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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News
Autoren: Frank Schätzing
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Den Präsidenten zu ermorden. Seine Gouverneure. Den Oberkommandierenden der ISAF ! Das Kabul Hilton anzugreifen. Erlangen die Taliban erst mal die Hoheit über die Prime Time, haben sie im Prinzip gewonnen. Und die ISAF , dieser muskelbepackte Koloss in all seiner Ohnmacht, kann nach Hause wanken.
    »Du weißt nicht zufällig, was sie gerade planen?«
    Husain sieht ihn an. Hebt die Brauen.
    »Ich frag ja nur.«

    »Mann, Tom! Ich handele mit Informationen, nicht mit Menschenleben.«
    Schön gesagt.
    »Aber sie planen irgendetwas ?«
    »Ich weiß, dass sie alle Energie auf eine große Offensive richten. Mullah Omar selbst hat die Sache in die Hand genommen. Währenddessen wollen sie Ruhe halten. Nichts gefährden. Sich nicht in Nebenkriegsschauplätzen verlieren.«
    »Vielleicht auch ein bisschen den Erschöpften spielen?«
    »Auch das, ja.«
    Hagen versteht. Plötzlich liegt alles offen vor ihm. »Und da, unpassend wie Herpes, sacken ein paar Bauernsöhne im Hinterland von Kunduz drei Entwicklungshelfer ein.«
    »Das Ende der Erntezeit. Du hast es erfasst.«
    Die Ernte endet.
    Die Armut nicht.
    Also kämpfen die Bauern jetzt für die ortsansässigen Taliban und verdienen sich ein paar Afghani dazu. Nichts Ideologisches. Es geht rein ums Überleben. Die ISAF kennt das. Immer nach der Ernte schießt die Zahl der Anschläge in die Höhe. Und die Bauernlümmel in Aqli Bur denken natürlich, drei Geiseln bringen gutes Geld, wenn sie sie an die Gotteskrieger verkaufen, und sperren sie fürs Erste in den Ziegenstall.
    »Aber die Quetta Shura kauft gerade nicht.«
    »Nein.«
    Denn Geiselnahmen sind Spekulationsgeschäfte. Ebenso Angebot und Nachfrage unterworfen wie Südfrüchte, Rohstahl oder Wertpapiere. Manche Entführungen werden von ganz oben organisiert, oft aber stecken einfach nur verzweifelte Bauernfamilien dahinter oder schlicht Kriminelle. Sie verhökern die Geiseln an lokale Taliban, die verkaufen sie weiter, bis sie schließlich bei den professionellen Netzwerken landen. Entscheidend ist der Marktwert. Wie viele Millionen Dollar, inhaftierte Mudschaheddin, politische Zugeständnisse bekommt man für eine Geisel? Wie hoch ist der Druck der Medien auf ihre Regierung oder jeweilige Organisation, sie freizukaufen? Welchen Propagandaeffekt hat es, ihr vor laufender Kamera den Kopf abzuschneiden?
    Heal Afghanistan kann keinen Marktwert geltend machen. Eine unbedeutende NGO mit Sitz in Aachen ohne medialen Einfluss, ohne Lobby, ohne Geld. Das Auswärtige Amt würde sie am liebsten vergessen. Hauptsache, nicht über sie reden. Und solange keine Forderung eingeht, muss man das ja auch nicht.

    »Ein paar Tage haben die drei im Stall gehockt und den Bauern die Haare vom Kopf gefressen, bis sich ein Grüppchen Gotteskrieger erbarmte und sie übernahm. Untere Chargen, Provinzkrieger. Die Bauern waren froh, die Typen los zu sein, die neuen Besitzer bildeten sich ein, mit den Geiseln Ehre zu erlangen. Sie dachten, die Netzwerke würden sie mit Kusshand nehmen.«
    »Falsch gedacht.«
    »Ganz falsch. Erstens hatten sie minderwertige Ware eingekauft, zweitens hustet ihnen die Quetta Shura was, weil Geiselnahmen gerade nicht erwünscht sind.«
    »Und wo stecken sie jetzt?«
    »Sind etliche Male umgezogen. Seit letzter Woche hängen sie in einem Gehöft fest, irgendwo in den Bergen.«
    »Hochgebirge?«
    »Eher so was wie die afghanische Toskana.«
    »Das könnte überall sein.«
    »Mein Kontakt sprach von besiedeltem Gebiet. Auf dem Gelände eines Clanchefs, der mit den Taliban sympathisiert. Keine Ahnung, wo genau.«
    Hagen streicht sich über den Schädel.
    »Die Stimmung dort dürfte nicht gerade zum Besten sein.«
    »Nein. Sie haben sich drei Ladenhüter eingefangen. Müssen sie füttern, am Leben halten. Noch hoffen sie, dass die Quetta Shura einlenkt und sie ihnen abkauft.«
    Was erklärt, warum bislang keine Forderung eingegangen ist. Übernähme die Quetta Shura die Geiseln, wäre es an ihr, Forderungen zu stellen. Tut sie es nicht, muss die Gruppe, die sie jetzt am Bein hat, sich was anderes überlegen. Ob die oberste Führung ihr gestatten wird, die Sache im Alleingang durchzuziehen, ist fraglich, solange die Devise lautet, nicht am Schlaf der Welt zu rühren.
    Drei Geiseln, nach denen kein Hahn kräht. Nicht in Deutschland, nicht am Hindukusch. Was für ein Schicksal.
    Eine quietschgelbe Autorikscha hält wie besessen auf sie zu, hupt. Husain geht ohne Hast zur Seite, Hagen, in Gedanken, bringt sich mit einem Sprung in
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