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Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen
Autoren: Irina Meerling
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verschwunden war. „Warum sind Elisabeths Kräfte nicht auf dich übergegangen, nachdem du sie umgebracht hast?“
    Nico antwortete nicht sofort und Elias glaubte, ihm den Ausdruck von Scham im Gesicht ansehen zu können.
    „Das liegt ganz einfach daran, dass weder Elisabeth noch Melchior irgendwelche Kräfte hatten. Keiner von ihnen war je mein Gebieter.“ Er nahm eine der Lektüren an sich. Eine, die nicht zu Sânges Schriften, sondern zu Elisabeths Aufzeichnungen gehörte. „Es war ein Eintrag in diesem Buch, der mich dazu brachte, am helllichten Tag zu dir zu laufen. Als ich das las, wusste ich, dass du in einer Notlage steckst, da Elisabeth Filanessia und somit Sânges Schwester ist. Aber auch etwas anderes steht hier geschrieben. Schau mal. Nun wissen wir, was das Ritual des Tsaurîn bewirken sollte.“
    Neugierig rutschte Elias zu ihm rüber, um besser in dem geöffneten Buch auf Nicos Schoß lesen zu können. Er erkannte die feine, verschnörkelte Handschrift sofort wieder. Der Inhalt des Textes war jedoch ein anderer.
     
    Die Komplikationen nehmen nicht ab. Als seien Nicos impulsives Verhalten und seine daraus resultierende Unbrauchbarkeit nicht verheerend genug, erweist sich nun selbst Elias’ Verwandlung als problematisch. Nico scheint eine tiefe Verbindung zu ihm zu haben. Jene Art von Verbindung, die Sânge einst als seltenes Phänomen beschrieb: Elias’ Empfindungen sind Nico zugänglich.
    Das Ritual des Tsaurîn muss somit innerhalb kürzester Zeit durchgeführt werden – die Gefangennahme, Entführung und Opferung des Jungen müssen schnell vonstattengehen. So plötzlich, dass Nico sein Verschwinden nicht rechtzeitig bemerkt, denn andernfalls könnte Nicos Gabe ihn zu Elias führen und er würde das Ritual unterbrechen.
    Gleichzeitig dürfen wir uns keinen Fehler erlauben. Die Konsequenzen wären unser Verderben und würden unser schleichendes Ende bedeuten … „Durch Blut erschaffen, durch Blut genährt, durch Blut dem Tode geweiht.“
     
    „Durch Blut erschaffen, durch Blut genährt, durch Blut dem Tode geweiht …“, wiederholte Elias und die Worte kitzelten irgendwo in seinem Hinterkopf eine Erinnerung wach. „Das ist das, was Naferia über die Konsequenzen des Rituals erzählte, durch welches man zum Energievampir wird.“
    „Genau.“ Nico nickte. „Dafür hättest du geopfert werden sollen: damit Elisabeth zu einem Energievampir wird.“ Er schlug den Einband zu und Elias ahnte bereits, weshalb sich sein Freund so schämte. „Davor hatten sie und Melchior keinerlei Kräfte und wussten nicht, wie man jemanden manipuliert. Das bedeutet, ich stand nicht unter ihrem Willen, sie haben mich nicht manipuliert. Ich war bloß naiv genug, um ihnen zu vertrauen.“
    Noch ehe Elias etwas entgegnen konnte, ertönte Naferias sanfte Stimme vom Rand der Straße.
    „Wer ist Melchior?“, wollte sie wissen und sah die beiden durch rote, verweinte Augen hindurch an. Hatte sie sich zurückgezogen, um ihren Tränen freien Lauf zu lassen?
    „Er war Elisabeths – Filanessias – Partner“, erklärte Nico, der offenbar ebenfalls nicht wusste, was er anderes sagen sollte, als ihr einfach zu antworten. „Hast du nie von ihm gehört?“
    Naferia schüttelte den Kopf. „Den muss sie außerhalb des Zirkels kennengelernt haben. Unser Nest hatte sie den Erzählungen nach allein verlassen, ohne Begleitung.“
    Eine flaue Unruhe kroch Elias den Rücken entlang, als er daran dachte, dass es auf der ganzen Welt noch unzählige weitere Vampire gab. Dabei vergaß er beinahe, dass er selbst einer war. Genau wie Nico.
    „Wie wohnte Sânges Schwester?“, fragte Naferia weiter. „Damals hatte sie ja den Platz am Gewässer gewählt, um den Gesetzen der Vampirnatur einen Streich zu spielen. Wie hauste sie anschließend?“
    „Sehr ähnlich“, überlegte Elias laut. „Sie und Melchior lebten in der Krypta einer verlassenen Kirche. Dort, wo man nicht gerade damit rechnet, auf Vampire zu …“ Sich mental ohrfeigend, hielt er mitten im Satz inne. Die Züge um Naferias Mund und ihre Augen herum hatten sich verhärtet, sobald er die Kirche und vor allem ihre zweckmäßige Entfremdung erwähnt hatte.
    Und auch Nico war dies nicht entgangen, was sein abrupter Themenwechsel verriet.
    „Ich habe mir überlegt, dass du in meiner Wohnung leben könntest, sobald ich ausgezogen bin. Also …“ Sein leicht unsicherer Blick richtete sich auf Elias. „Wenn ich bei dir einziehen kann?“
    „Natürlich!“, entgegnete
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