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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen
Autoren: Thomas Kuban
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Rechtsanwalt Hammer konnte ich aus nächster Nähe filmen, wie sie unter anderem dem Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß musikalisch huldigten. Ein Großteil der 800 Besucher hob die Arme zum Hitlergruß in Richtung Bühne – auch das hatte ich im Bild. Allerdings war mein Mikrofon zu empfindlich für ein Rockkonzert. Es übersteuerte ob der Lautstärke. Sogar meine Hosenbeine flatterten vor den Boxen, wenn die E-Gitarren Druck machten. Und was noch ärgerlicher war: Als die Überraschungsband »Race War« loslegte und ich mich erneut durch die Menge gearbeitet hatte, versagte das Aufnahmegerät teilweise – wegen eines Festplattenfehlers.
    Ein Forenmitglied namens »Terror« schrieb nach der Sendung im Internet: »Was die ›Überraschungsband‹ betrifft, ich will mal hoffen, dass die Aufnahmen denen hoffentlich nicht noch zum Verhängnis werden.« Die nationale Frauenaktivistin Isabell P. alias »Celticfrica« behauptete gar: »Es wird noch einiges kommen. Es wurde nicht alles gezeigt, was aufgenommen wurde. Das weiß ich seit heute aus sicheren Quellen. Der Staatsschutz hat einiges, und einer gewissen Band wird es übel an den Kragen gehen.«
    Noch während die berüchtigte Band auf der Bühne stand, erreichte mich eine SMS der Kollegen von Spiegel TV , die zum Aufbruch drängten. Schließlich galt es noch in der Nacht den Stuttgarter Flughafen zu erreichen, um in den frühen Morgenstunden nach Hamburg zu fliegen. Das schaffte ich gerade noch rechtzeitig.
    Beim Einchecken erwartete mich die Leibesvisitation, die mir am Vorabend Gott sei Dank erspart geblieben war. Und diese Durch | 28 | suchung geriet zu einer zeitraubenden Angelegenheit, da ich noch keine Gelegenheit gehabt hatte, mich umzuziehen. Ich sah folglich immer noch wie ein Nazi aus, weshalb ich das geballte Misstrauen der Flughafen-Security auf mich zog.
    So bin ich wenige Stunden später auch in der Redaktion von Spiegel TV hereinmarschiert, wo ich von einem der Redaktionsleiter sofort den Kollegen vorgestellt wurde: »Das ist der Verrückte, der .« Ein Frühstücksbuffet wie in einem Fünf-Sterne-Hotel entschädigte mich für die Strapazen. Erstmals war ich da, wo ich beruflich hinwollte – in der journalistischen Bundesliga. | 29 | | 30 |

Kapitel 2
    RECHERCHE BEI DEN RASSE-KRIEGERN
    »The 4th Reich is what we are fighting for. our terrorist attacks will change the world.«
    Terrorankündigung der Band »Race War« in einem ihrer Lieder | 31 | | 32 |
    Der »11. September« am 4. Oktober 2003: Als der gleichnamige Song der Band »Race War« erklingt, gibt es kein Halten mehr für die 800 Neonazis, die sich in einer Halle im elsässischen Hinsbourg zusammengerottet haben. Den Text können viele auswendig: »Jupheidi und bumsfallera, das World Trade Center ist nicht mehr da.« So lautet der Refrain. Und bezogen auf Israel heißt es: »Ach, bombt doch all die Scheiße weg.«
    Den Skinheads vor der Bühne ist zum Tanzen zumute: Pogo ist angesagt – sie springen sich mit entblößten, schweißnass glänzenden Oberkörpern an. Manche sind so extrem tätowiert, dass ihre Kriegsbemalung dem Muster eines T-Shirts gleicht. Immer wieder geht einer zu Boden. Verursacht von dem aggressiven Tanz und vom vielen Alkohol, der vor allem als Bier fließt.
    Schon bevor ich an jenem Herbsttag meine Undercover-Recherchen mit der Knopflochkamera begonnen hatte, hatten die Rasse-Krieger aus Schwäbisch Gmünd mein journalistisches Interesse geweckt. Sie waren auf dem besten Weg, in die Fußstapfen jener »Landser« aus Berlin zu treten, die als »Braune Musik-Fraktion« gegen den Staat angetreten waren und anno 2003 vor Gericht standen. Was ihre konsequent strafbaren Texte und ihre konspirative Vorgehensweise betrifft, hatten die »Terroristen mit E-Gitarren« aus Berlin neue Maßstäbe gesetzt. »Landser« war die erste Musikgruppe, die von einem bundesdeutschen Gericht als »kriminelle Vereinigung« eingestuft wurde.
    »Race War« eiferte dieser Szene-Kultband nach, wenn man ihren Werdegang in strafrechtlicher Hinsicht betrachtet. Die vier Schwaben stürmten mit militanten Liedern die internationalen Neonazi-Charts. Die Polizei ermittelte alsbald – unter anderem wegen des Aufrufs zum Krieg. Der Sänger war Bundeswehrsoldat. Während die Szene- | 33 | Promis aus dem Norden auf ihr Urteil warteten, hatte der Nachwuchs im Süden immerhin schon mit Hausdurchsuchungen zu kämpfen.
    Dem Staatsschutz gelang es, einen Keil in die Kapelle zu treiben. Von der
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