Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennender Stahl (von Hassel)

Brennender Stahl (von Hassel)

Titel: Brennender Stahl (von Hassel)
Autoren: Peter Brendt
Vom Netzwerk:
auf die Zehenspitzen gerissen und segelte dann zusammen mit halb geleerten Biergläsern gegen die Rückwand der Kneipe.
    Einen Augenblick lang hing Stille im Raum, dann brach erneut lautes Gegröle aus. Hände schlugen dem Matrosenhauptgefreiten auf die Schultern, und er musste einige freundschaftliche Seitenhiebe einstecken. Braunert grinste träge und nickte den Kameraden zu, die begannen, die Wetteinsätze auszuzahlen. Er wusste, er würde seinen Anteil erhalten.Für einen Augenblick sah er dabei zu, wie die Stoppelhopser ihren Kameraden aus den Resten des Tisches befreiten. Der Mann sah nicht gut aus. Ein Auge begann bereits zuzuschwellen, und aus der aufgeplatzten Lippe lief Blut.
    Trotzdem! Braunert zuckte mit den Schultern. Wie konnte so ein Spatenpauli auch nur auf die Idee kommen, ausgerechnet hier in Bremen eine Schlägerei mit der Marine vom Zaum zu brechen? Der Seemann schüttelte den Kopf und betrachtete seine erste Geige etwas trübsinnig. Ein paar Blutspritzer verunzierten den blauen Stoff. Na ja, in der Dunkelheit würde man es wohl kaum sehen. Wieder zuckte Braunert mit den Achseln. Und ab morgen hieß es eh wieder: U-Bootpäckchen!
    Daniel Peters, Maschinengefreiter und damit der jüngste aus der Gruppe, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nahm einen Schluck von seinem Bier. Irgendwie schmeckte es schal. Spöttisch verzog er das Gesicht. Die Annehmlichkeiten des Hafenlebens! Na ja, immerhin war Bremen nicht Hamburg. Aber wie jede Hafenstadt hatte auch Bremen dunklen Ecken voller Amüsierschuppen, Bordelle und Seemannskneipen. Das, was eine Stadt, die ihre Seeleute liebte, eben den Männern nach wochenlanger Fahrt zu bieten hatte. Mochten die braven Bürger ihre Miene verziehen - auch das war ein Teil der Seefahrt. Der junge Mann verzog das Gesicht. Es war auch für ihn ein Teil der Seefahrt, ob er es mochte oder nicht.
    Wilhelm Hochhuth, der Elektro-Willi, wie er von der Crew genannt wurde, legte ihm die Hand auf die Schulter: »Beruhig dich, Daniel. Dat hier iss nich' dat Revier der Kettenhunde. Bis hierher trauen se sich dann doch nich.«
    Wieder erschien das spöttische Funkeln in Peters Augen: »Ich glaube nicht, dass die Kettenhunde überhaupt wissen, wo dieser Laden ist.« Sein Grinsen wurde breiter: »Kontrolliert ist er ja wohl kaum!«  Entspannt lehnte er sich zurück. Seine Angst vor den Feldjägern, den Kettenhunden, war jedenfalls nicht sehr groß. Dann machte er sich schon eher Gedanken über andere Gefahren.
    Auch der Elektro-Willi grinste wissend: »Falls de noch einen wegstecken willst, dann nicht hier.«
    »Und eine Perle klar wie Gold aus des Seemanns Pfeife rollt!« Peters nahm noch einen Schluck von seinem Bier und schmunzelte zufrieden: »Ne, Mann, alles zivil erledigt.«
    »Hast ne Freundin hier in Bremen?« Interessiert spitzte Hochhuth die Ohren. »Wo hast denn die aufgegabelt?«
    Peters schob seine Mütze etwas verwegener in die Stirn: »War nicht so schwer. Eine Schreibkraft aus der Werft. Kommt aus Franken und ist die Klapphose noch nicht gewöhnt.«
    Braunert schob sich an den Tisch und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Suchend sah er sich um. »Na, und was treibt ihr so?«
    »Zuschauen, wie du den Stoppelhopser vermöbelt hast.« Peters winkte der Bedienung. »War nicht schlecht, Rudi!«
    »Danke für die Blumen, Dani!« Missmutig betrachtete er seine zerschundenen Knöchel, »War aber völlig unnötig! Möchte wissen, was den geritten hat.«
    Die anderen zuckten mit den Schultern. Stoppelhopser, Spatenpaulis! Wer dachte darüber schon groß nach? Das war eine andere Welt.
    »Also, was nu?« Gelangweilt musterte Braunert einige Damen des offensichtlich ältesten Gewerbes der Welt. Auf jeden Fall sahen die Damen so aus, als seien sie schon sehr lange in diesem Gewerbe tätig. Nicht, dass er wirklich wählerisch gewesen wäre. Niemand ist sehr wählerisch, wenn er demnächst wieder Wochen zusammen mit knapp fünfzig Männern auf engstem Raum in einer stinkenden schimmligen Stahlröhre zubringen musste. Aber das hier war dann doch nicht das, wofür er seinen hart verdienten Sold springen lassen würde. Und viel war ja ohnehin nicht übrig, das wenige wollte weise investiert werden. Doch es war Krieg, da sollte man sich schon mal etwas gönnen; man wusste ja nie, ob es nicht das letzte Mal war. Er nahm eines der Gläser vom Tisch und kippte sich erst mal einen hinter die Binde. Dann blinzelte er unternehmungslustig in die Runde: »Na, dann! Wohin nu?«
     
    * *
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher