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Brenda Joyce

Brenda Joyce

Titel: Brenda Joyce
Autoren: Deadly 01 - Lügen
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politisch durchsetzen?«
    Francesca fragte sich, ob sich Bragg wohl auf ihre Kosten
amüsierte.
    »Sowohl als auch, wie ich hoffe. Da wir nun einen ehrlichen und
entschlossenen Bürgermeister haben, der dem Reformismus offen gegenübersteht, sind meine Hoffnungen niemals größer
gewesen.« Sie lächelte kurz, aber es war ein sprödes Lächeln, so empfand sie es
zumindest. »Commissioner Bragg, es gibt immer einen Weg, um ein löbliches Ziel
zu erreichen.«
    Er schwieg für einen Moment. »Ich bewundere Ihren Enthusiasmus«,
sagte er dann und ruinierte das Kompliment gleich darauf wieder mit den Worten:
»Wie alt sind Sie, Miss Cahill?«
    Ihre Anspannung nahm wieder zu.
»Was hat mein Alter mit meinen Vorstellungen zu tun? Ich bin kein Kind mehr.«
    »Die Jugend hat einen Hang zum
Optimismus«, erklärte er nüchtern. »Nicht zum Realismus.«
    Damit hatte er Francesca einen Rüffel erteilt, den auszusprechen
einem Gentleman nicht zustand, und so vermochte sie sich genauso wenig davon
abzuhalten, ihn zu fragen: »Und sind Sie denn etwa schon ein älterer Herr?«
    Er
schmunzelte.
    Sie wollte ihn gerade darauf hinweisen, dass
im Laufe der Geschichte die größten Fortschritte der Menschheit immer von den
Jungen und Ruhelosen herbeigeführt worden waren, als ihr Vater ihren Arm
ergriff. »Der Commissioner hat natürlich Recht. Aber es ist in der Tat der
Enthusiasmus der Jugend, der die Gesellschaft dazu bringt, sich mit bestimmten
Themen auseinander zu setzen und letztlich die beste aller Lösungen zu
finden.« Er küsste seine Tochter auf die Wange. »Auch wenn ich euch beiden
gern noch den ganzen Abend beim Debattieren zuhören würde, so muss ich Bragg
nun doch den anderen Gästen vorstellen. Ich wünsche dir einen schönen Abend,
Herzchen.«
    »Vielen Dank, Papa.« Francesca brachte es fertig, ihn anzulächeln,
und blickte dann erneut zu Bragg hinüber.
    Es war unmöglich, an seinen Augen abzulesen, was er dachte, als
er ihr höflich zunickte. Zu höflich, dachte Francesca, ganz so, als hätten sie
nicht gerade einen überaus faszinierenden Meinungsaustausch gehabt. Als Bragg
an der Seite ihres Vaters davonschritt, blieb
Francesca wie angewurzelt stehen und
blickte den beiden Männern nach.
    Was hatte sie sich nur dabei gedacht, mit einem solchen Mann zu
debattieren? Und warum hatte sie sich aufgeführt, als sei sie ihm feindlich gesonnen? Das war doch ganz und gar nicht ihre Absicht gewesen.
    Ob er sie wohl für sonderbar hielt? Für eine Närrin? Oder
respektierte er zumindest, dass sie einen klugen Kopf besaß? Hatte er überhaupt
bemerkt, dass sie blond war, blaue Augen hatte und eine ausgesprochen hübsch
geformte Nase besaß?
    Francesca schloss die Augen und ging die
Unterhaltung in Gedanken noch einmal durch. Hatte sie ihm zu hart zugesetzt?
Hielt er sie womöglich für allzu freimütig? Unverschämt
gar?
    Und warum
um alles in der Welt sollte sie das überhaupt kümmern?
    Francesca öffnete die Augen wieder und stellte fest, dass sie
allein inmitten einer lebhaften Gästeschar stand, die sich in Festtagsstimmung
befand. Schlimmer noch, von der gegenüberliegenden Seite des Empfangszimmers
aus lächelte ihr Wiley zu. Das war mehr, als sie zu ertragen vermochte.
    Sie flüchtete über den Korridor, wobei sie in
ihrer Hast einen der Gäste streifte. Mit einer gemurmelten Entschuldigung
schlüpfte sie in die Bibliothek ihres Vaters und schlug die Tür hinter sich zu. Endlich allein!
    Einen Moment
lang vermochte sie sich nicht zu rühren, während sie mit dem Rücken gegen die
beiden riesigen Eichentüren gelehnt verharrte und nach Atem rang. Aber mit
jedem tiefen Atemzug, den sie tat, entspannte sie sich zusehends. Was war nur
los mit ihr? Sie schüttelte den Kopf, als
könne sie dadurch wieder zur Besinnung kommen. Sie vermochte einfach nicht zu
begreifen, was soeben geschehen war. Noch immer beherrschte sie ein Gefühl der
Verwirrung.
    Sie seufzte und blickte sich um. Die
Bibliothek ihres Vaters war ihr der liebste Platz auf der ganzen Welt. Eine
golden gewirkte, mit ländlichen Szenen bemalte Tapete bedeckte die Wände und
die Fensterscheiben waren aus Buntglas. In dem riesigen Kamin mit der
wundervollen, geschnitzten Mahagoni-Einfassung prasselte ein Feuer. Francesca
ging hinüber zu dem mächtigen Schreibtisch ihres Vaters und ließ sich in den
dahinter stehenden Sessel plumpsen. Sie fühlte sich erschöpft und ausgelaugt.
    Sie starrte auf die Schreibtischplatte, ohne dabei wirklich die
Papiere und Bücher
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