Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
Abschneiden des Kopfes -, das muss mehr als zehn Minuten in Anspruch genommen haben.«
    »Das ist uns auch klar. Ich glaube nicht, dass es das Opfer war, das die Notrufnummer gewählt hat.«
    Das Geräusch einer knarrenden Diele ließ sie beide herumfahren, und sie sahen Barry Frost in der Tür stehen. Er schien nicht allzu erpicht darauf, zu ihnen ins Zimmer zu kommen.
    »Die Spurensicherung ist da«, sagte er.
    »Sag ihnen, sie können reinkommen.« Jane machte eine Pause. »Du siehst nicht gerade aus wie das blühende Leben.«
    »Ich denke, ich halte mich noch ganz gut. Unter den Umständen.«
    »Wie geht's Kassowitz? Hat sie sich ausgekotzt? Wir könnten hier ein wenig Hilfe gebrauchen.«
    Frost schüttelte den Kopf. »Sie sitzt noch in ihrem Wagen. Ich glaube kaum, dass ihr Magen schon für das hier bereit ist. Ich hole die Spusis.«
    »Sag ihr, sie soll sich mal ein bisschen zusammenrei ßen!«, rief Jane ihm nach, als er schon wieder verschwunden war. »Ich hasse es, wenn eine Frau mich so enttäuscht. Damit bringt sie unser ganzes Geschlecht in Verruf.«
    Mauras Blick ging zurück zu der verstümmelten Leiche auf dem Boden. »Habt ihr auch …«
    »Den Rest von ihr gefunden?«, vollendete Jane den Satz. »Ja. Die linke Hand hast du ja schon gesehen. Der rechte Arm liegt in der Badewanne. Und jetzt wird's allmählich Zeit, dass ich dir die Küche zeige.«
    »Was gibt es da zu sehen?«
    »Noch mehr Überraschungen.« Jane setzte sich in Richtung Flur in Bewegung.
    Als Maura sich umdrehte, um ihr zu folgen, erblickte sie plötzlich ihr Bild im Schlafzimmerspiegel. Es starrte sie mit müden Augen an, das schwarze Haar strähnig und feucht von geschmolzenem Schnee. Aber es war nicht der Anblick ihres eigenen Gesichts, der sie erstarren ließ. »Jane«, flüsterte sie. »Sieh dir das an.«
    »Was?«
    »Im Spiegel. Diese Symbole.« Maura drehte sich um und starrte die Schrift an der Wand an. »Siehst du das? Das ist Spie gelschrift! Das sind keine Symbole, das sind Buchstaben, die man nur rückwärts lesen muss.«
    Janes Blick ging zuerst zur Wand und dann zum Spiegel. »Ist das ein Wort?«
    »Ja. Es heißt Peccavi .«
    Jane schüttelte den Kopf. »Vorwärts oder rückwärts, mir sagt das immer noch nichts.«
    »Es ist Latein, Jane.«
    »Und was heißt es?«
    » Ich habe gesündigt. «
    Einen Augenblick lang starrten die beiden Frauen einander nur an. Dann lachte Jane unvermittelt auf. »Also, das ist ja vielleicht eine bizarre Beichte. Glaubt der Typ vielleicht, dass ein paar ›Ave Maria‹ seine ›Sünde‹ aus der Welt schaffen können?«
    »Vielleicht bezieht das Wort sich ja nicht auf den Mörder. Sondern auf das Opfer.« Sie sah Jane an. » Ich habe gesün digt .«
    »Eine Strafe«, sagte Jane. »Ein Racheakt.«
    »Es ist ein denkbares Motiv. Sie hat irgendetwas getan, womit sie den Täter verärgert hat. Sie hat sich gegen ihn versündigt. Und das ist seine Vergeltung.«
    Jane atmete tief durch. »Gehen wir in die Küche.« Sie führte Maura den Flur entlang. An der Küchentür blieb sie stehen und sah Maura an, die auf der Schwelle verharrte, zu geschockt von dem, was sie sah, um auch nur ein Wort hervorzubringen.
    Auf den Fliesenboden war mit einer Art Kreide ein großer roter Kreis gezeichnet. Er war umringt von fünf schwarzen Klecksen - Wachs, das geschmolzen und anschließend erstarrt war. Kerzen , dachte Maura. In der Mitte des Kreises - so platziert, dass die Augen sie anstarrten - lag der abgetrennte Kopf einer Frau.
    Ein Kreis. Fünf schwarze Kerzen. Ein Opferritual.
    »Und jetzt soll ich also wieder nach Hause zu meinem kleinen Töchterchen gehen«, meinte Jane. »Morgen früh werden wir alle um den Weihnachtsbaum herumsitzen, unsere Ge schenke auspacken und so tun, als ob Frieden auf Erden herrscht. Aber ich werde die ganze Zeit an … dieses Ding denken müssen … wie es mich anstarrt. Fröhliche Weihnachten - pah.«
    Maura schluckte. »Wissen wir, wer sie ist?«
    »Na ja, ich habe darauf verzichtet, ihre Freunde und Nachbarn ranzuschleppen, um mir ihre Identität zweifelsfrei bestä tigen zu lassen. Sagen Sie, kommt Ihnen der Kopf da auf dem Küchenboden zufällig bekannt vor? Aber aufgrund des Füh rerscheinfotos neige ich zu der Annahme, dass es sich um Lori-Ann Tucker handelt. Achtundzwanzig Jahre alt. Brau nes Haar, braune Augen.« Jane lachte plötzlich auf. »Dürfte hinkommen, wenn man die ganzen Einzelteile zusammensetzt.«
    »Was weißt du über sie?«
    »In ihrer Handtasche haben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher