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Blinder Passagier

Blinder Passagier

Titel: Blinder Passagier
Autoren: Patricia Cornwell
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Schlangen. Sie brauchen niemanden, der sie warm hält.«
    »Ich hasse sie«, sagte Anderson. »Sie hat mich wie Dreck behandelt.«
    »Warum sind Sie dann immer wieder zu ihr gekommen?«, fragte Marino.
    Anderson fixierte mich, als hätte sie Marino nicht gehört. »Sie saß auf dem Stuhl, auf dem Sie jetzt sitzen. Und ich musste ihr einen Drink machen, ihr die Schultern massieren, sie von hinten bis vorn bedienen. Manchmal wollte sie, dass ich sie massiere.«
    »Haben Sie es getan?«, fragte Marino.
    »Sie hatte dann nur einen Morgenmantel an und legte sich aufs Bett.«
    »Auf das Bett, auf dem sie ermordet wurde? Hat sie den Morgenmantel für die Massage ausgezogen?«
    Andersons Augen funkelten, als sie sich ihm zuwandte.
    »Sie hat sich immer noch genügend bedeckt gehalten. Ich habe ihre Kleider in die Reinigung gebracht und ihren verdammten Jaguar aufgetankt und - Sie war so gemein zu mir!«
    Anderson klang wie ein Kind, das wütend auf seine Mutter war.
    »Das war sie bestimmt«, sagte Marino. »Zu vielen Leuten.«
    »Aber ich habe sie nicht umgebracht, oh Gott! Ich habe sie nie berührt, außer sie wollte es.«
    »Was war gestern Abend?«, fragte Marino. »Sind sie vorbeigekommen, weil Sie sie unbedingt sehen mussten?«
    »Sie hat mich erwartet. Ich sollte Tabletten und Geld vorbeibringen. Sie mochte Valium, Ativan, BuSpar. Sachen, die sie entspannt haben.«
    »Wie viel Geld?«
    »Zweitausendfünfhundert Dollar. Bar.«
    »Die sind nicht mehr da«, sagte Marino.
    »Es lag auf dem Tisch. Dem Küchentisch. Ich weiß nicht. Wir haben Pizza bestellt, ein bisschen was getrunken und geredet. Sie war schlecht gelaunt.«
    »Weswegen?«
    »Sie hatte erfahren, dass Sie in Frankreich waren«, sagte sie zu uns beiden. »Bei Interpol.«
    »Ich frage mich, wie sie das herausgefunden hat.«
    »Wahrscheinlich von Ihrem Büro. Vielleicht wusste Chuck es.
    Keine Ahnung. Sie bekam immer, was sie wollte, fand immer heraus, was sie wissen wollte. Sie dachte, dass eigentlich sie zu Interpol hätte fliegen sollen. Sie hat nur darüber geredet. Und dann fing sie an, mir an allem, was schief gegangen ist, die Schuld zu geben. Wie die Sache auf dem Parkplatz vor dem Restaurant, die E-Mail, die Patzer bei der Spurensicherung im Quik Cary. Einfach für alles.«
    Die Uhren schlugen und gongten. Es war zwölf Uhr mittags.
    »Wann sind Sie wieder gegangen?«, fragte ich, als das Konzert beendet war.
    »Gegen neun.«
    »Hat sie jemals im Quik Cary eingekauft?«
    »Vielleicht ist sie manchmal dort vorbeigefahren«, sagte sie.
    »Aber wie Sie vielleicht in der Küche gesehen haben, hat sie nicht oft gekocht oder zu Hause gegessen.«
    »Wahrscheinlich haben Sie sie mit Essen versorgt«, setzte Marino hinzu.
    »Sie hat nie angeboten, etwas zu zahlen. Ich verdiene nicht viel.«
    »Was war mit Ihrem hübschen kleinen Anteil am Verkauf der Medikamente? Ich bin ganz verwirrt«, sagte Marino. »Wollen Sie etwa behaupten, dass Sie keinen gerechten Anteil bekommen haben?«
    »Chuck und ich bekamen jeweils zehn Prozent. Den Rest habe ich ihr jede Woche gebracht. Es hing immer davon ab, welche Medikamente verfügbar waren. Im Leichenschauhaus oder an einem Tatort. Ich blieb nie lange, wenn ich hier war. Sie hatte es immer eilig. Plötzlich hatte sie etwas Wichtiges zu erledigen. Ich muss die Raten für mein Auto bezahlen. Dafür gingen meine zehn Prozent drauf. Im Gegensatz zu ihr. Sie weiß nicht, was es heißt, sich Sorgen wegen Ratenzahlungen zu machen.«
    »Hatten Sie manchmal Streit mit ihr?«, fragte Marino.
    »Manchmal.«
    »Gestern Abend?«
    »Vermutlich.«
    »Weswegen?«
    »Mir ging ihre Laune auf die Nerven. Wie immer.« »Und dann?«
    »Bin ich gegangen. Wie ich schon sagte. Sie hatte etwas zu erledigen. Sie bestimmte immer, wann ein Gespräch oder ein Streit beendet war.«
    »Sind Sie gestern Abend mit dem Leihwagen gefahren?«, fragte Marino.
    »Ja.«
    Ich stellte mir vor, wie der Mörder sie beobachtete. Er war irgendwo in der Nähe, im Dunkeln. Beide waren im Hafen gewesen, als die Ladung der Sirius gelöscht wurde und der Mörder unter dem Pseudonym Pascal Leger in Richmond eintraf. Wahrscheinlich hatte er sie damals gesehen. Und auch Bray. Er interessierte sich vermutlich für alle, die am Fundort der Leiche gewesen waren, darunter Marino und ich.
    »Detective Anderson«, sagte ich. »Sind Sie manchmal zurückgekommen, nachdem Sie gegangen waren, um noch einmal mit Bray zu reden?«
    »Ja«, gestand sie ein. »Es war nicht fair von ihr,
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