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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi
Autoren: Brigitte Riebe
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ab, die ihre Augen netzten, sobald sie daran dachte.
    Die Nonnen hatten Chiara in den Sarg gebettet, eine Abschrift des Armutsprivilegs auf der Brust, ohne die sie diese Welt nicht hatte verlassen wollen. An ihrer Seite waren zwei alte Gefährten Francescos, die die Kunde von ihrem Tod an ihr Lager gerufen hatte.
    Unter das päpstliche Privileg freilich hatte Chiara in einem unbeachteten Augenblick mit eigenen Händen noch etwas anderes geschoben: ein Pergament, zusammengesetzt aus mehreren Teilstücken, mit einem halb verkohlten C. am Schluss. Zusammen mit der Toten sollte das Schriftstück ewige Ruhe finden.

    Leo begann sich in der Bettstatt zu bewegen. Seine Hände suchten nach Stella – und fanden doch nur Leere.
    »Stella?«, hörte sie ihn murmeln.

    Ihr Herz begann schneller zu schlagen wie jedes Mal, wenn sie ihren Namen aus seinem Mund hörte. Würde sie bald sein Kind tragen? Ilaria hatte ihre Zwillinge bereits zur Welt gebracht. In vielen Nächten träumte Stella von der Mutterschaft.
    Leo war kein Herr, wie sein toter Bruder es gewesen war: hochmütig und hart, der Not seiner Bauern gegenüber rücksichtslos. Leo hörte genau zu, erteilte Rat – aber er konnte auch ein strenges Urteil fällen, sobald jemand ihn anlog oder versuchte, ihn zu betrügen. Ein Teil von ihm würde stets Mönch bleiben – und darum liebte sie ihn nur umso mehr.
    »Stella!« Die Stimme vom Bett wurde dringlicher. »Stella – bist du da?«
    »Ja, Leo«, sagte sie, ließ den Umhang fallen und kroch wieder unter die wärmende Fuchsdecke zu ihm ins Bett. »Solange du atmest – ich werde da sein. Aber jetzt musst du erst einmal meine Zunge und mein Ohr sein, versprochen? «

Historisches Nachwort
    F ranziskanien«, so könnte man Umbrien, das grüne Herz Italiens, fast nennen, denn der heilige Franziskus erfreut sich seit mehr als 700 Jahren ständig wachsender Popularität. Wie kaum ein anderer Heiliger der katholischen Kirche vereinigt er unter seinen Bewunderern, was sonst kaum unter einen Hut zu bringen ist: Gläubige und Agnostiker, Junge und Alte, Frauen und Männer, Esoteriker und solche, die dogmatisch an der katholischen Lehre festhalten. Er ist nicht nur der Patron von Italien und Assisi, sondern auch der Armen, Lahmen, Blinden, Strafgefangenen und Schiffsbrüchigen, der Weber, Tuchhändler, Schneider und Sozialarbeiter. In Pestzeiten wurde er verstärkt angerufen. Oft wird er umgeben von Tieren abgebildet, die er sehr liebte und denen er erstmals im Mittelalter eine eigene Stimme gab. Andere Darstellungen zeigen ihn mit den Wundmalen Jesu, die er als Erster empfing. Inzwischen hat sich in seiner früheren Heimat ein regelrechter Franziskus-Tourismus entwickelt, der schon bald ähnliche Formen wie die Frequentierung des Jakobswegs annehmen könnte: Reisende und Pilger fahren, wandern oder radeln in allen nur denkbaren Preisklassen auf den Spuren des Heiligen, um seiner Aura nah zu sein.
    Ein Heiliger – ein Phänomen?
    Franziskus vereinigt so viele Gegensätze in sich, dass einem schwindelig werden könnte. Einerseits erscheint er
so nah, so warm, so unmittelbar und in seiner Menschen-und Tierliebe geradezu modern, dass man ihn als einen der Unsrigen betrachten möchte, dann aber wieder ist er in seinen Ansichten und seinem Verhalten so radikal mit sich selbst und gegenüber anderen, dass man Angst bekommen könnte. Einer, der mit allem bricht, um zu neuen Ufern aufzubrechen. Einer, der alles hinter sich lässt, um alles zu gewinnen.
    Erschöpft sich damit unser Wissen von Francesco?
    Wer war dieser Mann?
    Giovanni Battista wurde um 1181 als Stammhalter des reichen Tuchgroßhändlers Pietro Bernardone dei Moriconi und seiner Frau Pica Bourlemont in Assisi geboren. Der Vater, der oft in Frankreich geschäftlich unterwegs war, nannte seinen Sprössling von klein auf Francesco – und dabei blieb es auch. Der Reichtum seines Elternhauses sorgte für eine unbeschwerte Jugend in Wohlstand. Francesco lernte Lesen, Schreiben und etwas Latein in der Schule der Pfarrei San Giorgio, und der Vater ging davon aus, dass der Sohn eines Tages beruflich in seine Fußstapfen treten würde. Der Junge entpuppte sich als freundlicher, stets zu Scherzen aufgelegter Faulpelz, der wenig davon hielt, seinen Kopf übermäßig zu strapazieren. Das steigerte sich, als er heranwuchs: Mit dem väterlichen Geld hielt er seine Kumpane bei ausgelassenen Festen frei, trank, spielte und hurte – ein echter Playboy, wie man heute sagen würde.
    Im
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