Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blood and Chocolate - Curtis Klause, A: Blood and Chocolate - Blood and Chocolate

Blood and Chocolate - Curtis Klause, A: Blood and Chocolate - Blood and Chocolate

Titel: Blood and Chocolate - Curtis Klause, A: Blood and Chocolate - Blood and Chocolate
Autoren: Annette Curtis Klause
Vom Netzwerk:
wirbelte herum. Ich brauche keine Menschen. Ich habe immer noch das Rudel, und wir werden bald weiterziehen. Doch es war ihr nicht egal. Das Rudel war zerrissen, und inmitten dieser Menschen war sie Wolf – loup-garou -, und das machte sie zu einer unerwünschten Außenseiterin. Aber sie würden mich mögen, wenn sie sich die Zeit nähmen, mich kennenzulernen , dachte sie. Sie kennen mich nur nicht.
    Sie warf sich aufs Bett und streckte die Beine in die Luft, um deren geschmeidige Kurven zu bewundern, wobei sie mit den Händen die Hüften stützte. Sie reckte sich, so hoch wie möglich, mit gestreckten Zehen, ausgestreckten Fingern, die Muskeln in süßer Anspannung, beinahe so süß wie die Verwandlung. »Ich bin stark«, flüsterte sie. »Ich kann mit der Nacht laufen und die
Morgendämmerung einfangen. Ich kann ein Loch in den Himmel treten.« Um ihre Worte zu unterstreichen, stieß sie kräftig mit einem Fuß zu. Dann rollte sie sich zu einer Kugel zusammen.
    Sie vermisste ihren Vater – seinen Rat, seinen Trost. Bei dem vertrauten Schmerz fletschte sie die Zähne.
    Im Liegen konnte sie die freie Wand sehen, von der sie sämtliche Möbelstücke weggeräumt hatte, und das Wandgemälde, das sie begonnen hatte, um sich zu trösten und dieses Zimmer zu ihrem zu machen.
    Zerklüftetes, dichtes Schwarz ließ den Wald zu etwas Wildem werden, eine Schicht auf der nächsten; der gemalte Mond schien grell. Rote Flecken durchschnitten das Dunkel – Augen, Blut.
    Loups-garoux rannten durch die Mondscheinlachen einer Nacht in der uralten Vergangenheit ihres Volkes. In den Geschichten hieß es, dass sie durch Ritual, Opfer und heiligen Eid ihre Seelen dem Waldgott öffneten, dem großen Jäger, der die Gestalt eines Wolfes annahm. Zur Belohnung für ihre Hingabe schenkte sein Weibchen, der Mond, ihnen die Gabe, mehr zu sein als ein Mensch. Da konnten sie die Pelze erlegter Tiere von sich werfen und sich ihre eigenen wachsen lassen, ihre Messer aus Feuerstein weglegen und sich stattdessen ihrer Zähne bedienen. Die Kinder ihrer Kindeskinder trugen immer noch das Tier in sich, und alle waren Untertanen des Mondes.
    In der Mitte des Wandbildes würde sie selbst Teil der Nacht werden, würde sie mit dem Rudel ihrer Ahnen laufen.
Doch wann auch immer sie jetzt nach dem Pinsel griff, sah sie sich dort nicht. Ein Traum zu dem Bild suchte sie immer wieder heim. Sie war von Dunkelheit umgeben und konnte die Schnauzen um sich herum nicht sehen. Sie lief und lief, versuchte, die offene Nacht zu erreichen, doch bedrängten sie die riesigen Gestalten und scheuerten ihr die Haut mit ihrem rauen, dicken Fell auf, während sie gegen sie stießen und sie anrempelten. Und sie konnte sich keinen Pelz wachsen lassen. Es war immer das Fell der anderen auf ihrer Haut, und dann erwachte sie mit einem Schrei.
    Wie um dem Traum entgegenzuwirken, war sie eine Zeit lang wie besessen gewesen und hatte Dutzende kleinerer Bilder und Skizzen von dem Rudel angefertigt, das sie aus ihrer Kindheit kannte. Sie hingen an ihrem Wandschrank und stapelten sich in dem Spalt zwischen ihrer Kommode und der Wand. Sie halfen ihr, die Vergangenheit zu bewahren. Sie verhinderten, dass sie den Verstand verlor.
    Ihr Kunstlehrer hielt sie für eine dieser jungen wilden Punkkünstlerinnen und schwärmte von der Kraft des Expressionismus. Großer Mond, er würde sich in die Hose machen, wenn er wüsste, dass meine Motive echt sind , dachte Vivian schadenfroh. Er hatte sie überredet, ein paar Kopien bei der Literaturzeitschrift der Schule einzureichen. Zuerst hatte sie gelacht – aber warum eigentlich nicht? Und nun befand sich zu ihrer Überraschung ein Bild von ihr ziemlich genau in der Mitte von The Trumpet . Vivian lächelte. Und zweifellos hielten diese Menschen
ihre Arbeit für eine total coole Vision, unendlich angesagt und gefährlich.
    Der Gedanke, dass sie in diesem bescheidenen Maß doch akzeptiert worden war, verscheuchte die düstere Stimmung, und Vivian sprang auf und holte ihren Rucksack, um noch einen Blick auf das abgedruckte Bild zu werfen. Sie sollte die Zeitschrift eigentlich offen auf dem Küchentisch liegen lassen, damit Mom sie morgen sähe, bevor sie zur Arbeit ging. Würde sie die Kunst ihrer Tochter wiedererkennen? Wäre sie stolz?
    Die Zeitschrift roch nach Hochglanzpapier und fühlte sich kühl an. Vivian schlug ihr Bild auf und verschlang die seidene Lebendigkeit und Reinheit. Und werden die Mädchen an der Schule mich jetzt endlich bemerken? ,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher