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BLUTIGER FANG (German Edition)

BLUTIGER FANG (German Edition)

Titel: BLUTIGER FANG (German Edition)
Autoren: Simon Pflock
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sich der Pascha tatsächlich hin!
    Er fauchte böse. Joel vermeinte, den Schalldruck an seinen Hosenbeinen zu spüren. Die Augen des Löwen glühten. Der Nachhall seines Gebrülls ließ die Wände des Kaufhauses erzittern. Er fixierte Joel über die Maßen bedrohlich.
    Dann war Ruhe.
    Der Mann in Uniform, sicher hochgradig erschrocken und geschockt, verharrte wie gelähmt am Platz, was Joel im schmalen Augenwinkel gerade noch so erkennen konnte.
    Joel ließ den Löwen nicht aus den Augen und überlegte verzweifelt, was er tun könnte, um einen nochmaligen Angriff gar nicht erst zu provozieren.
    Doch am meisten wunderte er sich darüber, dass der Pascha gehorchte! Nicht nur, dass er überhaupt gehorchte, sondern dass er ihm gehorchte.
    Joel wusste ja, dass es sich um einen ehemaligen Zirkuslöwen handelte, dem diese Art des Umgangs mit Menschen nicht fremd war. Doch ungewöhnlich war, dass der Löwe auf ihn einging. Normalerweise gehorchen Zirkustiere nur ihren Dompteuren, mit denen sie über Jahre zusammenarbeiten. Doch dieser Löwe kannte Joel doch höchstens vom Sehen, durch die zahlreichen Besuche, die er im Tierpark gemacht hatte. Das würde niemals ausreichen, um ihn als Dompteur zu akzeptieren. Oder vielleicht doch? Jedenfalls hoffte er es. Jetzt erst wurde Joel klar, dass er unbewusst darauf spekuliert und gehofft hatte, den Pascha auf diese Weise auszubremsen, als er sich im Laufen den Riemen abgeschnallt hatte.
    Der Pascha saß noch immer am Platz und alle drei bildeten sie ein Dreieck. Der Fremde stand mit dem Rücken zu den Rolltreppen, der Pascha ihm gegenüber mit dem Hinterteil zum Restaurant und Joel mit dem Rücken in Richtung zum Büro des Kaufhauschefs. Der Abstand zwischen ihnen betrug etwa fünf oder sechs Meter und keiner rührte sich.
    Wartete der Pascha einen neuen Befehl ab? Verdammt, wie hieß noch im Zirkus der Befehl, auf den hin Großkatzen in den Laufkäfig zurückrannten? Doch was wollte er jetzt damit? Es gab ja keinen Laufkäfig. Wo also sollte der Löwe hin?
    Mit einer Eiseskälte im Bauch und zitternden Waden empfand Joel die beinharte Pattsituation, in der sie sich befanden. Alle Figuren standen auf dem Feld und keine rückte vor oder zurück. Der Fremde traute sich nicht, Joel wusste nicht, was und wie, und der Einzige, der sich hätte bewegen können, war der Pascha, doch der leckte sich gerade die rechte Vorderpranke. Er war der Einzige, der keine Angst hatte, und Joel bewunderte ihn. Die Coolness, mit der sich diese Großkatze die Pfote leckte und jetzt den Anschein erweckte, als interessiere sie das alles überhaupt nicht, beeindruckte ihn zutiefst. Während Joel   – und vermutlich auch der Fremde – sich fast in die Hosen machten und Todesängste ausstanden, saß der Pascha da und betrieb Körperpflege!
    Joel spürte jetzt ganz deutlich, welche Macht der Löwe durch seine bloße Anwesenheit besaß. Er entschied nun über Leben und Tod. Wenn er wirklich wollte, wären sie beide in wenigen Sekunden tot. Er würde den einen gleich umreißen und den anderen, Fliehenden, schnell einholen und ebenfalls töten. Der Pascha hatte die Macht, er war die Instanz, die jetzt entschied.
    Plötzlich hörte er auf, die Pfote zu lecken und fixierte Joel, der irgendwie auch versuchte, so abschreckend wie möglich auszusehen.
    Langsam hob er die Hand mit dem Lederriemen.
    Plötzlich dachte Joel an das Modellauto und schob seine linke Hand extrem langsam hinüber zur Hosentasche, in die er glaubte, die Fernbedienung gesteckt zu haben. Da gewahrte er plötzlich die Kruger-Pistole. Siedend heiß fuhr es ihm durch den Kopf. Er könnte das Problem lösen. Er bräuchte einfach nur die Waffe zu ziehen und den Löwen abzuknallen.
    Doch was dann? Dann hätte er genau das, was er vermeiden wollte, und wofür er in der letzten Dreiviertelstunde sein Leben und dasjenige Broncos riskiert hatte. Nein, dann wäre alles umsonst gewesen. Es musste anders gehen. Auch der Löwe sollte überleben!
    Die linke Hand fuhr unverrichteter Dinge aus der rechten Hosentasche hinaus und in Zeitlupe in die linke hinein.
    Dorthin hatte er die Fernbedienung gesteckt! Er nahm sie heraus, während der Pascha und der Fremde wie geklebt an ihren Plätzen hafteten.
    Joel suchte, ohne den Pascha auch nur ein Mal aus den Augen zu lassen, mit Zeigefinger und Daumen den Abzug sowie die Richtungsfunktionsknöpfe. Als er glaubte, die richtigen gefunden zu haben, gab er Gas.
    Der Löwe riss den gewaltigen Kopf herum, als er den
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