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Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Brandeis: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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persönlich leiten. Hauptkommissar Ostwald und Obermeister Pieplow werden mich dabei unterstützen.« Während sie sprach, öffnete sie ihre Mappe und legte sich ihre Verhörnotizen zurecht.
    »Interessanter Plan.« Ehmke lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ein Dorfpolizist und ein stummer Exkommissar führen eine Vernehmung. Fragt sich nur, was dabei herauskommen
soll. Ich habe ausgesagt, was ich weiß, und dem nichts mehr hinzuzufügen.«
    Ostwald rührte sich nicht. Für diesen plumpen Unsinn machte er keinen Finger krumm.
    »Es gibt aber noch eine ganze Reihe Fragen, die wir klären müssen. Zum Beispiel, warum wir …«
    Ehmke beugte sich vor und stützte die Unterarme auf den Tisch.
    »Sie haben mich nicht richtig verstanden, Frau Sander. Ich habe nichts mehr zu sagen. Ihnen nicht und den beiden schon gar nicht.«
    Die Staatsanwältin ließ sich nicht beirren.
    »Warum nicht? Warum wollen Sie die Aussage verweigern, anstatt sich zu entlasten? Sie wissen doch, welche Schlüsse das Gericht zieht, wenn der Angeklagte Motiv, Mittel und Gelegenheit hatte, aber hartnäckig schweigt. Oder sollte es gar nichts geben, was Sie zu Ihrer Entlastung vorbringen können?«
    Keine Antwort.
    »Also noch einmal«, in der Stimme der Staatsanwältin Sander lag der Tonfall einer entnervten Pädagogin. »In welcher Beziehung standen Sie zu Manuela Fischer? Waren Sie eifersüchtig? Gekränkt, weil sie von Ihnen nichts mehr wissen wollte? Wütend, weil sie anderen den Vorzug gab? Lassen Sie sich ruhig Zeit mit der Antwort. Denken Sie nach. Und wenn Sie reden möchten – Herr Ostwald wird Ihnen zuhören, während ich nicht da bin.«
    Überrascht sah Ehmke zu, wie sie die Papiere mit
ihren Notizen auf dem Tisch in die Mappe schob, aufstand und den Raum verließ.
    »Was soll das jetzt?« Ehmke klang ratlos und empört.
    Pieplow zuckte mit den Schultern.
    Ostwald blieb stumm.
    In den Heizungsrohren summte es leise, auf dem Flur klappte eine Tür, und irgendwo rief jemand etwas Unverständliches, dann wurde es wieder ruhig. Das Aufnahmegerät und die Kamera liefen geräuschlos, und es schien, als würde auch hinter dem großen Spiegel kein Wort gesprochen.
    Ehmke demonstrierte Gelassenheit. Fläzte sich auf seinem Stuhl, schlug die Beine übereinander. Verschränkte die Hände hinter dem Kopf, tat, als hielte er ein Gähnen zurück.
    Eine halbe Stunde später stand er zum ersten Mal auf, lief ein paar Mal hin und her, setzte sich wieder hin. Fluchte halblaut. Trank ein Glas Wasser in einem Zug leer.
    »Wenn ihr glaubt, ihr könnt mich hier garkochen, habt ihr euch geschnitten!«
    Ostwald war nicht anzusehen, ob er überhaupt etwas hörte.
    Pieplow betrachtete seine Schuhspitzen und versuchte, den Kopfschmerz zu ignorieren, der in seiner linken Schläfe bohrte. Schweigen war anstrengender, als er es sich vorgestellt hatte. Er war erleichtert, als nach zwei Stunden die Staatsanwältin zurückkam.
    Sie roch nach frischem Kaffee und machte einen ausgeruhten Eindruck.
    »Nun? Sind Sie vorangekommen?«, fragte sie ohne sichtliches Interesse.
    Ehmke sprang auf. Für einen Moment sah es aus, als würde er auf sie losgehen.
    Er wollte zurück in seine Zelle. Sofort.
    »Natürlich«, sagte die Staatanwältin. »Es ist ohnehin Mittagszeit. Ich denke, wir gönnen uns jetzt eine Pause von … sagen wir anderthalb Stunden und setzen das Verhör um fünfzehn Uhr fort.«
    Als sie abends den Vernehmungsraum verließen, hing in der verbrauchten Luft der säuerliche Geruch von Erschöpfung und Angst.
     
    Fünf Tage hielt Ehmke durch. Die Schatten unter seinen Augen vertieften sich, seine Lider wirkten entzündet, als würde er nicht schlafen und zu viel rauchen, und in seinen Mundwinkeln klebten weißliche Reste wie getrockneter Schaum.
    Er ließ sich immer wieder dieselben Fragen stellen, presste die Kiefer aufeinander, als müsste er verhindern, dass die Antwort aus ihm herausbrach, und ertrug die wortlose Verachtung, den Ekel, mit dem Ostwald ihn ansah wie ein widerwärtiges Insekt.
    Das Schweigen war wie eine Waffe, die zwischen ihnen auf dem Tisch lag. Wie ein Skalpell, das lautlos Schicht um Schicht abtrug und zu den Nerven vordrang.
    Und dann, am Ende des fünften Tages, das Geständnis.
    Laut, böse, voller Hass.
    Auf das Flittchen, das ihn wahnsinnig vor Wut gemacht hatte.
    Auf die Kerle, mit denen sie es trieb wie eine Nutte.
    Auf das perverse Schwein, das ihm sein Leben versauen wollte.
     
    Sie hatten Ehmke
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