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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht
Autoren: Jonathan Kellerman
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dritte war ein Whodunit, ein echter Kriminalfall, eine fünfundachtzig Jahre alte Frau namens Elsa Brigoon, die in ihrer Wohnung am Los Feliz Boulevard erschlagen aufgefunden wurde.
    Damit war sie die meisten der neunzig Tage beschäftigt, zum großen Teil damit, falschen Hinweisen nachzugehen. Elsa war eine Säuferin mit einer aggressiven Persönlichkeit gewesen, die keine Gelegenheit zu einem Streit ausließ. Außerdem hatte sie im vergangenen Jahr eine zeitlich befristete Versicherung über hunderttausend Dollar auf sich abgeschlossen, und der Nutznießer war ein Nichtstuer von einem Sohn, der mit Aktiengeschäften in einer Klemme steckte.
    Aber keine dieser Spuren ergab irgendetwas Brauchbares, und Petra hatte den Fall schließlich von der anderen Seite her aufgerollt, indem sie jeden regelmäßigen Besucher des Wohnblocks einer sorgfältigen Überprüfung unterzog. Ein vom Vermieter beschäftigter Hilfsarbeiter, so stellte sich bei dieser Gelegenheit heraus, war wegen Exhibitionismus, Notzucht und Einbruchsdiebstahls vorbestraft, und seine Augen sprangen zum Mars, als Petra ihn in seinem schmuddeligen Einzimmerapartment in Downtown befragte. Die anschließende geschickte Vernehmung durch Detective II Connor entlockte dem Widerling ein Geständnis.
    Drei von drei. Petras Lösungsrate näherte sich langsam der des Champions – Milo Sturgis drüben in West L. A. –, und sie wusste, dass sie sich auf der Überholspur zum Detective III befand, ihn vielleicht am Jahresende in der Tasche hatte, was mit Sicherheit bei ihren Kollegen eine Menge Neidgefühle wecken würde.
    Gut. Männer waren …
    Nein, genug davon. Männer sind unsere biologischen Partner.
    Oh, Herr im Himmel …
    Am Tag neunzig entschied sie, dass Bitterkeit ihre Seele zersetzte, und beschloss, positiv zu sein. Zum ersten Mal seit Monaten kehrte sie wieder an ihre Staffelei zurück und versuchte, mit Ölfarben zu malen, fand, dass ihr Sinn für Farben zu wünschen übrig ließ, wechselte zu Feder und Tusche und füllte blätterweise Bristol-Karton mit angespannten, hyperrealistischen Gesichtern.
    Kindergesichter. Gut gezeichnet, aber billig. Sie zerriss die Zeichnungen in kleine Fetzen und ging einkaufen.
    Sie musste sich etwas Farbiges besorgen – ein Blick in ihren Kleiderschrank machte das mehr als deutlich.
    Ihre lässige Kleidung bestand aus schwarzen Jeans, schwarzen T-Shirts und schwarzen Schuhen. Ihre Arbeitsklamotten waren dunkle Hosenanzüge: ein Dutzend schwarze, zwei marineblaue, drei schokoladenbraune, ein anthrazitfarbener. Alle tailliert, damit sie ihre schlanke Figur zur Geltung brachten, alles Designermarken, die sie in Discountläden und in Barney’s Großhandel und zu Schlussverkaufspreisen kaufte, wo immer sie sie fand.
    Sie fuhr von ihrer Wohnung im Wilshire District zu dem großen Neiman Marcus in Beverly Hills und stürzte sich mit einem Vestimenta-Teil aus weichem Wollstoff zum halben Preis in Unkosten.
    Seidenrevers, Brusttasche schräg zum Fadenlauf geschnitten, betonte Schultern, abgesteppte Hose.
    Himmelblau.
    Sie trug ihn am selben Abend und zog schockierte Blicke der anderen Detectives auf sich. Ein Klugscheißer bedeckte seine Augen, als wolle er sich vor grellem Licht schützen. Ein zweiter sagte: »Hübsch, Petra.« Ein paar andere pfiffen anerkennend, und sie grinste die ganze Bande an.
    Bevor irgendjemand einen Witz reißen konnte, begannen die Telefone zu klingeln, und das Großraumbüro wurde wieder vom Todesgeschäft in Anspruch genommen. Während sie an ihrem Metallschreibtisch in einer Ecke neben den Spinden Platz nahm und Papiere hin und her schob, berührte sie das himmelblaue Revers und glaubte zu wissen, was den Kerlen durch den Kopf ging.
    Morbida ändert ihren Stil.
    Die Drachen-Lady macht auf unbeschwert.
    Sie erweckte einen eher düsteren Eindruck, aber das verdankte sie zum großen Teil biologischen Faktoren. Sie hatte ein scharf geschnittenes Gesicht, eine Haut wie Elfenbein, dickes, glattes pechschwarzes Haar, das sie in einem glänzenden Pagenkopf trug, tiefbraune Augen, die zu bohrenden Blicken neigten.
    Kinder brachten das Sanfte in ihr zum Vorschein, aber Alicia und Bea waren jetzt aus ihrem Leben verschwunden, und Billy Straight – ein Junge, den sie bei der Arbeit an einem Mordfall kennen gelernt hatte und der ihr ans Herz gewachsen war – war fast vierzehn und hatte eine Freundin gefunden.
    Billy rief nie mehr von sich aus an; das letzte Mal, als Petra ihn angerufen hatte, hatten sie sich
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