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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)
Autoren: Peter Ames Carlin
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an seinen Küchentisch zurückgekehrt, kam Doug eines Abends ein Gedanke, der ihn fortan nicht mehr losließ: Er hatte genug. Genug von seiner Familiengeschichte, genug von den abschätzigen Blicken, genug von Freehold. Auf der Suche nach Sonne, Strand und einem Ort, der so weit wie irgend möglich von New Jersey entfernt war, führten ihn seine Gedanken nach Kalifornien, dem klassischen Sehnsuchtsziel all der Ostküstenbewohner, die einen Neuanfang wagen wollen. »Er wollte einfach hier raus«, sagt Adele. »Ich wollte nicht weg. Ich wollte Ginny nicht allein lassen, weil sie gerade das Baby bekommen hatte. Außerdem arbeitete ich seit dreiundzwanzig Jahren für denselben Mann. Aber Douglas sagte: ›Dann geh ich eben ohne dich.‹« Adele hörte die Verzweiflung in der Stimme ihres Mannes, und so brachte sie es nicht übers Herz, ihm diesen Wunsch abzuschlagen. Sie traf eine Vereinbarung mit ihm: Es würde einige Zeit dauern – möglicherweise mehrere Monate –, bis sie das erforderliche Geld für diesen Schritt zusammengespart hätten, aber sie würden gehen. Und Doug ließ keinen Zweifel daran, dass er nie wieder nach Freehold zurückkehren würde.
    Ende September 68 luden Tex und Marion Vinyard die Castiles und deren Freunde zu einem Fest ein, das in ihrem Haus inzwischen regelmäßig gefeiert wurde: Eine große Geburtstagsparty für Bruce und Theiss, die an aufeinanderfolgenden Tagen geboren worden waren. Oberflächlich betrachtet war es ein Familienfest wie jedes andere. Es gab Kuchen, belegte Brote, Chips und die übliche Auswahl an Foodtown Soda. Die Fotos in Marions Album – die entsprechenden Seiten sind übertitelt »19th Birthday Party for Our Boys, George and Bruce« – zeigen ein Haus voller schlaksiger, langhaariger junger Männer, allesamt frisch gewaschen und rasiert, in ihren Sonntagshosen, gebügelten Hemden und Collegepullovern – allesamt, mit Ausnahme von Theiss. Den sieht man mit wildem Bart und todschickem Glamour-Outfit der späten 60er, mit offenem Hemd, das den Blick auf die nackte Brust freigibt. Neben sich eine schlanke Blondine, die ihre Arme um seine Schultern legt. Auf einer anderen Aufnahme sieht man einen Hemd und Pullunder tragenden Bruce, der mit gekreuzten Beinen auf dem Boden sitzt und sich über eine Gitarre beugt, während eine junge Frau ihn aus respektvollem Abstand verzückt beobachtet. Wenn sich Theiss diese Fotos, die die Unterschiede zwischen dem Frontman und dem Leadgitarristen der Castiles so eindrucksvoll festgehalten haben, heute anschaut, kann er sich ein Lachen nicht verkneifen: »Ja, das ist schon sehr aussagekräftig. Das vermittelt einen ziemlich genauen Eindruck davon, wie es damals war.«
    Was die fröhlichen Geburtstagspartybilder nicht zeigen, ist, dass sich die Castiles wenige Wochen zuvor aufgelöst hatten. Wobei nicht das Ende die eigentliche Überraschung war, sondern eher die Tatsache, dass die Band überhaupt so lange bestanden hatte. »Wir hatten als kleine Greaser aus Freehold angefangen und endeten als langhaarige Hippies«, so Bruce. »Wir wurden alle älter und entwickelten uns weiter. Ich weiß noch, dass es irgendwelche Spannungen gab, aber ich kann mich nicht mehr erinnern, worum es sich dabei drehte. Vielleicht hatte ich angefangen zu singen, eventuell ging es auch darum, dass wir andere Musik machen wollten.« Möglicherweise traf beides zu. Tief beeindruckt von den Singer-Songwritern Tim Buckley und Leonard Cohen, hatte Bruce den ganzen Winter über etliche Notizbücher mit Songtexten gefüllt, unter denen auch das verträumte »Clouds« (»As my mind bends clouds into dreams/That I like as the sun disappears into/The night I look and you have gone«) und das in seiner Surrealität fast schon wieder realistische »Slum Sentiments« (»Golden horses ride down the city streets/Starving children clutter beneath their feet … ’Cause they haven’t had enough to eat«) waren. In »Until the Rain Comes« donnert Apollo höchstpersönlich im Dienste der Offenbarung der Wahrheit über Wolken hinweg: »Upon reaching the ancient age of eighteen I have found/What is round isn’t round at all, and what is up may be down.« All diese Texte sind sehr schwermütig und romantisch, genau wie man es von einem jungen Musiker, der düstere Gedanken im Kopf und eine Gitarre in der Hand hat, erwartet. Mit einem komplett neuen Repertoire absolvierte Bruce zu Beginn des Frühjahrs ein paar Soloauftritte im Off Broad Street Coffee House in Red Bank und
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