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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten
Autoren: Rebecca Abrantes
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hoch. »Warum fragst du, wenn du Gedanken lesen kannst?«
    »Dass ich es kann, Liebes, ist nicht gleichbedeutend damit, dass ich es ständig tue. Es sei denn, du drängst es regelrecht auf, indem du ...«
    »... schreist. Schon klar«, schnitt ich ihm abwinkend das Wort ab. »Ich habe gerade überlegt, ab wann unser Untermieter so viel Platz einnehmen wird, dass ich mich kaum mehr bewegen kann. Inzwischen kneifen die Hosen doch schon etwas.«
    Für einen Augenblick wirkte Darian irritiert, dann aber strahlte er über das ganze Gesicht und legte eine Hand sanft auf meinen Bauch. »Dieses kleine Wunder wird dir genug Spielraum lassen, dass du es jederzeit vom Bett zum Kühlschrank und wieder zurück schaffen wirst.«
    »Sehr umsichtig«, brummte ich missmutig und musste dennoch lachen. »Du bist unmöglich, weißt du das?«
    »Weil ich dir deinen schlimmsten Albtraum aufzeige?«
    »Weil du mir bestätigst, dass ich kugelrund sein werde.«
    »Was durchaus natürlich ist und dich nicht weniger liebenswert macht«, erwiderte er ungerührt und schob mich mit einem Klaps zur Tür. »Und nun beweg dich, bevor wir unseren Flug verpassen und du tatsächlich nicht mehr vorankommst, weil du auf wundersame Weise aus dem Leim gegangen bist.«
    Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr! Grimmig verließ ich die Bibliothek. Sein amüsiertes Lachen folgte mir in den Gang hinaus.
    Wer kennt nicht das Gefühl von Wehmut, das einen beim Rückblick auf einen Lebensabschnitt befällt, egal wie kurz dieser auch gewesen sein mag? Da zieht sich das Herz ein wenig zusammen, der Mund wird trocken, und die Augen im Gegenzug leicht feucht.
    Zeitgleich rauschen Erinnerungen durch den Sinn, die man fast schon vergessen geglaubt hat.
    So genau erging es mir, als ich aus dem Fenster des Bentley blickte und einen letzten Blick die Allee entlang auf das stattliche, alte Herrenhaus erhaschte, in dem ich die letzten Monate verbracht hatte und das mir wie eine uneinnehmbare Festung erschienen war. Nur noch kurz sah ich Eileen uns von der obersten Stufe der Steintreppe aus nachwinken, dann bog der Wagen in das Waldstück ein, das das ganze Anwesen umgab, und das Haus verschwand hinter den Bäumen.
    Als ich das erste Mal meinen Fuß auf diesen Boden gesetzt hatte, war es Frühling gewesen. Die Natur hatte gerade erst ihr neues Kleid angelegt, frische Farben aufgetragen und sich mit allerlei Blumen, Blüten und Knospen geschmückt. Der Geruch der Erneuerung hatte in der Luft gelegen. Nun hatten sich die ersten Blätter verfärbt, und aus dem hellen und satten Grün war abermals eine Farbenpracht entstanden, die ich erst jetzt richtig wahrnahm. Somit auch die Zeit, die verstrichen war.
    So viel hatte sich verändert, nicht nur die Natur. Auch ich war nicht mehr dieselbe. War ich anfangs nur auf meinen Job fixiert gewesen und recht blind durch das Weltgeschehen gestolpert, wurden mir dann die Augen auf eine Weise geöffnet, die ich nie für möglich gehalten hätte. Für die Vorstellung, es gäbe Vampire, hätte ich vor Monaten nur ein müdes Lächeln übrig gehabt. Ich hatte sie für Hirngespinste und übersteigerte Fantasien gehalten und ihre Existenz vehement abgestritten. Dann durfte ich feststellen, dass mein Vater sich in dieser für mich anfangs irrealen Welt so natürlich bewegte wie jemand, der in einer Snack-Bar einen Hot Dog mit Cola kauft. Ich hatte eine Einführung in diese Welt bekommen, die an ein militärisches Ausbildungslager erinnerte, hatte mich mit Wesen jener Schattenwelt angelegt und gut Federn lassen müssen – und ich hatte es überlebt.
    Inzwischen saß ich zusammen mit meinem Dad und einem durch und durch britischen Butler, dessen trockene Art selbst das Amazonasgebiet in eine Wüste verwandeln könnte, neben zweien von diesen Hirngespinsten in einem Bentley mit abgedunkelten Scheiben. Ich liebte eines von ihnen so sehr, dass ich mein Leben für es riskieren würde, und trug zudem unser gemeinsames Kind unter meinem Herzen. Und ganz nebenbei fuhr ich einer Zukunft entgegen, von der ich ahnte, dass sie mich vermutlich mit mehr Übernatürlichkeiten konfrontieren würde, als ich mir derzeit ausmalen konnte. Doch inzwischen bewegte ich mich in dieser für viele Menschen surrealen Welt mit absoluter Selbstverständlichkeit und war gerade auf dem Weg, meinen in diese schrägen Geschehnisse irgendwie verwickelten Bruder zu retten, als wollte ich nun ebenfalls einen Hot Dog mit Cola bestellen. Und das im Big Apple.
    Ich war mir
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