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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist
Autoren: Laurie Hugh
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sagte mir, wenn hier nicht bald etwas geschehe, müßte ich die Initiative ergreifen. Dieser gottverdammte Benjamin. Langsam taten mir von meinem Körpergewicht die Schultern weh.
    »Gut gemacht, Thomas«, sagte eine Stimme.
    Ich sah unter meinem linken Arm durch und entdeckte ein Paar abgewetzte Red-Wing-Stiefel. Der eine flach auf dem Boden, der andere quer davor, die Spitze in den Staub gebohrt. Ich richtete mich langsam auf und entdeckte auch den Rest von Russell Barnes.
    Er lehnte an der Tür des Mannschaftswagens, lächelte und hielt mir ein Päckchen Marlboro hin. Er trug eine lederne Pilotenweste, deren Brusttasche mit dem Namen Connor bestickt war. Wer war denn das nun wieder?
    Die Filzer waren – anscheinend aus Respekt vor Barnes – ein Stück zurückgewichen, wenn auch nicht weit. Viele nahmen mich weiterhin aufs Korn. Vielleicht dachten sie, sie hätten was übersehen.
    Ich lehnte die Zigaretten kopfschüttelnd ab.
    »Ich will sie sehen«, sagte ich.
    Denn sie wartet auf mich.
    Barnes sah mich prüfend an, dann lächelte er wieder. Er fühlte sich wohl, war entspannt und locker. Für ihn war das Spiel gelaufen.
    Er sah nach links.
    »Klar«, sagte er.
    Er stieß sich lässig von der Tür des Mannschaftswagens ab, woraufhin ihre Metallhaut in ihre Ausgangslage zurückfederte, und winkte mir, ihm zu folgen. Das Meer der engen Hemden und vollverspiegelten Sonnenbrillen teilte sich, während wir langsam auf den blauen Toyota zuschritten.
    Rechts von uns hatten sich hinter einer Absperrung die Kamerateams aufgebaut, ihre Kabel schlängelten sich um ihre Füße, und ihre blauweißen Scheinwerfer durchbohrten die Reste der Nacht. Als ich vorbeiging, richteten sich einige Kameras auf mich, aber die meisten behielten das Gebäude im Visier.
    CNN schien die beste Position zu haben.
     
    Murdah stieg als erster aus dem Wagen, während Sarah sitzen blieb und wartete, mit gefalteten Händen im Schoß durch die Windschutzscheibe starr geradeaus sah. Wir waren bis auf ein paar Meter herangekommen, da sah sie mich an und versuchte zu lächeln.
    Ich warte auf dich, Thomas.
    »Mr Lang«, sagte Murdah, kam um den Kofferraum herum und trat zwischen Sarah und mich. Er trug einen anthrazitgrauen Mantel über einem weißen Hemd ohne Krawatte. Der Glanz auf seiner Stirn kam mir matter vor als in meiner Erinnerung, und am Kiefer zeigte er einige Stunden alte Stoppeln, aber davon abgesehen sah er gut aus.
    Warum sollte er auch nicht?
    Er starrte mir ein paar Sekunden ins Gesicht und nickte dann kurz und zufrieden. Als hätte ich lediglich seinen Rasen ganz passabel gemäht.
    »Gut«, sagte er schließlich.
    Ich erwiderte sein Starren. Ausdruckslos, denn gegenwärtig hatte ich ehrlich gesagt keine Lust, mehr preiszugeben.
    »Was ist gut?«, fragte ich.
    Aber Murdah sah über meine Schulter, gab jemandem ein Zeichen, und ich spürte eine Bewegung hinter mir.
    »Bis dann, Tom«, sagte Barnes.
    Ich sah mich um. Er entfernte sich, ging in lockerem, schlaksigem Wirst-mir-fehlen-Stil langsam rückwärts. Als sich unsere Augen trafen, erwies er mir einen spöttischen kleinen Salut, schwenkte ab und ging zu einem Army-Jeep, der ganz hinten im Fahrzeugauflauf stand. Ein blonder Mann in Zivil ließ den Motor an, als Barnes auf ihn zukam, und hupte zweimal, um die Menge vor dem Jeep zu zerstreuen. Ich wandte mich wieder Murdah zu.
    Er musterte mein Gesicht, eindringlicher und professioneller als zuvor. Wie ein Schönheitschirurg.
    »Was ist gut?«, wiederholte ich und wartete, bis die Frage die unendlichen Weiten zwischen unseren beiden Welten durchquert hatte.
    »Sie haben meine Wünsche befolgt«, sagte Murdah endlich. »Wie ich es vorausgesagt hatte.«
    Er nickte erneut. Doch, wenn wir hier was wegschnippeln und da was festklemmen – dann läßt sich aus dem Gesicht was machen, glaub’ ich.
    »Manche Leute«, fuhr er fort, »manche Freunde haben mich gewarnt, Sie könnten problematisch werden, Mr Lang. Sie seien ein Mann, der womöglich übers Ziel hinausschlage.« Er holte tief Luft. »Aber ich habe recht behalten. Und das ist gut.«
    Ohne mich aus den Augen zu lassen, trat er beiseite und öffnete die Beifahrertür des Toyota.
    Ich sah zu, wie sich Sarah langsam auf dem Sitz drehte und ausstieg. Sie richtete sich auf, kreuzte die Arme vor der Brust, als wollte sie die Morgenkälte abwehren, hob den Kopf und sah mich an.
    Wir waren uns so nah.
    »Thomas«, sagte sie, und eine Sekunde lang tauchte ich tief in diese Augen ein und
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