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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi
Autoren: Brigitte Riebe
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November 1202 zog er mit vielen anderen Altersgenossen (als Vertreter des staufischen Lagers) in einen Krieg gegen Perugia (welfisches Lager), in dem Assisi unterlag. Francesco wurde mit den anderen wohlhabenden Söhnen unter erbärmlichen Bedingungen eingekerkert und kam
erst 1204 gegen eine hohe Lösegeldzahlung seines Vaters wieder frei. Sein Jugendtraum, Ritter zu werden, war erschüttert; Gesundheit und Lebenskraft waren schwer angegriffen. Dennoch machte Francesco sich 1205 noch einmal mit Pferd und Rüstung auf den Weg nach Apulien, um sich Walter III. von Brienne anzuschließen, der für den Papst kämpfen wollte, kehrte aber bereits auf dem Weg dorthin um. Die Legende erklärt dieses Verhalten mit einem Traum, der ihn dazu aufforderte, nicht dem »Knecht« (also dem Papst), sondern lieber gleich dem »Herrn« (also Gott) zu dienen.
    Er wurde »wunderlich«, so seine Umgebung, mied die ausgelassenen Feste und unternahm wohl noch um 1205 eine Wallfahrt nach Rom, auf der er unterwegs die Kleider mit einem Bettler tauschte, um das Leben in vollkommener Armut auszuprobieren. Im gleichen Jahr fühlte sich Francesco beim Gebet in San Damiano von der Kreuzikone persönlich angesprochen: »Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du sieht, ganz und gar in Verfall gerät! «
    Francesco erbettelte Baumaterial und begann, die kleine romanische Kirche eigenhändig wiederherzustellen. Dazu stahl er auch unbekümmert Waren und Geld aus dem väterlichen Lager. Der Konflikt mit dem Vater eskalierte, bis Pietro schließlich im Frühling 1206 eine Gerichtsverhandlung gegen seinen Sohn anstrengte. Auf dem Domplatz entkleidete Francesco sich öffentlich, worauf ihn der Bischof eiligst mit seinem Mantel bedeckte, um keinen noch größeren Skandal hervorzurufen. Francesco sagte sich von Pietro los; ab jetzt sei der Vater im Himmel sein einziger Vater. Danach lebte er außerhalb Assisis als Einsiedler, ging von Haus zu Haus und bettelte, um nicht zu verhungern. Die selbst gewählte Armut nannte er – in Anspielung
auf den Minnesang – »seine Herrin«. Außerdem kümmerte er sich um die Pflege der Aussätzigen, die außerhalb der Stadtmauern leben mussten.
    1208 wurde eine Textstelle des Matthäus-Evangeliums für ihn zur Offenbarung: »Geht aber und predigt … Ihr sollt weder Geld noch Silber noch Kupfer in euren Gürteln haben, auch keine Reisetasche, auch nicht zwei Hemden, keine Schuhe, keinen Stecken …« (Matth. 10,7 – 10). Gemäß dieser Bibelworte kleidete Francesco sich in eine einfache Kutte, die nur ein Strick hielt (bis heute erhalten und in der Tat sehr eindrucksvoll). Er lehnte den Besitz von Geld strikt ab und ging nach Möglichkeit barfuß (und das in Umbrien, das jede Menge »Wetter« hat!).
    Bald schon scharten sich die ersten Gefährten um ihn. Der reiche Adelige Bernardo und der Rechtsgelehrte Pietro lebten mit ihm zusammen in einer Hütte im Rieti-Tal. Wenig später übergab der Abt der Benediktinerabtei am Monte Subasio den Brüdern das Kirchlein Portiuncula, in dessen Nachbarschaft sie einfache Reisighütten errichteten, um darin zu leben.
    1209 ging Francesco mit seinen inzwischen zwölf Gefährten (nach dem Beispiel Jesu) nach Rom, um von Papst Innozenz III. die Anerkennung der Lebensweise ihrer kleinen Gemeinschaft zu erhalten – so steht es jedenfalls in vielen Büchern geschrieben. Die Wahrheit dürfte ein wenig anders ausgesehen haben: Menschen, die sich so radikal von der Gesellschaft abwandten wie Francesco, konnten schnell als Verrückte oder Häretiker betrachtet werden, mit denen man lieber kurzen Prozess machte. Doch gelang es Francesco, den Papst für sich einzunehmen – oder, wie ich es sehe, Innozenz III. war klug genug, diesen charismatischen jungen Mann nicht aus der Kirche auszuschließen. Er gewährte ihm die erste franziskanische
Regel, die regula primitiva , die allerdings nicht erhalten ist.
    Die Brüder durften also nach 1210 dieser Regel gemäß in Armut leben und Buße predigen, wenngleich es erst 1215 zu einer schriftlichen Zustimmung kam. Diese war wichtig, denn mit ihr waren die Brüder nicht mehr an die engen Mauern eines Klosters gebunden!
    1219 reiste Francesco als Missionar nach Palästina, um sich dem Kreuzfahrerheer anzuschließen. Er predigte u. a. in Ägypten, aber sein Gesundheitszustand verschlimmerte sich seit dieser Reise rapide, vor allem zog er sich eine Augeninfektion zu, die nie mehr heilen sollte. Während seiner Abwesenheit kam es zu großen
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