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Breakfast on Pluto

Breakfast on Pluto

Titel: Breakfast on Pluto
Autoren: Patrick McCabe
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konnte – damit sie aus dem Weg geschafft waren. Darin stimmte er mit ihr überein. Je mehr vorbesprochen war, desto leichter würde es sein, wenn sie ernstlich an die Planung gingen. Eine Zeitlang schaltete sich Sandras Mutter ein, wenn sie darüber redeten; am Ende teilte sie sogar Pats Meinung zu Gene Stuart – der völlig unvermittelt immer wieder Thema wurde, wie ein Schachtelteufelchen!
    »Ich begreife einfach nicht, was unsere Sandra an dem findet!« sagte sie und legte die Hand um den blaugestreiften Becher. »Ach, werdet ihr zwei wohl endlich…« zischelte Sandra, und einen Augenblick lang befürchtete Pat, sie würde in Wut geraten. Aber ihr Zorn verflog, und als es auf drei zuging, hatten sie sich so lange umarmt, daß Pat dachte, er müßte etwas unternehmen, sonst wäre er noch am anderen Morgen da. Und das würde sich gar nicht gut machen in der geruhsamen, gesetzestreuen Stadt Dunkeerin! So zupfte er seine Sachen zurecht, besonders sein Hemd von Ben Sherman, hüstelte und sagte: »Ich glaube, ich mach mich jetzt mal lieber auf die Socken, Kleines. Sonst komme ich gar nicht mehr heim.«
    Bei der Tür, im Licht der Diele, gab Sandra ihm einen letzten Kuß und sagte, wie sehr sie, zum einen, den Abend genossen habe und wie sehr sie sich, zum zweiten, auf die Hochzeit freue.
    Pat mußte lächeln, als er daran dachte. Auf dem Nachhauseweg hörte er Radio und versuchte die Augen offenzuhalten, was ihm nicht leichtfiel. Aber bis nach Hause würde er es schon schaffen, das wußte er. Als er die Platanenallee entlangbrauste, von den Einwohnern Tyreelins nach Ausbruch des Krieges »Gebetsschnur« getauft, weil dort mehrere Menschen überfallen und ermordet worden waren, dachte er nicht weiter darüber nach. Er war schon so oft hier entlanggefahren, daß es ihm gar nicht einfiel, sich Gedanken zu machen. Nicht einmal dann, als er sah, wie vor ihm im Dunkel eine Lampe hin und her geschwenkt wurde, denn vermutlich waren es Soldaten des Ulster Defence Regiment, die ihm vielleicht einigen Verdruß bereiten, ihn aber allenfalls ein paar Minuten aufhalten würden.
    Doch es war nicht die UDR. Auch wenn die Männer Uniform trugen. Das diente lediglich dazu, Autofahrer wie Pat zu täuschen. Pat wußte gar nicht, wie ihm geschah, bis sie ihm mit einem Kreuzschlüssel kräftig eins über die Birne gaben.
    Er hatte keinen blassen Schimmer, wie lange er wach gelegen hatte. Das Problem war, daß er andauernd zu sich kam und wieder ohnmächtig wurde. Wo genau die Garage sich befand – wenn es denn eine Garage war –, hätte er nicht zu sagen gewußt, aber er ahnte, daß sie meilenweit von der Stelle entfernt war, wo man ihn aufgelesen hatte. Er wünschte, sie würden endlich tun, was sie, das wußte er, am Ende ohnehin tun würden, denn es war klar wie der Tag, daß er Sandra nie wiedersehen würde. Was denen natürlich nur recht war, weil es ihnen nicht gefiel, daß er mit Protestanten – oder, wie sie sich ausdrückten, mit »ihresgleichen« – verkehrte. Nachdem sie ihn mit einem Eimer kalten Wassers zur Besinnung gebracht hatten, sagten sie, es wäre ihnen egal, ob er mit »Papistinnen« oder mit »kreischenden katholischen Hexen« vögelte, aber wenn es um reinliche, gottesfürchtige protestantische Damen ging, konnten sie nicht ruhig bleiben und zulassen, daß katholische Pimmel das Gift Roms in ihren unbefleckten, makellosen Scheiden verspritzten. Das gehörte sich einfach nicht. Es gehörte sich nicht, sagten sie. Pat wußte nicht, wer als erster auf den Gedanken verfiel, ihn mit einem Meißel zu bearbeiten. Von allen Foltermethoden fand er diese am schlimmsten. Er wurde zu einem soliden Fleischklotz, einer Skulptur, an der sie mit offenbar unendlicher Geduld herumhämmerten. Wie viele Wunden – zentimetertiefe Kerben – waren seinem Körper zugefügt worden, bis sie der Sache müde wurden? An die dreihundert. Dann zückten sie die Messer – zuerst ein zwanzig Zentimeter langes –, mit denen sie auf seinem Rücken Linien zogen, parallele Furchen.
    Auf dem tragbaren Schwarzweißfernseher gab es einen Film, den sie sich ansahen, bis er das Bewußtsein verlor. Er hieß Ein schöner Tag für Bonzo. In den wenigen flüchtigen Augenblicken, in denen er bei klarem Bewußtsein war, gelang es Pat, sich auf seinen Namen zu besinnen, und er stellte sich vor, wie er mit den Kindern und dem Hund über die saftigen Wiesen einer englischen Hügellandschaft lief. In den letzten kurzen Sekunden, ehe er spürte, wie man ihm
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