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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz
Autoren: Michael Wallner
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noch mehr sagen würde, aber die lodernde Stimme war verstummt. Nachdenklich drehte sie sich um und kehrte zu Richard zurück. Dabei fasste sie in ihr Haar
und spürte, dass die Spitzen versengt waren. Richard legte den Arm um sie; zusammen sahen sie zu, wie Louise in jene Gefilde entschwand, wo sie endlich Ruhe finden würde. Während Sams Gedanken bei ihrer Mutter und dem Schönen, das sie miteinander geteilt hatten, waren, kam ihr plötzlich ein Einfall.
    »John«, sagte sie leise. Ihr Sohn sollte John heißen. Denn auch wenn John Halbrook nicht ihr leiblicher Vater war, würde er immer ihr Herzensvater bleiben. Seiner Güte und Selbstaufopferung verdankte Sam, dass sie eine glückliche Kindheit gehabt und nichts von dem dunklen Geheimnis erfahren hatte, das ihre Abstammung umgab. John Halbrook, der unscheinbare Vikar aus Lower Liargo, war ein außergewöhnlicher, bewundernswerter Mensch. Er hatte nie etwas für sich gewollt und alles für die Frau getan, die er liebte, und für das Kind, das nicht sein eigenes war. Darum sollte Samanthas Kind seinen Namen tragen.
    »Ich nenne ihn John.« Sie blickte zu Richard hoch.
    Der junge Vampir putzte seine Brille; Rußflöckchen hatten sich darauf festgesetzt. »Mhm, John ist … ein guter Name.«
    Als Sam sich umwandte, war Fortrius Ritter verschwunden.

    In der kommenden Nacht erhob sich überraschender Lärm über Bogdán Voronedz’ Hof. Das Licht eines Scheinwerfers glitt über das Dach, gleich darauf landete ein Helikopter zwischen dem Ziegenstall und der Koppel für die Mulis; erschrocken rannten die Tiere hin und her. Die Klappe öffnete sich, ein einziger Passagier stieg aus. Taddeusz wirkte noch blasser als sonst, dabei sehr ernst.
    Es war Richard, der als Erster aus dem Haus trat. Die Brüder musterten einander feindlich und wachsam.

    »Kommt sie heraus?«, fragte Taddeusz.
    »Sie stillt das Kind.« Richard wirkte gefasst und männlich. Seine Mönchskutte flatterte im Wind der Rotoren.
    »Dann warten wir eben.« Teddie verschränkte die Arme. Er wusste, dass Samantha ohne Richards Hilfe nicht ans Ziel ihrer ungewöhnlichen Reise gelangt wäre, er hatte einsehen müssen, dass sein kleiner Bruder nicht der Tollpatsch war, für den er ihn immer gehalten hatte. Vieles hätte es zwischen den beiden zu sagen gegeben, sie hatten den Tod ihres Vaters zu beklagen – aber war der Tod für einen Vampir nicht die Erlösung? Wusste Teddie nicht, dass Valerian die Macht viel zu lange in den Händen gehalten und dabei das Heraufdämmern einer neuen Zeit für das Vampirgeschlecht übersehen hatte? Taddeusz war sich all dessen bewusst, aber der Zeitpunkt, darüber zu sprechen, war noch nicht gekommen.
    Richard dagegen hatte nur Samanthas Wohl im Sinn. Als sie fertig angezogen, mit dem Kind auf dem Arm, aus dem Haus trat, stellte er sich schützend neben sie. Mit einem Nicken begrüßte Teddie seine Braut und Halbschwester. Für einen Augenblick ruhten seine dunklen Augen sehnsuchtsvoll auf ihr, der nächste Blick galt ihrem gemeinsamen Kind. Sam schob die Decke zurück, versonnen betrachtete der Vampir den kleinen Kopf, die geschlossenen Augen, die Lippen, an denen noch ein Tropfen Milch hing – Milch, nicht Blut. Respektvoll führte er Sam zum Hubschrauber und half Mutter und Kind hinein. Er und Richard folgten. Schweigend schnallten die drei sich an. Die Rotorblätter kreisten schneller, Richard winkte dem guten Bogdán zu; der stampfte mit seinem nackten Fuß im Schnee, grinste, sprang ins Haus zurück und warf die Tür hinter sich ins Schloss.
    Sie verließen die Karpaten in westlicher Richtung, überflogen Sibiu und Hunedoara, bis sie auf einem kleinen
Flughafen nahe der ungarischen Grenze in ein schnelleres Flugzeug umstiegen. Auf der Heckflosse des Privatjets entdeckte Sam das vertraute K . Sie schaute in den sternenklaren Himmel, den das Flugzeug höher und höher erklomm; unter ihnen versank das Land. Auch wenn Samatha ihr künftiger Weg wie eine dunkle, unbekannte Straße vorkam, fühlte sie eines voll Erleichterung: Es war ihr erspart geblieben, ein Geschöpf der Finsternis zu werden. Ausgerechnet Fortriu, die Macht aus dem Reich des Dunklen, hatte es ihr ermöglicht, ein Kind des Lichtes zu bleiben. Welche Auswirkungen seine Prophezeiung über ihre besonderen Kräfte, ihre Aufgabe als Vermittlerin zwischen den Welten haben mochten, war ihr unklar. Sie wusste auch nicht, ob Teddie die neuen Bedingungen kannte, unter denen ein Beisammensein zwischen ihnen möglich
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