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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer
Autoren: Helmut Vorndran
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zog sie ihre Unterhose
hinunter und begann genüsslich ihre Blase auf das Gerät zu entleeren. Nach
wenigen Sekunden zuckte ein kleiner blauer Blitz aus dem Kopf des Behälters,
und das Zischen erstarb. Die alte Frau ging zielsicher und weitersummend zum
Fenster und öffnete es. Langsam begann der Rauch dem Luftzug folgend Richtung
Fenster zu ziehen und schwallte in die erhitzte Atmosphäre des Gartens hinaus,
wo er sich in biochemisches Wohlgefallen auflöste.
    »Feuer, Rauch, Krieg«, brummelte sie leicht protestierend vor sich
hin. Dann lächelte sie versonnen in Richtung Mond, der durch das Fenster
hereinschien. »Die Pfadfinder sind allzeit bereit!«, rief sie laut, warf ihre
Arme Richtung Zimmerdecke in die Höhe und lachte kurz auf. Dann musste sie
heftig husten und blickte die Dose giftig an. Anschließend begann sie wieder
die gleiche monotone Melodie zu summen und begab sich langsam zurück zu ihrem
Bett. Als sie die Bettdecke über sich gezogen hatte, erstarb binnen weniger Minuten
die Melodie, und die alte Frau schlief mit einem äußerst zufriedenen
Gesichtsausdruck ein.
    »Wie seht ihr denn aus?«, fragte Manuela Rast ihren
Kriminalhauptkommissar und schüttelte entsetzt den Kopf. »Habt ihr die Nacht
durchgemacht, oder wie?« Ungläubig starrte sie die beiden an.
    »Ihr konntet wohl nicht abwarten, bis wir weg sind, was?«, mischte
sich nun auch Ute von Heesen ein, die gerade noch die Befestigungen der beiden
voll gefederten Mountainbikes auf dem Heckträger ihres Autos nachgezurrt hatte.
Kopfschüttelnd schaute sie sich die drei offensichtlich übernächtigten Figuren
an, die mit schweren Augenlidern vor ihr standen.
    »Was war los, Riemenschneider? Hast du etwa als weibliche
Aufsichtsperson versagt, Mädchen? Oder womöglich auch noch mit gelumpt?« Sie
ging in die Knie und hob mit dem Zeigefinger der rechten Hand Riemenschneiders
kleine rosa Schnauze an. Dabei bemerkte sie, dass auch das Schweinchen den
einen oder anderen dunklen Schatten unter den Augen hatte. »Du also auch«,
knurrte sie frustriert.
    »Also, ihr Herren der Ringe«, meinte Manuela Rast mit bissigem
Unterton in der Stimme, »dann schießt mal los.«
    »Wir warten …«, fügte Ute von Heesen genauso bestimmt hinzu.
    Die Aufforderungen hörten sich eher wie Drohungen an.
Kriminalhauptkommissar Haderlein öffnete bereits den Mund, um die Situation mit
ein paar einfachen Worten zu erklären, aber sein in solchen Situationen hochbegabter Kollege Lagerfeld kam ihm zuvor – und zwar mit der allerdümmsten Floskel, die
man in einem solch intergeschlechtlich heiklen Moment hervorkramen konnte.
    »Äh, es ist nicht so, wie ihr denkt«, bemerkte er wichtig und voller
Inbrunst. »Ich kann alles erklären.« Dabei ruckelte er nervös an seiner
Sonnenbrille. Haderlein konnte durch die dunklen Gläser sehen, wie sein Blick ob
der sich verschärfenden Situation von der einen zur anderen Inquisitorin
hetzte.
    Aus den Augen der beiden Kommissarfrauen schossen kalte Blitze, die
sich tief und unbarmherzig in Lagerfelds Brillengläser brannten.
    Haderlein bedeckte sein Gesicht mit beiden Händen und sah sich
schon, zusammen mit seinem fettnäpfigen Kollegen, im tiefsten Feuer der
Beziehungshölle schmoren.
    »Wir, äh, waren im Büro … die ganze Zeit … allein«, kam es
unbeholfen aus Lagerfelds Kehle.
    Haderlein wurde bald wahnsinnig. Bei den beiden Mädels sah er
bereits große, dunkle, gewitterschwangere Wolken über den Köpfen schweben. War
sein Kollege noch bei Trost? Lagerfeld hatte es offensichtlich wieder einmal
geschafft, selbst mit der simpelsten Wahrheit allergrößtes Misstrauen bei der Weiblichkeit
zu säen.
    »Aha, im Büro«, tröpfelte es wie Eisregen aus dem Mund von
Lagerfelds blonder Freundin Ute von Heesen. »Nachtarbeit sozusagen. Und wie
heißt das weibliche Wesen, das so lange bearbeitet wurde, hm?«
    »Ich, äh …«, hob Kommissar Bernd Schmitt wieder an, doch sein
älterer Vorgesetzter kam ihm endlich zu Hilfe.
    »Bernd, halt die Klappe!«, rief Haderlein ungehalten. »Schluss mit
dem Blödsinn. Wir waren tatsächlich bis gerade eben im Büro«, bemerkte er
ungeduldig. »Gestern hatten wir eigentlich nur einen kurzen Test mit
Riemenschneider nach Dienstschluss vor, aber der hat sich etwas hingezogen.
Wegen Riemenschneider.« Dabei blickte er Manuela fest in die Augen.
    »Und das ist die Wahrheit!«, rief Lagerfeld noch schnell, doch
Haderlein hob drohend den Finger, bis der nur drei Zentimeter vor Lagerfelds
Nase
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