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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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Freundin mich gerade vom Platz stellte. Das Match war für mich verloren, bevor es richtig begonnen hatte.
    Ganze drei Wochen dauerte es, bis Jochen mit der Wahrheit herausrückte. Renate sei die Liebe seines Lebens, sagte er. Dagegen käme er nun mal nicht an. Wogegen er in Wirklichkeit nicht ankam, war die Mischung aus gutem Aussehen und reichem Elternhaus. Der Name Meyerink und alles, was damit an Wohlstand und Prestige zusammenhing, waren mindestens so attraktiv wie Renates Schneewittchenteint, ihre dunklen Augen und ihre Mannequinfigur. Ich brauchte lange, um damit fertig zu werden. Und wahrscheinlich würde ich heute noch kein Wort mit den beiden wechseln, wenn Renate mich nicht so nachdrücklich und ausdauernd umworben hätte. Wenn sie mich nicht mit Briefen, kleinen Geschenken, überraschenden Besuchen so lange belagert hätte, bis ich aus meiner Schmollecke wieder herauskam, bis ich so tat, als wäre ich heroisch genug, den beiden zu verzeihen. Ich wollte weder meine Freunde noch mein Gesicht verlieren und stand die verbleibenden drei Monate bis zum Abitur irgendwie durch. Erst die Zeit und die räumliche Distanz haben die Wunden geheilt. Aber nicht ganz, wie mir dieses unangenehm spitze Schmerzgefühl in der Brust gerade zeigt. Jochen hat immer noch etwas an sich, das mir wehtut.
    Er fasst mich am Arm und führt mich zu einem Tisch im hinteren Teil des Restaurants.
    »Entschuldige. Ich bin zu spät.«
    »Macht nichts«, sagt er und rückt einen Stuhl für mich zurecht.
    Als wir uns gegenübersitzen, bedenkt er mich mit einem Raubtierlächeln, das mich genau unterhalb des Bauchnabels trifft und mich so verunsichert, dass ich verlegen nach der Speisekarte greife. »Kannst du mir etwas empfehlen?«
    »Das Osso buco ist hier ziemlich gut«, sagt er, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    »Na prima!« Ich klappe die Karte wieder zu. »Dann nehme ich das doch.«
    Sein Lächeln vertieft sich.
    »Ich war heute bei Renate«, unternehme ich einen Versuch, sicheren Boden unter die Füße zu bekommen.
    »Und? Hat sie sich gefreut?«
    »Nein. Hat sie nicht. Ganz im Gegenteil. Sie möchte, dass ich abreise.«
    »Das ist der Schock. Mach dir nix draus.«
    »Warum willst du eigentlich, dass ausgerechnet ich das aufkläre?«, frage ich ihn unvermittelt.
    Jetzt ist er es, der verlegen wird und mit der flachen Hand imaginäre Falten aus der weißen Damasttischdecke streicht. »Nun, wir können die Polizei nicht einschalten. Aus nahe liegenden Gründen. Und ich wollte nicht irgendeinen Privatdetektiv. Man weiß ja nie, ob so jemand nicht doch irgendwann zur Presse rennt.«
    »Aber was machst du, wenn ich den Typen finde? Der Polizei kannst du ihn ja schlecht ausliefern.«
    »Weißt du«, sagt er und senkt seine Stimme, »die Firma Meyerink verfügt über einen äußerst effizienten Werkschutz. Die Jungs werden sich den Scheißkerl vorknöpfen. Und danach nimmt der keine Rasierklinge mehr in die Hand. Da kannst du sicher sein.«
    »Hast du denn keine Angst, dass das schief geht? Dass sie ihn umbringen?«
    »Das sind Profis, die wissen, was sie tun«, antwortet er ungerührt. »Übrigens ...«
    Ich warte, doch er spricht nicht weiter. »Übrigens ...?«, frage ich.
    »Ach nichts.« Er fährt sich mit der Hand durch seine dichten, blonden Haare. »Weißt du, das ist alles sehr, sehr heikel. Wenn Renates Vater jemals von der Geschichte erfährt, ist die Hölle los.«
    »Wäre das so schlimm?«
    »Was glaubst du denn!«, herrscht er mich an. »Ich arbeite für den Mann. Ich bin mittlerweile Leiter der Geschäftsführung. Und das möchte ich auch gerne bleiben. Doch wenn die Geschichte rauskommt, wird der Alte mir die Schuld geben. Dann bin ich derjenige, der seine Tochter zu SM-Spielen gezwungen und seine kleine unschuldige Prinzessin den Perversen zum Fraß vorgeworfen hat.«
    Ich kann mich eines kleinen, fiesen Gefühls der Schadenfreude nicht erwehren. Schließlich verdanke ich diesem Mann die schmerzhafteste Abfuhr meines Lebens. Doch auch strahlende Helden legen einmal eine Bauchlandung hin. Jochens Bauchlandung kam fünf Jahre nach unserer Trennung. Seine hoffnungsvolle Tenniskarriere scheiterte an einem kaputten Knie. Das war der Moment, in dem sich seine Damenwahl auszuzahlen schien. Der alte Meyerink bot ihm den Job des Marketingleiters in seinem Unternehmen an. Jochen akzeptierte und sitzt seitdem in der Falle. Jetzt ist er nicht nur von seiner reichen Frau, sondern auch von seinem reichen Schwiegervater abhängig. Mit
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