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Brann 02 - Blaue Magie

Brann 02 - Blaue Magie

Titel: Brann 02 - Blaue Magie
Autoren: Jo Clayton
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wohler zumute, und fast im Handumdrehen fand sie in der morschen Wurzelgabelung eines vom Blitz zerschmetterten Baums einen Tümpel klaren Wassers. Sie trank, wusch die verletzte Hand, dann machte sie sich längs des Berghangs auf den Weg; sie hielt sich den morgendlichen Wind im Gesicht, weil er, soweit sie es feststellen konnte, aus Nordosten wehte, und dort wollte sie hin.
    Den ganzen Morgen hindurch wanderte sie in einer Verfassung wachsenden Unwohlseins und zunehmender Benommenheit durchs Land, während sich die Erkältung verschlimmerte und es in ihrer Hand pochte. Zweimal legte sie bei Dickichten mit Beeren eine Verschnaufpause ein, aß soviel Beeren, wie sie hinunterbekam und wickelte ein paar Handvoll Beeren als Wegzehrung in einen Zipfel ihrer Bluse. Kurz nachdem die Sonne den höchsten Stand überschritten hatte, gelangte die Frau zu einem kleinen Bach; dank des Aufbietens erheblicher Willenskraft, viel Geduld sowie flinker Hände fing sie zwei unachtsame Forellen, entkleidete sich und verwendete im Bachbett rings um die Steine abgelagerten Sand, um sich damit endlich sauberzureiben, sie löste sogar ihr Haar und versuchte es auf die gleiche Weise zu reinigen, obwohl sie sich eines befriedigenden Erfolgs nicht sicher war und es ihr nicht gelang, sämtliche Sandkörner wieder heraus zu waschen. Sobald sie auch ihre Kleider gewaschen hatte, so gut es ging, und sie zum Trocknen über einen kleinen, buschigen Nadelbaum gebreitet hingen, briet sie die Forellen auf einem länglichen Stück Schiefer und aß dazu die mitgenommenen Beeren. Die Sonne schien warm und besänftigte das Gemüt, das Gluckern des Bachs lockerte die Knoten in ihrer Seele, und sogar die Erkältung schien aus Kopf und Brust zu weichen. Bluse und Hose waren noch naß, als sie die Mahlzeit beendete, deshalb streckte sie sich bäuchlings auf einem langen Granitklotz aus, der in den Bach ragte, den Kopf auf die gekreuzten Arme gelegt, die schmerzenden Augen geschlossen.
    Die Sonne war hinter den Bäumen verschwunden, als die Frau erwachte. Sie gähnte und hielt augenblicklich inne.
    Etwas Hartes, ziemlich Warmes hatte sich an ihre Körperseite geschmiegt. Vorsichtig drehte sie den Kopf, bis sie über ihre Schulter lugen konnte. In unregelmäßigen Windungen hatte sich eine große Schlange — welcher Art, ließ sich vorerst nicht erkennen — auf den warmen Stein gebettet, ließ sich davon und von ihr wärmen. Das Tier hob den Kopf, und sie merkte, wie es sich regte, als es ihre Bewegungen spürte. Sie versetzte sich in äußerste geistige Gesammeltheit, leckte sich über die Lippen und begann ein zweitoniges Schlafliedchen zu pfeifen. Das Pfeifen klang kaum lauter als das weniger gleichmäßige Raunen des Bachs, unentwegt pfiff sie die Melodie, bis die Schlange den Kopf senkte und die Windungen ihres langen Leibs sich entspannten, streckten. Mit einem Ruck wälzte sich die Frau fort und sprang geduckt auf. Ihr Herz flatterte, sie atmete schnell und flach. Erneut reckte die Schlange den schwarzen Schädel, starrte sie an, die gegabelte rote Zunge zuckte durch die Luft. Für einen Augenblick verharrten die Frau und die Schlange in dieser Haltung gegenseitigen Abschätzens, dann senkte die Schlange den Kopf, glitt vom Fels ins Wasser und schwamm davon; sie glich im Bach einem schwärzlichen Kräuseln, den schwarzen Schädel überm Wasserspiegel. Die Frau ließ die Schultern sinken und seufzte, Ermüdung und angegriffene Gesundheit machten sich wieder bemerkbar. Sie nahm Hose und Bluse von dem Nadelbäumchen, schüttelte sie sorgsamer aus, als sie es vor der Begegnung mit der Schlange getan hätte. Sie wurde von einem plötzlichen Kältegefühl geschüttelt, während sie ihre Messer umschnallte. Sie zog Bluse und Hose an, schlang sich den langen Doppelgürtel um die Hüften und gurtete ihn sich fest um. Sie hielt auf dem Felsklotz Umschau, sammelte die Kleinigkeiten auf, die sie vor dem Waschen aus den Taschen genommen hatte, kniete sich an den Bach und trank ein wenig Wasser; danach setzte sie den Weg fort. Bis zum Sonnenuntergang blieb mindestens noch eine Stunde, und sie hatte vor, diese Frist zu nutzen.
    Sieben Tage lang wanderte sie landeinwärts, ernährte sich unterwegs aus dem Lande, fand eben genug Nahrung, um den schlimmsten Hunger abzuwenden und weiterziehen zu können, während sie geduldig durch Hohlwege stieg, wildwuchernde Brombeergestrüppe oder andere undurchquerbare Dickichte umrundete, auf- und ab- und geradeausstrebte. Weil es
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