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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut
Autoren: Lynn Raven
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beinah ebenso glitzernd und farblos wie die eines Nosferatu, nur ein Hauch von fahlem Blau in den Tiefen. Ich konnte seinen Blick kaum erwidern. Für eine Sekunde hob er wie fragend eine Braue, doch als ich schwieg, nahm er die Hand von der Lehne, ging ein Stück weiter den Gang entlang Richtung Heck, wo er sich auf einer ausladenden Sitzbank niederließ und sein Handy aus der Hosentasche zog.
    Einer der beiden Männer hinten in der Kabine ließ die Zeitung sinken, in der er anscheinend die ganze Zeit gelesen hatte, und sagte etwas. Der andere lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen in einer Ecke und rührte sich nicht, schlief vermutlich. Ich hatte sie bisher nur am Rande wahrgenommen. Rafaels Antwort war ein Murmeln, zu leise, als dass ich ihn hätte verstehen können. Der Mann nickte und widmete sich weiter seiner Zeitung.
    Ich sah wieder aus dem Fenster. Ich musste es zumindest versuchen. Immerhin hatte ich nichts zu verlieren. Und trotzdem war ein Teil von mir vor Angst wie benommen.
     
    Unter uns war nichts als Dunkelheit, als sich die Nase des Jets irgendwann sacht dem Boden entgegen zu senken begann. Nur als er sich einmal in eine weite Kurve legte, erhaschte ich einen kurzen Blick auf ein breites Band funkelnder Lichter, die der Linie einer Küste zu folgen schienen. Doch kurz darauf waren auch sie schon wieder in der Schwärze verschwunden.
    Und dann hatte Rafael unvermittelt vor mir gestanden, wortlos
den Gurt um meine Mitte geschlossen und sich erneut in den Sessel mir gegenüber niedergelassen. Seitdem lag sein Blick wieder unverwandt auf mir. Ich konnte ihn spüren, obwohl ich die Augen starr aus dem Fenster gerichtet hielt.
    Als die Landebahn vor uns auftauchte, bewegte Cris sich auf seinem Platz auf der anderen Seite des Ganges unruhig. Ich saß einfach nur da. Lichter blitzten entlang der fahlen Linie aus Asphalt, die sich in der Nacht verlor. Ein kleiner Tower. Ein Hangar. Ein Schuppen. Die Schatten von ein paar Autos huschten unter uns vorbei … Der Umriss eines schlanken Flugzeugs mit schmalen, verwirrend langen Tragflächen … Ein Ruck und das Geräusch der Bremsen, das Pfeifen der Triebwerke …
    Selbst als der Jet schließlich stand, rührte ich mich nicht. Durch das Fenster konnte ich in der Ferne ein paar einzelne Lichtpunkte ausmachen. Häuser? Wie weit war es bis zur nächsten Stadt? Kühle Nachtluft drang von draußen herein. Jemand musste die Tür geöffnet haben. Ich löste die Augen aus der Dunkelheit, als Rafael sich über mich beugte und meinen Gurt löste. Sie brachten mich zu ihm. Rafael ergriff mich am Arm, zog mich von meinem Sitz hoch. Nicht grob. Oder unfreundlich. Er tat es einfach. Außer uns war niemand mehr in der Maschine. Er sagte etwas, aber ich verstand ihn nicht. Er brachte mich zu ihm. Die Hand immer noch an meinem Ellbogen, hielt er auf die Tür zu. Ich ging neben ihm her. Sein Blick glitt immer wieder zu mir. Prüfend. Misstrauisch. Auf der Treppe verfehlte ich einen Tritt. Oder wollten meine Beine mich einfach nur nicht mehr weiter tragen? Sein Griff verhinderte, dass ich mehr tat, als die letzten beiden Stufen schneller zurückzulegen als die vorherigen. Wieder ein Blick.
    »Alles okay?«

    Ich hätte nichts lieber getan, als meinen Ellbogen aus seiner Hand zu reißen und um mein Leben zu rennen. Er brachte mich zu ihm. Und fragte allen Ernstes, ob alles in Ordnung war?
    »Da lang.« Hatte es ihm mit meiner Antwort zu lange gedauert? Hatte er überhaupt eine erwartet? Er dirigierte mich auf eine dunkle Limousine zu. Sah sich dabei immer wieder um.
    Hinter uns verloschen die Lichter der Landebahn. Nur über dem Tor des Hangars brannte noch eine Lampe. Der Lack des Wagens schimmerte wie graue Perlen. Ein Stück weiter rechts schlugen Türen, grollte ein Motor, Scheinwerfer flammten auf, entfernten sich. Verwirrt sah ich ihnen nach. Rafael ging wortlos weiter. Seine Finger umschlossen immer noch meinen Arm. Ich stolperte neben ihm her. Cris wartete an der Beifahrertür. An der hinteren ein Mann mittleren Alters. Das Haar schon schütter und beinah weiß im Licht der Scheinwerfer.
    »Sanguaíera.« Mit etwas wie einer Verbeugung öffnete er die Tür, sah mich dabei aufmerksam an. Ich blieb stehen. ›Sanguaíera. ‹ Blutbraut. Sie brachten mich zu ihm. Ich drehte mich um und rannte. Oder wollte es. Rafaels Hand war noch immer an meinem Arm. Hielt mich fest, riss mich zurück. Ich strauchelte, schürfte mir die Handfläche auf dem Asphalt auf, den Arm
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