Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
Belastbarkeit,
alle Statistiken über Dehnfähigkeit und Standfestigkeit plötzlich bedeutungslos angesichts des Schreckens, der von Sekunde
zu Sekunde stärker von ihm Besitz ergriff. Ein Schwindelanfall
überkam ihn, und er streckte instinktiv seine rechte Hand aus,
um sich an den Drahtschlingen des Käfigs festzuhalten.
»Ist alles mit dir in Ordnung, Glen?«
    Alan Clines Stimme schien von weither zu kommen, sie
klang so, als ob er vom Grund des Schachtes aus spräche. Aber
Glen sah, daß Alan nur wenige Zentimeter von ihm entfernt
stand. Er klammerte sich am Maschengitter fest und versuchte
die aufsteigende Panik zu unterdrücken. Entschlossen schaute
er zum Himmel hinauf, und einen Moment lang kam ihm alles
ganz normal vor. Die letzten Schwaden des morgendlichen
Nebels waren verflogen, und nichts trübte mehr das weite Blau
des Himmels über ihm außer ein paar flaumigen, weißen
Wolken, die sich auch schon aufzulösen schienen. Er holte tief
Luft und hatte das Gefühl, sich wieder unter Kontrolle zu
haben. Schließlich ließ er das Gitter los, sah zu seinem Partner
hinüber, brachte ein schwaches Lächeln zustande und sagte:
»Tolle Aussicht von hier, was?«
    »Für diejenigen von uns, die sie sehen können, schon«,
bemerkte Alan Cline. Nur Glen stand noch im Aufzug, Jim
Dover war bereits dabei, eine der Champagnerflaschen zu
entkorken, die in der Kühlbox, die er gleich morgens hinaufgebracht hatte, lagerten. »Kommst du, oder sollen wir dir dein
Glas in den Aufzug bringen?«
    Behutsam stieg Glen auf die Plattform. Sie bestand aus
unterschiedlich langen Planken, die mit schweren Bolzen in
den Doppel-T-Trägern verankert waren und eine drei auf vier
Meter große Tragfläche boten.
    Ausreichend Platz für vier Männer, redete sich Glen ein.
Doch kurz nachdem er sich beruhigt hatte, überkam ihn ein
neuer Schwindelanfall, und er hielt sich an der Aufzugstür fest.
Er konzentrierte sich darauf, tief und gleichmäßig zu atmen, bis
der Schwindel vorüberging. Als Jim Dover ihm ein Glas
Champagner brachte, riskierte er es schließlich, seinen Blick
schweifen zu lassen. Es war tatsächlich eine großartige
Aussicht. Man konnte nicht nur nach Osten über die Kämme
der Capitol Hills blicken, sondern auch noch einen Blick auf
ein kleines Stück des Lake Washington erhaschen. Im Norden
erhob sich in weiter Entfernung der Mount Baker, im Süden
der Mount Rainier. Überwältigt von der Schönheit des
Rundblicks, lockerte Glen unbewußt seinen Griff, machte
einen Schritt nach vorn und erhob sein Glas. »Auf den
schönsten Platz für einen Park in der Geschichte Seattles!« Er
leerte den Plastikbecher, warf ihn hinunter und ging näher auf
die Ecke der Plattform zu, um hinterherzusehen.
Zuerst spürte er das Kribbeln in der Leistengegend, dann
kam es ihm vor, als würde sich ihm der Magen umdrehen. Das
schlimmste aber war das schreckliche Gefühl, von irgendeiner
Kraft nach vorn und in den Abgrund hinunter gezogen zu
werden.
Er kämpfte dagegen an und machte einen Schritt rückwärts.
Dann schnürten ihm wieder die Metallbänder seine Brust
zusammen, sein linker Arm begann zu prickeln, und er spürte,
daß sein ganzer Körper von kaltem Schweiß bedeckt war.
»Glen?« hörte er jemanden seinen Namen sagen, doch die
Stimme drang wie durch Watte zu ihm. »Um Himmels willen,
Glen, was ist los?«
Glen taumelte nach hinten und tastete nach etwas, auf das er
sich stützen konnte. Doch er fand nichts…
Mit der rechten Hand versuchte er verzweifelt nach dem
Aufzug zu greifen.
Verfehlt.
Er taumelte weiter, seine Knie schwankten, er hatte keinen
Gleichgewichtssinn mehr.
Es war sein Herz. Irgend etwas war mit seinem Herzen nicht
in Ordnung. Es pochte in den Ohren, schlug wie verrückt in
seiner Brust. Jetzt zogen sich die Eisenbänder um seine
Lungen, und er rang nach Atem.
»Er hat einen Herzanfall!« rief einer der Männer. Glen
spürte, daß er kräftig an den Schultern gepackt, gestützt und zu
den dicken Planken der Plattform geführt wurde. »Hast du dein
Telefon dabei, Jim?«
Jim Dover hatte auf seinem Handy bereits die Nummer des
Notrufs gewählt, und als George Simmons und Alan Cline sich
neben den auf dem Rücken liegenden Jeffers knieten, war der
Notarztwagen schon bestellt. Dann schrie Dover in sein
Walkie-Talkie, mit dem er mit der Mannschaft unten Kontakt
aufnehmen konnte. Einen Moment später hatte er all seine
Befehle erteilt, steckte das Gerät wieder ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher