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Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim
Autoren: Elisabeth Wagner
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es ihr die letzten Wochen gut?«, wiederholte Irene ihre Frage.
    Ich holte tief Luft. Strich Mia über die Wange. »Sie war glücklich«, antwortete ich mit einem kleinen Lächeln. »Sie lachte viel. Sie genoss. Sie fühlte die Sonne. Sie lauschte Dingen. Mia sah zufrieden aus.«
    Ein trauriges Lächeln befand sich auf ihrem Gesicht. Die Augen wurden nass. »Es ist gut zu wissen, dass sie noch ein wenig leben durfte. Danke, dass du ihr das geschenkt hast.« Irene umarmte mich lange.
    Es war nun ein Jahr vergangen. Ich war froh Mias Familie zu kennen. Hier half wirklich jeder jedem. Wir unterstützten uns alle in dieser harten Zeit. Das war es, was eine Familie ausmachte. Ich wurde ein Teil davon.
    Es war ebenso ziemlich genau ein Jahr her, dass ich vor diesem Grab gestanden hatte. Der Gang hierher war wieder immens schwer. Nach wie vor plagten mich diese Schuldgefühle. Wäre es anders gewesen, wenn ich sie besser gekannt hätte? Oder hätte das auch nichts geändert? Ich konnte meine Tränen nicht mehr unterdrücken und ließ ihnen freien Lauf. In meiner Lederjacke suchte ich nach einem Taschentuch. In der Innentasche fand ich jedoch etwas anderes. Einen Zettel. Der obere Rand ausgefranst, vom hastigen Abreißen. Ich faltete ihn auf. Es war ein Brief von Mia. Schnell geschrieben. Einige Stellen hatte sie durchgestrichen. Aber noch lesbar.
     
    Samuel,
     
    wenn du das hier liest, bin ich vermutlich nicht mehr da. Ich hoffe ich hoffe es. Zumindest.
    Vielleicht kannst du dir denken, wo ich bin. Vielleicht wusstest du all die Zeit, was ich vorhatte. Ich wollte weg. Ich bin vor der Realität davongelaufen. Jedoch wusste ich, dass sie mich eines Tages einholen wird. Früher oder später. Wohl eher früher. Der Streit ... Einerseits bin ich froh, dass du alleine weiterwillst. Du hast mein Leben berührt. Ich mag dich. Ich mochte dich. Zu sehr. Es wurde mehr. Ich verliebte mich. Und dadurch wäre alles nur noch schwieriger geworden. Beinahe hätte ich meine Pläne über den Haufen geworfen. Für jemanden, den ich nicht kannte. Für dich! Du hast mein Leben verändert. Beinahe wärst du mein Leben geworden ...
    Ich wollte dich nicht in all das hineinziehen. Ich wollte niemanden verletzen. Aber ich wollte doch nur für einen kurzen Moment leben, wenn ich schon nicht mehr lange hätte.
    Es war das schönste Ende, was ich mir nur hätte wünschen können.
     
    Danke,
    in Liebe Mia
     
    Ich hatte diesen Brief bis zu diesem Tag noch nicht bemerkt. Aber ich hatte diese Jacke ein Jahr nicht mehr an gehabt. Sie musste ihn an demselben Abend wie ich geschrieben haben.
    Eine Hand auf meiner Schulter ließ mich aufsehen.
    »Was hast du hier?« Ich hielt ihr das Stück Papier hin.
    Ich stand auf und umarmte sie. In ihr Ohr flüsterte ich: »Ich bin froh, dass du mir damals nachgefahren bist.« Mit beiden Händen nahm ich Mias Gesicht. Setzte einen leichten Kuss auf ihre Stirn. Sah ihr in ihre wundervollen, leuchtenden, smaragdgrünen Augen. »Ich bin dir dankbar, dass du hier mit mir bist.«
    Mia lächelte. Gab mir einen Kuss auf die Lippen, dagegen hauchte sie: »Ich unterstütze dich, so weit ich kann. Und wenn du nur willst, dass ich mit dir zu deiner Mutter gehe. Ich bleibe an deiner Seite.« Sie gab mir einen weiteren Kuss. »Immer. Du bist der Grund, warum ich noch einmal gekämpft habe. Ohne dich wäre ich nicht mehr. Danke.«
    Sanft strich ich ihr über das kurze Haar. Sie trug keine Mütze. Sie stand dazu, dass es Tage gab, wo es ihr nicht gut ging. Mia schämte sich nicht mehr. Sie wuchs auch in diesem Jahr. Sie wurde stärker, als sie ohnehin schon war. Ich wusste es die gesamte Zeit, dass sie, wenn sie ein Ziel hatte, es packte. Das tat sie. Sie hatte die Krankheit abermals besiegt.
    Eine Ewigkeit war sie im Krankenhaus. Davon ließ man sie drei Wochen im Tiefschlaf. Danach hatte sie Schmerzen. Es war beinahe unmöglich, sie so sehen zu müssen. Dennoch war Mia tough. Sie wollte es schaffen. Sie biss die Zähne zusammen. Mit viel Leid und Rückschlägen. Aber sie hatte immer ihre Familie und mich an ihrer Seite. Ihr Ziel war klar. Mia plante genau, ein Jahr nachdem sie in das Leben zurückgeholt wurde, ihre Reise dort fortzusetzen, wo sie enden musste.
    Ich war so dermaßen stolz auf sie, dass sie es geschafft hatte. Nie wieder wollte ich sie loslassen.

Kapitel 55
    Mia – Neues Leben
    London, August 2013
    Ich war in Samuels Armen. Er ging nirgendwo hin. Er blieb bei mir. Er war die gesamte Zeit über an meiner Seite. Ich
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