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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition)
Autoren: Rose Gerdts
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haben doch Familie», wandte ein jüngerer Beamter ein. Die Kripobeamtin schaute ihn amüsiert an und meinte: «Ein paar mehr engagierte Hausmänner auf dem Heiratsmarkt, und ihr hättet hier auch mehr Kolleginnen.» Navideh war eine Ausnahme. Sie lebte seit vier Jahren mit Vanessa zusammen, und Kinder waren für beide kein Thema. Außerdem wusste Steenhoff, dass sie die Arbeit im 1 . K mochte und sich nicht vorstellen konnte, in einer anderen Abteilung zu arbeiten. Seit gut einem Jahr teilten sie das kleine Büro im Dachgeschoss des Polizeipräsidiums, und Steenhoff hatte keinen Anlass, an ihrem Engagement zu zweifeln. Er nahm sich vor, Petersen am nächsten Morgen zu erklären, warum er sie nicht früher über die geplante Observation hatte informieren können. Die Fallanalytiker hatten ihre Einschätzung schließlich erst am frühen Nachmittag bei ihm abgegeben. Zu dem Zeitpunkt war Petersen noch bei dem angeschossenen Zeugen im Krankenhaus gewesen.
    Sie hätte sich ja auch nicht gleich so aufregen müssen. Missmutig warf Steenhoff einen Kuli auf den Schreibtisch und wandte sich wieder seinem Computer zu. Der Bericht über die Drogentote musste noch fertig werden, und morgen, wenn Kollege Michael Wessel «Mordbereitschaft» hatte, konnte Steenhoff mit Petersen an der Raubserie Weiterarbeiten.
    Gegen 22 . 30  Uhr machte er sich endlich auf den Heimweg ins Moor. Mit seiner Frau Ira und der 16 -jährigen Tochter Marie bewohnte Steenhoff einen ausgebauten Resthof. Obwohl sie schon seit Jahren auf dem Land lebten, fühlten sich alle drei als Städter. Marie ging in Bremen zur Schule, Steenhoff arbeitete bei der Bremer Polizei und war genau wie Ira in der Stadt aufgewachsen.
    Als er in die dunkle Hofeinfahrt einbog, sah er den unbeleuchteten Raum über dem Wohnzimmer. Wehmut erfasste ihn. Seit vier Wochen war Marie nun in Neuseeland. Elf Monate würde er seine Tochter nicht sehen. Elf Monate. Fast ein ganzes Jahr. Immer noch rebellierte er innerlich gegen diesen Schüleraustausch. Dabei war er durchaus der Meinung, dass junge Leute möglichst viel von der Welt sehen sollten. Aber seit der furchtbaren Nacht auf der Jugendfarm, in der er Marie um Haaresbreite verloren hätte, lebte er in ständiger Angst um sie.
    Wenn sie nachts mit ihren Freundinnen aus der Disco kam, bestand er darauf, dass er selbst und kein anderer Vater die Gruppe abholte. Außerdem hatte Steenhoff Marie ein neues Handy geschenkt. Zwei-, dreimal am Tag rief er sie unter irgendeinem Vorwand an. Ira fiel es leichter loszulassen, und sie machte ihm Vorwürfe wegen seines «Kontrollzwangs», wie sie es nannte. «Du musst dich von den schlimmen Bildern auf der Jugendfarm lösen oder deine Angst um Marie mit professioneller Hilfe bearbeiten, wenn du es allein nicht schaffst», meinte Ira. Steenhoff hielt schroff dagegen, er habe keine übertriebene Sorge um Marie, er wolle schließlich nur wissen, wo sie sich aufhalte. «Das geht doch jedem Vater so. Das ist doch ganz normal», fügte er noch hinzu. «Aber du möchtest am liebsten einen hohen Zaun um deine Tochter ziehen», erwiderte Ira.
    Dann überraschte Marie sie beide mit ihrem Wunsch, für ein Jahr als Austauschschülerin nach Neuseeland zu gehen.
    Ira war begeistert und traurig zugleich. Im Gegensatz zu Steenhoff konnte sie ihre widersprüchlichen Gefühle gleich in Worte fassen. Noch am selben Abend überwogen bei Ira die positiven Gedanken. Gemeinsam surften Mutter und Tochter im Internet und informierten sich über Wellington. Steenhoff fühlte sich ausgeschlossen. Außerdem hatte er Angst um Marie.
    «Wieso gleich ein ganzes Jahr und wieso ans andere Ende der Welt?», fragte er, als sie in der Nacht Maries Entschluss besprachen.
    «Ich glaube, das ist ihre Art, Abstand zu bekommen», erwiderte Ira. «Vielleicht haben wir sie auch zu sehr eingeengt mit unserer Fürsorge.»
    Steenhoff wusste, dass Ira recht hatte. Aber er konnte es sich nicht verzeihen, seine Tochter in so große Gefahr gebracht zu haben.
     
    Am nächsten Morgen begrüßte Petersen ihn so höflich distanziert, dass es ihn Überwindung kostete, ihr zu erklären, warum er ihr nicht früher von seinen Observationsplänen berichtet hatte. Zu seiner Überraschung musterte sie ihn einen Augenblick und ließ sich dann seufzend in ihren Bürostuhl zurückfallen. «Okay. Wenn das so ist, muss ich mich wohl in aller Form bei dir entschuldigen.»
    Im selben Atemzug beugte sie sich zu ihrer Tasche und holte ein Päckchen «Münchhausen
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