass Sie auf irgendeinem Konto die sechshunderttausend Euro haben, ich meine, in Besitz genommen haben?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich könnte sie abbuchen und irgendwie einstreichen, aber das ist ja nicht mein Job hier, oder? Stattdessen schicke ich ein ›sorry‹ mit dem Vermerk, dass ich mich geirrt habe. Beim nächsten Besuch habe ich dann schon den besten Draht zur China-International, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Goldhändchen wirkte sehr zufrieden. Dann schien ihm noch etwas einzufallen, und er setzte zu einer weiteren Lektion an: »Sie müssen das Internet und seine viel gerühmten Sicherheitsschranken nicht so ernst nehmen, Chef. Ich gehe dort einfach spazieren wie in einer Landschaft. Neulich habe ich für Claude, einen meiner engsten Freunde, eine sehr exklusive Vorführung eingelegt. Er wollte nicht glauben, dass ich von seinem Bankkonto fünfhundert Euro abheben kann. Ohne seine Zustimmung, versteht sich, und ohne dass der Auftraggeber ersichtlich wird. Die meisten Leute haben keine Ahnung, dass ich ihre PIN für das Konto gar nicht brauche. Ich fingere mich an den Zwischenmodulen ihrer Nachrichten an ihre Bank ein, auf denen ihre Klartexte erscheinen. Claude war jedenfalls völlig von den Socken, als ich ihm seine fünfhundert auf meinem Konto zeigte. Jede deutsche Bank behauptet natürlich, dass ihre Netze sicher sind. Aber es gibt keine sichere Technik, Chef.« Er nickte ihm beinahe väterlich zu.
    Krause stemmte sich aus den Tiefen des Ledersessels hoch, griff nach den Blättern im Drucker und brummte: »Sehen Sie zu, dass Sie diesen gottverdammten Sessel austauschen.«
    »Oh, er ist doch
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