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Bootsmann auf der Scholle

Titel: Bootsmann auf der Scholle
Autoren: Benno Pludra
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Uwe ihm helfen will.
    In zehn Minuten, denkt Uwe, spätestens aber in zwanzig Minuten ist Putt Bräsing hier. Der Schlepper hat einen weißen Wasserbart, so schnell kommt er an.

    Uwe wird froh, als er sich vorstellt, wie der Schlepper heranrauscht und Bootsmann von der Scholle holt.
    Aber noch liegt der Schlepper im Hafen am Bollwerk. Putt Bräsing weiß von nichts. Putt Bräsing wartet auf Bootsmann. Er steht am Schornstein des Schleppers, und neben ihm steht der Heizer Jan, und beide schauen sie suchend übers Bollwerk und den Hafenplatz.
    „Solch eine Wirtschaft", sagt Putt Bräsing. „Diese Kinder! Nie wieder kriegen sie den Hund. Ich hab’s doch gesagt, ich hab’s ihnen deutlich ans Herz gelegt: Bleibt nicht zu lange. Ich muß weg mit dem Schlepper, einen Dampfer bugsieren.“
    „Überm Spiel vergessen sie alles", sagt der Heizer Jan.
    „Das passiert mir nicht noch einmal", sagt Putt Bräsing.
    Seine dicke Nase ist rot. Sein ganzes Gesicht ist rot und sehr, sehr böse. Breit und wuchtig, stark wie ein Walfänger, steht Putt Bräsing auf dem Schlepper. Er hat Filzstiefel an und eine Pelzweste.
    „Der Hund kommt mir niemals wieder allein von Bord", sagt Putt Bräsing.
    „Aber was machen wir jetzt?" fragt der Heizer Jan. „Wir müssen los. Keine Viertelstunde mehr, und der Dampfer ist vor der Hafeneinfahrt. Wir können nicht länger warten."
    „Drei Minuten noch", sagt Putt Bräsing.
    Er blickt zur vergoldeten Uhr am Hafenturm.
    Die erste Warteminute vergeht. Der große Zeiger macht einen Sprung.
    Putt Bräsing blickt wieder übers Bollwerk. Doch er wartet vergebens.
    Es kommt kein Bootsmann.
    Es kommt auch nicht Katrinchen.
    Katrinchen baut an einem Schneemann. In einer Gasse am Hafen hat sie ein Rudel Kinder getroffen. Die Kinder rollen Kugeln für einen Schneemann, dicke Kugeln für einen dicken Schneemann. Er wird eine Rübennase haben und schwarze Kohleaugen und einen löchrigen Kochtopfhut. Sein Bauch ist schon fertig. Er steht wie ein weißer Fels.
    Katrinchen drückt Ziegelsplitter in den Bauch. Das sind die Knöpfe für den Schneemannsanzug.
    Noch einen Knopf, denkt Katrinchen, dann renne ich weiter zu Putt Bräsing. Dann holen wir Bootsmann und Uwe und können alle zusammen hierher zum Schneemann gehn.
    Katrinchen gibt acht, daß der Ziegelsplitterknopf schön gerade in einer Reihe mit den andern kommt. Sie tritt einen Schritt zurück und freut sich über den

    halben Schneemann. Sie klatscht in die Hände, aber es klatscht nicht, weil Katrinchen rote Wollhandschuhe trägt.
    Nun ab die Post, denkt Katrinchen.
    Sie rennt die Gasse hinunter zum Hafen. Sie rennt, so schnell sie ihre Beine tragen.
    Aber Putt Bräsing weiß nicht, daß Katrinchen kommt.
    Er guckt auf die Uhr am Hafenturm. Die zweite und dritte Warteminute ist vergangen, eine vierte beginnt.
    Der Platz am Bollwerk bleibt leer.
    Die bunten Häuser träumen.
    Auf dem Baum sitzt noch immer die Krähe, stumm, mit schiefem Kopf, und sieht aus, als ob sie friere.
    Putt Bräsing sagt: „Dampf auf! Wir legen ab!"
    Der Heizer Jan schlüpft in den Kesselraum.
    Putt Bräsing wirft die Leinen los.
    Der Schlepper legt ab.
    Er verläßt das Bollwerk und steuert ins Hafenbecken. Möwen kreisen um seinen Mast.
    Und dort, neben den bunten Häusern, taucht Katrinchen auf.
    Sie sieht die Möwen und den schwarzen Schlepperrauch. Sie fegt zum Bollwerk, winkt, winkt.
    Aber wer auf dem Schlepper soll Katrinchen bemerken?
    Der Heizer Jan schürt unten im Kesselraum das Feuer. Putt Bräsing steckt oben im Kommandohaus und steuert. Keiner hat Zeit, aufs Bollwerk zu schaun, keiner bemerkt Katrinchen, die so winzig mit ihrer roten Kappe dort steht.
    Katrinchen ist zu spät gekommen.
    Draußen, am Rande der Bucht, aber wartet Uwe.
    Er blickt sich dauernd um, blickt zurück, wo der Hafen ist, die dunklen Speicher ragen und Kräne ihre Arme recken, Schiffssirenen heulen und Ladewinden lärmen.
    Aber nirgendwo sieht Uwe den Schlepper. Die Scholle mit Bootsmann hat sich weiter entfernt. Die Strömung zieht vom Eisrand und vom Ufer fort.
    Uwe tritt auf festes Land.
    Die Bucht ist zu Ende. Eine steile Küste beginnt. Am Ufersaum wächst dünnes Eis. Das Meerwasser trotzt dem Frost. Es flutet vor und flutet zurück, es läßt keine Eisdecke über sich ziehn.
    Uwe stolpert durch tiefen Schnee. Seine Schuhe und Strümpfe werden naß. Uwe spürt es nicht. Er schwitzt. Seine Hände sind glühheiß. Uwe streift die Handschuhe ab. Er klettert auf einen großen runden
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