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BRAINFUCK

BRAINFUCK

Titel: BRAINFUCK
Autoren: Alfred Berger
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hochlyrischen Gedankengänge. Bei dem Versuch, gleichzeitig zu bezahlen und meine Einkäufe einzupacken, rasselte ein Teil des Wechselgelds zu Boden. Ich ließ es liegen. Egal! Nur schnell raus hier!
    Ich hastete nach Hause. Dort war ich sicher vor den Fallen, die hinterlistige Werbefachleute überall für mich aufgestellt hatten. Die Wohnungstür knallte ins Schloss, ich legte die Sicherheitskette vor und lehnte mich mit dem Rücken an das Türblatt. Eine feuchte Schweißspur hinterlassend, rutschte ich an ihm hinunter, bis ich mich in einer hockenden Stellung wiederfand. In einem hilflosen Ansinnen, mich selbst festzuhalten, umschlang ich meine Knie mit den Armen. Ich kann nicht mehr! Warum ist es so verdammt schwierig, trocken zu bleiben? Lohnt sich dieser, nicht enden wollende Kampf überhaupt? Kämpfen, widerstehen, stark sein … ständig dieselben Scharmützel mit meiner Sucht ausfechten. Es wäre das Einfachste, aufzugeben, nachzugeben, mich fallenzulassen.
    Das war der Moment, in dem Xande in mein Leben trat. Ein leises Geräusch ließ mich zur Decke sehen. Dort schwebte ein rotblau gestreifter Luftballon und schwang sanft, wie von einem leisen Windhauch bewegt, hin und her. Ich rieb mir die Augen. Wurde ich Opfer einer Halluzination? Hatte jemand in meine Wohnung eingebrochen und verspottete mich mit einem zynischen Gruß? Verfiel ich in ein verspätetes Delirium tremens?
    »Keine Angst, ich bin hier, um dir zu helfen.«
    Das ging zu weit! Ich sprang auf, streckte mich und schob den Luftballon zur Seite. Nichts! Nachdem ich sämtliche Jacken von der Garderobe gerissen und das Gestänge abgesucht hatte, wandte ich mich zur Küche, um dort weiter nach dem versteckten Lautsprecher zu suchen. Hoffentlich hatte der Witzbold – wer immer es gewesen sein mochte – keine Kamera installiert. Mir ging es schlecht genug. Ich wollte auf keinen Fall zusätzlich zur Witzfigur werden. Womöglich auf Youtube zweifelhafte Berühmtheit erlangen, als die Irre, die mit Luftballons spricht.
    »Was machst du da?«
    Ich schoss herum. Der Ballon schwebte in Augenhöhe vor meinem Gesicht und schien mich anzusehen.
    »Hör zu, du Vollpfosten, ich werde dich anzeigen! Ich finde heraus, wie du das anstellst und dann gehe ich zur Polizei!«
    Die Tatsache, dass ich nicht wusste, mit wem ich sprach, machte mich erst recht wütend.
    »Anzeigen? Mich? Ich habe dir nichts getan. Im Gegenteil, ich will dir helfen.« Die Stimme kam direkt aus dem Inneren des gestreiften Ballons.
    »Ich bin weder verrückt, noch leichtgläubig, halt jetzt deine Fresse!«, donnerte ich und riss die Besteckschublade auf. Mit dem langen, scharfen Filetiermesser in der Hand näherte ich mich dem Teil, das – wie ich erstaunt feststellte – in die hinterste Ecke zurückwich. »Bitte … lass mich erst reden. Wenn du mir dann nicht glaubst, kannst du mich zerstechen … aber bitte, hör mir erst zu.«
    Ich beschloss, das Spiel mitzuspielen. Vielleicht konnte ich auf diese Art herausfinden, welcher Möchtegern-Spaßvogel hinter der Sache steckte. »Gut, dann fang an. Wer bist du? Woher kommst du? Was willst du? Und wer hat dich geschickt?«
    Er löste sich langsam aus der Ecke und schwebte auf mich zu. Undeutlich erkannte ich Buchstaben auf der Hülle. Während ich beschäftigt war, sie zu entziffern, begann er zu erzählen: »Ich heiße Xande. Eigentlich Alexander, aber mit der Zeit sind die anderen Buchstaben verwischt – das viele Umarmen und Knuddeln, du verstehst?«
    »Und weiter?«, verlangte ich. Die Sache fing an, mir Spaß zu machen. Ich war gespannt, wie sich der oder die Hintermänner dieses verunglückten Ulks aus der Affäre ziehen würden.
    »Ich bin ein Ich-sorge-für-mich-Helfer. Wir suchen Menschen auf, die nicht gut für sich sorgen und helfen ihnen, Wege zu finden, auf andere Menschen angemessen zu reagieren.«
    »Toll«, antwortete ich, »und wie sollte ich deiner Meinung nach auf einen sprechenden Luftballon reagieren?«
    »Ich an deiner Stelle würde ihm zuhören. Ich mache dir einen Vorschlag: Gib mir einen Tag, um dich zu überzeugen. Ich werde die Luft aus mir entweichen lassen, du steckst dir die Haare zu einem Knoten hoch und ich verstecke mich darin. Ich werde dir einen Tag lang Tipps geben und Tricks verraten, wie du für dich sorgen kannst. Wenn dich diese vierundzwanzig Stunden nicht zufriedenstellen, verlasse ich dich und werde dich nie wieder belästigen.«
    Ich spürte Unsicherheit in mir schwingen. Wurde ich tatsächlich
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