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Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Crossan
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bleiben?«
    Das ist der Startschuss. Wir beginnen zu debattieren. Wir blecken die Zähne und werden immer lauter. Bald zeigen die ersten Kandidaten Schwächen und fliegen raus. Weitere folgen. Und am Ende der Stunde sind nur noch zwei übrig: Quinn und ich.
    »Von welcher Art Fortschritt sprichst du eigentlich?«, frage ich. »Sind wir etwa glücklicher als die Menschen vor dem Umschwung?«
    Quinn neigt den Kopf und mustert mich prüfend. Wir sitzen einander gegenüber, nur der Tisch ist zwischen uns. Quinns Finger zucken. Dann wirft er einen kurzen Seitenblick auf den Professor.
    »Aber Fortschritt und Glück sind doch nicht dasselbe. Uns stehen mittlerweile viel ausgeklügeltere Technologien zur Verfügung als vor dem Switch, denn der Verlust der Bäume hat uns gezwungen, die technische Entwicklung voranzutreiben«, erwidert Quinn.
    Er sieht mich jetzt fast entschuldigend an, weil er sich eigentlich gar nicht mit mir streiten will, das weiß ich. Als wir die Ergebnisse des Eingangstests bekommen und erfahren haben, dass man uns in dieselbe Diskussionsrunde eingeteilt hatte, wollte Quinn seine Teilnahme sofort absagen. Ich konnte ihn nur mit Mühe überreden, doch mitzumachen.
    »Ich habe nicht behauptet, dass Fortschritt und Glück dasselbe sind. Ich habe nur gefragt, wie wir Fortschritt definieren.« Ich mache eine Pause, um Quinn Gelegenheitfür eine Erwiderung zu geben, aber er sagt nichts. Er zuckt einfach nur die Achseln und wirkt fast so, als gäbe er sich geschlagen, obwohl er mit Sicherheit eine Antwort parat hat. Aber ich will nicht, dass er mich gewinnen lässt. Ich will ihn zu einer Erwiderung drängen, doch bevor ich dazu komme, ertönt der Gong und Quinn stößt einen Seufzer der Erleichterung aus. Und dann lächelt er, nicht eingebildet oder selbstgefällig, sondern anerkennend. Ich lächele zurück.
    »Ich bedanke mich bei den Kandidaten«, sagt der Professor, der bereits seine Sachen zusammenräumt. »Zu gegebener Zeit werden Sie Nachricht auf Ihrem Pad erhalten.«
    Vor dem Institut nimmt Quinn meine Hände, schaut mir in die Augen und sagt: »Du hast es geschafft, Bea! Du warst mit Abstand die Beste! Wahnsinn, so hartnäckig und knallhart. So wie du eigentlich überhaupt nicht bist. Ich sehe schon das Tattoo auf deinem Ohrläppchen!«
    Er umarmt mich und ich lächle  – weil er mich umarmt und weil ich glaube, dass er recht hat: Ich habe wirklich perfekt argumentiert.
    »Und? Hast du jetzt endlich wieder Zeit, mit mir rumzuhängen?«, fragt er.
    Tatsächlich habe ich Quinn während der Vorbereitung auf die Diskussion deutlich seltener gesehen als sonst, wo wir eigentlich rund um die Uhr zusammenkleben.
    »Klar, was meinst du, wie ich mich darauf freue!«
    »Super. Weil ich nämlich einen coolen Plan für uns beide habe: einen Camping-Trip nach draußen, raus aus der Kuppel. Dreitägig. Was hältst du davon? Wir haben ja demnächst ein paar Tage frei.«
    »Meinst du das ernst?«
    »Klar, muss zwar vorher noch ein paar Dinge besorgen, aber ich denke, wir könnten Sonntag aufbrechen. Samstag geht noch nicht, da hab ich ein Fußballspiel. Na ja, und vorausgesetzt natürlich, deine Eltern lassen dich.«
    »Wahnsinn! Klar, ich frage sofort. Allerdings … hm …«
    »Was?« Quinn tritt noch näher an mich heran und streicht sich dabei die Haare aus dem Gesicht.
    »Montagabend ist dieser Scheinprozess. Und ich bin die führende Anwältin der Verteidigung.«
    »Ach, Mist, stimmt.« Er beißt sich auf die Unterlippe.
    »Ich würd echt gern mit dir campen gehen, aber ich bereite mich schon seit Ewigkeiten auf diesen Prozess vor …«
    »Mach dir keinen Kopf. Das ist wichtig für dich.« Quinn steckt seine Hände in die Hosentaschen und wippt nachdenklich vor und zurück. »Weißt du was? Ich lass einfach das Spiel sausen und wir brechen schon Samstagmorgen auf. Ich erzähl dem Trainer was von einem Familienausflug.« Er blickt auf und nickt.
    »Nein, auf keinen Fall«, widerspreche ich. »Du liebst doch die Samstagsspiele.« Und ich liebe es, ihm dabei zuzuschauen.
    »Ach, Quatsch. Ich will mal wieder raus aus der Kuppel. Und wir brauchen jetzt Zeit zusammen, um zu überlegen,wie’s bei dir weitergehen soll – jetzt, wo du zum Premium aufsteigst.« Wieder fasst er mich an den Händen und wir schwingen gemeinsam hin und her, wie man es manchmal in alten Schwarz-Weiß-Filmen sieht. »Du wirst nur so durch die Gegend schweben, Bea, wie auf Wolken.«
    Eine Frau, die ihren Kinderwagen an uns vorbeischiebt,
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