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Blut soll fließen

Blut soll fließen

Titel: Blut soll fließen
Autoren: James Ellroy
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Chemie?«
    Er wandte sich um. Von wegen Chubby Checker. Reggie sah aus wie Harry Belafonte mit weißen Flecken und einem Fu-Man-Chu-Schnauzer.
    »Ich glaube an alles«, sagte Crutch.
    Der Schlaf fand ihn und gewann. Er wollte alles noch mal sehen und sich von Wayne verabschieden. Er kippte weg und nahm knapp Zigarettenrauch wahr.
    Dann roch er den Flughafen. Kerosin und verbrannten Gummi. Danach hörte er Sprechchöre.
    »Muerto«, »La Banda«, »Razzien« en espahol.
    Er machte die Augen auf. Er sah Jugendliche mit schwarz umrandeten Plakaten. Das Foto eines dunkelhäutigen Mannes. ESTEVANJORGE SANCHEZ, 1929-1972.
    Er schloss die Augen erneut. »Nicht einschlafen«, sagte Reggie. »Wir sind da.«
    Der Liliputaner hatte sie Erster Klasse ausgeflogen. Reggie war lang. Er freute sich über den Platz für die Beine. Crutch versuchte, Joan zu beschwören, und musste ununterbrochen an Estevan Sän-chez denken.
    Reggie war die Ruhe selbst. Er nahm alles als gegeben hin. Er nörgelte nicht, fragte nicht und protestierte nicht. Reggie, das dämliche Genie mit der höllischen Vergangenheit.
    Crutch blieb wach. Die Angst vor Albträumen gab ihm neuen Schwung und hielt ihn aufrecht. Reggie las Chemiebücher und aß zu viel. Seine Brandwunden wirkten exotisch. Die Stewardess fand ihn süß. Reggie, der ungeschlachte und engelgleiche Fachidiot.
    Crutch wurde auf einmal wütend. Das Brummen der Düsentriebwerke nervte ihn irgendwie. Ihm wurde schwindelig. Der Schlaf sprang ihn an und gewann.
    »Sir, wir sind angekommen.«
    Die Stewardess stupste ihn an. Die Erste Klasse hatte das Flugzeug bereits verlassen. Reggie war weg. Nein, noch nicht. Bitte, Gott - lass mich sehen -
    Er sprang auf. Er schnappte sich seine Tasche und schubste Leute beiseite. Sein Jackett ging auf. Die anderen sahen die Waffe und bekamen es mit der Angst zu tun. Er kämpfte sich die Rampe hinunter. Er stieß ein paar Hippies und eine Nonne mit dem Ellbogen weg. Er sah Reggie und Mary Beth, die sich umarmten.
    Der Junge schluchzte. Mary Beth hatte Reggies Kopf an sich gezogen. Sie sah auf und erblickte Crutch. Sie gönnte ihm einen Blick ihrer grün gesprenkelten Augen, dann nahm sie ihren Sohn mit.
    (Los Angeles, 13.04.72)
    Joan stellte Identitäten zusammen.
    Sie arbeitete an Dwights Schreibtisch. Klein und Sifakis waren nun verbrannt. Zu viel war geschehen. Williamson, Goldenson, Broward und Faust hatte sie zu oft benutzt.
    Sie brauchte Geburtsurkunden. Der Forest-Lawn-Friedhof hatte ihr einen Gräberplan geschickt. Darin wurden Namen, Geburtsdaten und Todesdaten aufgeführt. Sie blätterte den Plan durch. Die Verstorbenen wurden alphabetisch aufgeführt. Sie brauchte zwei Frauen, Geburtsdaten um 1920, eine ethnisch zuordnungsfähig, die andere nicht. Sie war jüdisch und sah so aus. Karen war griechisch und sah nicht so aus.
    Sie ging die Listen durch. Bei passenden Namen und Geburtsdaten gab es kaum Wahlmöglichkeiten. Sie brauchten alleinstehende Frauen. Wenig Familie oder keine. Was zusätzliche Nachforschungen erforderlich machte. Daraus ergaben sich dann: Führerschein, Sozialversicherungskarte, offizielle Akteneintragungen.
    Die Namen langweilten sie. Sie trank Tee und zündete eine Zigarette an. Die Narben am Handgelenk juckten. Sie sah sich in der Notunterkunft um.
    Ein Umschlag an der Tür. Teures Papier. Das kaum unter den Türschlitz passte.
    Sie stand auf und griff danach. Sie sah die Initialen auf der Rückseite. Sie riss ihn auf und las die Mitteilung.
    Mi Amor,
    Me quedo. Por la Causa. Con respeto al regalo que eres tu.
    Celia hatte das Blatt unter der Unterschrift geküsst. Ihre Lippen hatten einen leuchtend roten Abdruck hinterlassen.
    ( Los Angeles, 14.04.72)
    Film ab.
    Clyde und Buzz waren weg. Crutch ließ den Projektor im Hauptbüro laufen. Er fädelte den Film ein und setzte die Lochung auf die Zahnkränze. Er schaltete das Licht aus und zog die eingebaute Leinwand herunter. Er richtete den Strahl aus, und der Film lief ab.
    Farbfilm, körnig. Er fummelte an der Einstellung. Jetzt ging's besser - das Bild wurde scharf.
    Einblenden. Ein Schwenk. Ein Wohnzimmer. Die Kamera zeigt ein Fenster. Draußen ist es hell. Das Zimmer ist klein und billig eingerichtet. Gehört nicht zum Horror-Haus.
    Das Bild bleibt stehen: das Wohnzimmer, nah. Fünf Leute kommen ins Bild. Drei Frauen, zwei Männer. Sie sind alle nackt, mit Körperbemalung. Voodoo-Symbole, von Kopf bis Fuß. Die beiden Männer sind schwarz. Zwei Frauen weiß. Alle tragen hölzerne
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