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Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Crossan
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Wahrheit! Kann man draußen atmen?«; »Der Präsident erwürgt ihn ja! Tut doch jemand was!«; »Er ist doch noch ein Kind! Helft ihm!«
    Das Ordnungspersonal, das als eine Art menschliche Mauer die Bühne abschirmt, zückt jetzt die Schlagstöcke.
    »So, es reicht! Ich geh da jetzt hin!«, rufe ich laut. Aber ich kann meine Augen nicht vom Bildschirm abwenden.
    Der Präsident schlägt auf Quinn ein, bis ein paar Ordner gemeinsam vorrücken und ihn wieder auf die Füße stellen. Da klopft sich der Präsident seinen Anzug ab und schaut direkt in die Kamera.
    »Alles Lügen«, keucht er. »Quinn Caffrey wird wegenAnstiftung zur öffentlichen Unruhe bestraft, genauso wie jeder andere, der hier zur Gewalt aufruft.«
    Aber die Menge ist bereits wie entfesselt, und als der Präsident, nachdem er seine Beherrschung einigermaßen wiedergewonnen hat, noch etwas hinzufügen will, bewerfen sie ihn wieder und singen: »Freiheit! Freiheit! Freiheit!«
    Und genau in diesem Moment erkenne ich meine Eltern. »Weg mit euch! Was macht ihr denn da noch?«, schreie ich.
    Während die Ordner versuchen, die Sachenwerfer zu überwältigen, gelingt es meinen Eltern, an ihnen vorbeizuhuschen und zusammen mit etlichen anderen die Bühne zu stürmen.
    Als mein Vater dicht genug am Präsidenten dran ist, macht er einen Riesensatz auf ihn zu und haut ihm seine Faust direkt aufs Kinn. Cain Knavery sinkt zu Boden und die Menschenmenge schnappt einen Augenblick kollektiv nach Luft. Aber dann bricht das Tosen los: Man hört nur noch Buhrufe und Protestgebrüll und sieht jede Menge geballter, hochgereckter Fäuste. Was mein Vater sich getraut hat, fühlt sich für viele an wie ein Befreiungsschlag, wie ein süßer Triumph. Besonders für die Seconds, die ihr Leben lang nur gekuscht haben.
    Doch so leicht ist der Präsident nicht zu besiegen. Zwar liegt er mit blutender Nase ausgestreckt am Boden, aber er braucht nur einen Finger zu heben, und sofort strömen weitere Ordnungskräfte aus dem hinteren Bühnenbereich nach vorn, schwärmen aus und prügeln mit ihren Schlagstöcken auf die Zuschauer ein. Ein Ordnertrifft eine Frau seitlich am Kopf, woraufhin diese zusammensackt wie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hat. Einige der Leute treten den Rückzug an, doch die meisten  – inklusive meiner Eltern  – bleiben, wo sie sind.
    Offenbar ist es nicht gelungen, Quinns Mikro auszuschalten, und so hört man ihn weiterbrüllen: »Kämpft für das Recht zu atmen. Es gibt ein Leben außerhalb der Kuppel! Und Bäume gibt es auch. Wir könnten draußen existieren! Wir …«
    Er hält inne, weil etwas ihn ablenkt: Der Präsident ist wieder auf den Beinen. Und er hat eine Pistole auf die Menschenmenge gerichtet. Nein, nicht wirklich auf die Menge. Er lächelt. Mein Magen krampft sich zusammen und ich strecke meine Hand nach dem Bildschirm aus.
    »Nein!«, schreie ich, kurz bevor ein Schuss die vorübergehende Stille zerschneidet. Meine Mutter liegt in einer Blutlache am Boden. Entsetzt starrt mein Vater sie an und schnellt dann zum Präsidenten herum, als ein weiterer ohrenbetäubender Knall alle Hoffnung jäh zerstört. Auch mein Vater bricht blutüberströmt zusammen.
    Quinn beginnt, wild mit den Armen zu rudern und um sich zu schlagen, aber die Ordner haben ihn fest im Griff und ziehen ihn schließlich von der Bühne, außer Sichtweite.
    Jetzt gibt es kein Halten mehr. Die aufgebrachte Menge stürmt drohend auf den Präsidenten zu und die prügelnden Ordnungskräfte sind nicht in der Lage, sie aufzuhalten.
    Meine Eltern sind in dem Gedränge nicht mehr zu sehen. Ich sinke fassungslos auf die Knie, während ein endloser, gellender Schrei alle anderen Geräusche auf der Welt übertönt – ein Schrei, den ich, wie ich irgendwann realisiere, selber ausstoße.

ALINA
    Die Soldaten rücken aus allen Richtungen zum Stadion vor. Und hinter ihnen walzen etwa zwanzig Panzer über die Schuttberge der Stadt. Mein Instinkt rät mir, die Beine in die Hand zu nehmen und zu rennen. Nicht zu kämpfen.
    »Worauf wartest du noch?«, brüllt Silas, während er bereits die ersten Schüsse abgibt.
    Also spähe ich durch den Sucher und picke mir meinen ersten Soldaten heraus. Mein erster Mord. Mir ist kotzübel, mein Magen dreht sich um. Wenn ich etwas gegessen hätte, würde ich mich wahrscheinlich sofort wieder übergeben. Silas hockt neben mir und feuert drauflos, ohne mit der Wimper zu zucken. Er gibt dabei fast tierische Grunzlaute von sich. Dorian liegt auf
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