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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut
Autoren: Lynn Raven
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beugte sich über mich, legte etwas über meine Mitte, zog es an, murmelte.
    »… auch jemand wie Ezra, Patron hin oder her, kann es sich nicht erlauben, seine Leute auf dem Logan Airport herumballern zu lassen. …«
    Wieder Bewegung, wieder Lichter, die huschten, weiße Streifen vor Schwärze zuckten vorbei, wurden zu einem, ein Ruck …
     
    ›Flugzeug‹ war das Erste, was in meinen Gedanken aufflammte, als mein Verstand zurückkehrte. Vor dem Fenster herrschte schwarze Dunkelheit. Sterne hingen darauf. Ich saß einfach nur da. Benommen. Irgendwie orientierungslos. Ich wusste nicht wie lange. Mein Kopf war zu schwer, um ihn zu heben. Gelegentlich trieb der fahle Schleier einer Wolke draußen vorbei. Gefangen. In Tausenden Fuß Höhe. Keine Möglichkeit zur Flucht. Unter meiner Wange war kühles Leder. Natürlich. Was sonst. Das hier war wahrscheinlich sein Privatjet. Das Beste
vom Besten war für Joaquín de Alvaro gerade gut genug. Monster. Ich schloss die Augen, öffnete sie aber sofort wieder, als das leise Schaben von Stoff auf Leder ganz in meiner Nähe erklang. Langsam wandte ich den Kopf. Auf der anderen Seite der Kabine hockte Cris in einem weiteren Sessel. Die Ellbogen auf die Oberschenkel gestützt. Die Finger ineinandergeschlungen – nein, ineinander gekrallt. Der Kerl, der mir die Spritze verpasst hatte, dieser Rafael, saß mir schräg gegenüber. Eben schob er sein Handy in die Hosentasche. Hatte er ihm unser Kommen angekündigt? Was sonst – auch wenn ich mich nicht erinnern konnte, seine Stimme gehört zu haben. Seine hellblauen Augen musterten mich. Ich biss die Zähne zusammen, gab seinen Blick möglichst kalt zurück und richtete mich zugleich aus meiner beinah halb und quer über den Sitz hingegossenen Position auf. Er drehte sich bei der Bewegung ein kleines bisschen. Seine Lippen verzogen sich zu einem feinen, spöttischen Lächeln.
    »Wieder wach, tigresa?« Die oberen Knöpfe seines dunkelgrauen Hemdes standen offen. Die Ärmel waren fast bis zu den Ellbogen hochgekrempelt. Ein breites Lederarmband mit irgendeinem Tribal-Muster lag um sein rechtes Handgelenk. Die Uhr auf der anderen Seite sah ziemlich teuer aus. Hatte er im Auto nicht einen dünnen Rollkragenpullover und ein Sportsakko getragen? »Wie fühlst du dich? Du hast mehr als die Hälfte des Fluges verschlafen.« Auf seinen Jeans war keine Spur von Blut. Er bemerkte meinen Blick. »Das mit dem Messer war kein feiner Zug. – Ich bin Rafael.«
    Erwartete er jetzt ein schlechtes Gewissen von mir? »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich ›Mistkerl‹ zu dir sage. Oder lieber ›Bastard‹?« Vielleicht war der Umstand, dass ich die Worte nur hervorzischte, dafür verantwortlich, dass meine Stimme
nicht zitterte. Und warum sollte ich nett zu ihm sein? Auf wessen Seite er stand, war klar. Daran würde garantiert nichts etwas ändern.
    Sein Lächeln wurde schief und vertiefte sich gleichzeitig. »Autsch, tigresa, autsch. Ich bin gespannt, was Joaquín sagt, wenn du deine Krallen bei ihm auch so ausfährst. Aber sei vorsichtig, nicht dass du damit irgendwo hängen bleibst und sie dir selbst ausreißt. Er mag es zwar, wenn ihm jemand Kontra gibt, trotzdem solltest du es nicht übertreiben. – Nun, wie ist es? Hungrig? Durstig? Kann ich dir etwas bringen?«
    »Ich will zurück nach Boston!« Scharf und fest. Noch immer keine Spur von Unsicherheit. Obwohl mir viel eher nach Betteln und Flehen zumute war. Und das mit jeder Minute mehr. Ich war auf direktem Weg zu ihm. Dem Typen, der mein Blut wollte, der der Grund war, dass ich mein ganzes Leben davongelaufen war.
    »Dein Platz ist auf Santa Reyada. Und genau dorthin werde ich dich bringen.« Mit einem Schlag war jede Spur von Belustigung aus seinem Gesicht verschwunden. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich zurückgewichen.
    Santa Reyada. An der Westküste. Irgendwo zig Meilen östlich von Los Angeles. »Ich will …«
    Abrupt stand er auf. Seine Augen waren von einer Sekunde zur nächsten eiskalt. Was auch immer ich ›gewollt‹ hatte: Es blieb mir im Hals stecken. »Im Moment hast du nichts zu wollen.«
    »Lass sie in Frieden, Rafael.«
    Er warf Cris einen harten Blick zu, wandte sich dann wieder mir zu. »Wenn ich nichts für dich tun kann, entschuldigst du mich besser.« Ebenso jäh, wie er aufgestanden war, drehte er
sich um und marschierte Richtung Cockpit, jeder Schritt ein unübersehbares Hinken. Gleich darauf klackte eine Tür.
    Ich starrte ihm nach. Er würde mich zu ihm
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