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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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investieren war einfach zu wenig. Wir mussten auch die Nachfrage anheizen, wir mussten das Bedürfnis zu spielen erst schaffen. Wie die Zigarettenindustrie. Was wir brauchten, war das »Spielernikotin«. Mit diesem Gedanken im Kopf eilte ich zu meinem Schreibtisch und suchte einen Laborbericht zu einer neuen Wirkstoffkombination heraus. Es handelte sich um ein Mittel gegen Parkinson. Ich las mir noch einmal die Stelle über die Dopaminantagonisten durch.
    »Wir haben einen Wirkstoff isoliert, der interessante Effekte bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit verspricht. Die ersten Ergebnisse einer kleinen Versuchsreihe mit Meerschweinchen waren sehr ermutigend, obwohl es einige bislang noch unerklärliche Nebenwirkungen gab: Spielsucht, Übererregung, verstärkte Neigung, negative Ereignisse zu verdrängen.«
    Sucht.
    Das Labor hatte einen Wirkstoff gefunden, der vielleicht die Ausgangsbasis für eine Spielerdroge bilden konnte. Umgehend holte ich den Direktor des Labors aus dem Bett, um mehr darüber zu erfahren. Er erklärte mir, dass man die Ursachen der Nebenwirkungen noch nicht erforscht hätte. Ich gab ihm sogleich neue Zielvorgaben für die Forschungsarbeiten und sagte ihm alle erforderlichen finanziellen Mittel zu. Ich machte ihm klar, dass ich von ihm und seinen Mitarbeitern volles Engagement erwartete, und versprach ihm, bei Bedarf auch personelle und finanzielle Ressourcen von anderen Labors zur Verfügung zu stellen. Er wollte vor einer Zusage die Bestätigung von Jane Kramer haben. Ich rief sie sogleich an und skizzierte ihr meinen Plan. Jane bestellte mich sogleich in ihr Büro, um sich die Sache genauer erläutern zu lassen. Sie hatte vollstes Vertrauen in mich. Jetzt musste ich nur noch den geeigneten Vertriebsweg für die Droge finden. Natürlich konnte man sie nicht offen unter die Leute bringen. Meine erste Idee war, sie einigen unserer weit verbreiteten Medikamente beizumischen. Doch das Netz der Arzneimittelkontrollen war dafür zu engmaschig, außerdem waren auf diese Weise nicht genug Leute zu erreichen. Da fiel mir Doc Fountain ein. Hier waren die Hindernisse leichter zu nehmen, da wir gute Verbindungen zu den Kontrollgremien für Lebensmittel hatten. Es sollte nicht schwierig sein, dafür zu sorgen, dass bei den Prüfungen zwei bis drei Jahre lang ein Auge zugedrückt wurde. Das würde uns genügen. Außerdem bot sich eine Marketingkampagne an, um Doc Fountain auf dem Unterhaltungssektor zu platzieren. Man musste den Leuten nur einimpfen: »Doc Fountain, das Getränk für Spiel und Spaß.«
    Blieb die heikle Frage der Gesetzgebung rund um die Onlinespiele. Auf diesem Gebiet tat sich bislang wenig. Aber wenn wir in diesem Geschäftszweig Erfolg haben wollten, war es unerlässlich, dass die politischen Voraussetzungen für einen freien Markt auf diesem Sektor geschaffen wurden.
    Jane Kramer war Feuer und Flamme für meine Idee, auch wenn noch zahlreiche Schwierigkeiten zu überwinden waren. Es gelang ihr, die Aktionäre zu überzeugen, dass wir einen Erfolg versprechenden Plan hatten –, und zwar ohne ihnen irgendwelche Einzelheiten zu enthüllen. Näheres würden sie dann in einigen Monaten erfahren.
    Es war September, und es gab noch viel zu tun. Der Zeitplan sah vor, das Projekt im Juli des nächsten Jahres abzuschließen.
    Ich übte Druck auf das Amsterdamer Labor aus, so rasch wie möglich mit Versuchen an Testpersonen zu beginnen, die wir zur Spielsucht animieren wollten. Die Operation lief unter dem Deckmantel eines bekannten Aufputschmittels von KPharma, das unter dem Namen Aspectil vertrieben wurde. Unterdessen knüpfte ich Kontakte mit den zuständigen Kommissionen für Lebensmittelfragen, um sie für eine leicht veränderte Zusammensetzung des Getränks Doc Fountain zu gewinnen. Wir wollten das Getränk mit klassischer Werbung, Sponsoring und Vertriebspartnern auf dem Markt noch weiter vorn platzieren. Parallel studierte ich die Pokersites im Internet, um herauszufinden, wo sich eine Investition am ehesten lohnte. Ich packte das Projekt an allen Enden zugleich an, was meine Kräfte manchmal überstieg. Am schwersten fiel es mir, in das politische Netzwerk einzudringen und die Gesetzgebung rund um die Onlinespiele zu beeinflussen.
    Eines Morgens rief mich Jane Kramer in ihr Büro und wollte wissen, warum wir eigentlich nicht gleichzeitig auch in die richtigen Casinos investierten. Ich hatte mir diese Frage ebenfalls schon gestellt. Ich erklärte ihr, dass dieser Markt ziemlich
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