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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
Autoren: Bastei Lübbe
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herumstehen, wollte ich mich stürzen. Und was fange ich alter Esel mit meiner Freizeit an? Ich helfe meinem Schwiegersohn!« Gregor lachte und schlug mit seiner Hand auf die Akten, die aufgeschlagen vor ihm lagen.
    »Was hältst du von unserer Reiseabsicht?«, fragte ich ihn.
    Er bestellte bei seiner Vorzimmerdame für uns Tee.
    »Eine hervorragende Idee! Ich war noch nie in Finnland«, sagte er.
    In seinem aristokratischen Gesicht las ich Vorfreude. Wie ein Lord des englischen Oberhauses, dachte ich, als ich ihn betrachtete, wie er da saß, umgeben von den antiken Möbeln, unter den Blicken seiner Ahnen, die stumpf von verblassten Ölgemälden in Halskrausen und herausgeputzten Gehröcken von den Wänden uns zuzuschauen schienen.
    Seine pummelige Sekretärin servierte den Tee in altem Geschirr. Gregor griff in die Schublade und legte mir daumendicke Kataloge vor. »Es sind hübsche Objekte dabei«, sagte er. »Nicht billig. Aber wozu sparen?«
    Ich nahm die Kataloge entgegen. »Eine Art Geburtstagsgeschenk«, antwortete ich.
    Gregor lachte. »Noch immer Sentimentalitäten?«, fragte er.
    Ich winkte ab.
    »Ich habe eine Vorauswahl getroffen und die entsprechenden Angebote gekennzeichnet«, sagte Gregor. »Aber die Arbeit, sie auf der Finnlandkarte herauszufinden, überlasse ich dir. Bei den Ortsbezeichnungen ist das ein nervenaufreibendes Suchspiel.«
    Wir tranken den Tee und rauchten gegen unsere Absprache, ohne Selbstvorwürfe, Zigaretten.
    »Zeit habe ich genügend und die Vorfreude auf vier Wochen Abkoppelung vom Schulstress werden mir das Suchspiel zur echten Freude gestalten«, antwortete ich.
    Nach dem Tee ließ ich Gregor mit seinen Akten allein.
    Zu Hause räumte ich auf und freute mich auf den Abend, wenn ich mich beim Kerzenlicht gedanklich in ein Land begeben konnte, von dem Kenner nie aufhörten zu schwärmen. Natürlich zehrte ich von der Hoffnung, dass Erika und Anja mich, wenn ich mich in den Lieblingssessel niederlassen würde, zwar nicht körperlich, aber mit ihren Seelen umgeben würden.
    Ich aß eine Schnitte, betrat den Balkon und warf einen Blick auf die Stadt. Es schneite nicht mehr. Nur wenige Autos befuhren die Straßen, die schwarz unter mir lagen. Ein Strahler beschien die Kuppe der Mühle. Sie hielt die angeleuchteten Flügel wie eine gespreizte Hand in den Abend.
    Ich verließ den Balkon und rückte mir den Sessel zurecht, packte die Kataloge aus und breitete sie auf dem kleinen Tisch aus, als die Türglocke läutete. Ich ging zum Korridor und drückte den Knopf des Türöffners.
    Will Gregor mit mir vielleicht noch einen Schnaps trinken?, fragte ich mich.
    Die Geräusche von Fußtritten deuteten an, dass es nicht mein Freund sein konnte. Während mich Neugierde erfasste, öffnete ich die Wohnungstür und sah zu meiner Verblüffung, wie Enno sportlich die Treppenstufen nahm und ein Mädchen an der Hand hinter sich her zog. Meine Überraschung war perfekt, und ich bemühte mich, freundlich dreinzuschauen, damit die beiden nicht bemerkten, wie unangenehm mir ihr Besuch war, denn wenn man sich während des Unterrichts zurückversetzt in das Alter der Schüler, versucht, in ihre Mentalität zu schlüpfen, sich um ihre Sprache bemüht, mit ihnen, um die Freude am Lernen aufrechtzuerhalten, herumblödelt, dann fühlt man nach dem nicht knapp bemessenen Stundenmaß Erschöpfung und sucht nach Abwechslungen und Ruhe, fernab vom Trubel der Schule. Es ging mir oft so, dass ich für ein kleines Abendbrot, ein paar Matjes, eine Bauernwurst oder ein Krabbenbrot durch die Stadt schlenderte und doch zu Hause aß, weil ich überall Schüler vermutete, die sich kumpelhaft sofort an meinen Tisch setzen würden. Diese abweisende Haltung ist vergleichbar mit der Situation eines Arztes, der nach Praxisschluss nicht den Kreis kranker Menschen aufsuchen möchte.
    Enno schaute mich freundlich an. Seine schöne Freundin stand hinter ihm und reichte mir einen Blumenstrauß.
    »Herzlichen Glückwunsch!«, sagte sie, wobei ihre dunklen Augen vor Sympathie strahlten.
    Es war wahrscheinlich ihre große Ähnlichkeit mit meiner verunglückten Erika, die mir die Tränen in die Augen trieb. Ich nahm den Blumenstrauß entgegen und führte meine Besucher ins Wohnzimmer. Schüchtern setzten sie die Schritte, lugten neugierig seitlich, denn Pauker umgibt privat immer ein ominöses Fluidum. Vielleicht rührt das von ihrem Amt, das sie ermächtigt, Menschen beurteilen zu dürfen und zu müssen.
    Enno hielt die Hand seiner
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